3.1 Die Rechtskraft des ausländischen Titels (Absatz 2 Satz 1)
Rz. 3
Das Vollstreckungsurteil darf nur erlassen werden, wenn der Titel nach dem Recht des Ursprungslandes rechtskräftig geworden ist. Was unter Rechtskraft im Einzelnen zu verstehen ist, bestimmt sich nach deutschem Recht. Erforderlich und ausreichend ist dabei die formelle Rechtskraft, d. h., dass die Entscheidung mit ordentlichen Rechtsbehelfen nicht (mehr) anfechtbar ist (Stein/Jonas/Münzberg, § 723 Rn. 8) oder eine vergleichbare Wirkung des ausländischen Rechts, die den Bestand des Titels im Ursprungsstaat so sichert, dass in einer mit der Rechtssicherheit verträglichen Weise mit dem Vollstreckungsurteil ein vom weiteren Schicksal der ausländischen Entscheidung unabhängiger Titel im Inland geschaffen werden kann (vgl. § 328 ZPO; MünchKommZPO/Gottwald, § 723 Rn. 2). Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind, ergibt sich aus dem nach § 293 ZPO zu ermittelnden Recht des Ursprungsstaates, wobei irrelevant ist, ob die formelle Rechtskraft auch im Ausgangsstaat Voraussetzung der Vollstreckbarkeit ist (MünchKommZPO/Gottwald a. a. O.). Hinsichtlich aller Titel, die nur vorläufig vollstreckbar sind oder die nicht in Rechtskraft erwachsen können (notarielle Urkunden, Prozessvergleiche pp.), scheidet deshalb eine Vollstreckbarerklärung von vornherein aus.
3.2 Die Anerkennung (Absatz 2 Satz 2)
Rz. 4
Weitere wesentliche Voraussetzung der Vollstreckbarerklärung durch Vollstreckungsurteil ist die Anerkennung der ausländischen Entscheidung nach § 328 ZPO. Entgegen der – eher – negativen Formulierung in § 723 Abs. 2 Satz 2, § 328 Abs. 1 ZPO handelt es sich hierbei nicht um Einreden, sondern um Erfordernisse, die das Gericht von Amts wegen zu beachten hat (Stein/Jonas/Münzberg, § 723 Rn. 9). Wie bei der Anerkennung wird ein Verstoß gegen § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nur auf Rüge des Beklagten geprüft. Eine Vermutung für oder gegen das Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzungen besteht nach den §§ 722, 723 ZPO nicht (MünchKommZOP/Gottwald, § 723 Rn. 3). Der Nachweis der formellen Rechtskraft und der Vollstreckbarkeit ist mit allen Beweismitteln zulässig. Das europäische Unionsrecht (Art. 53 ff. EuGVO/LugÜ, Art. 17 HUVÜ 1973) und die völkerrechtlichen Verträge schreiben vor, welche Unterlagen der Gläubiger dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung beizufügen hat. Dies soll nur den Nachweis erleichtern, schließt andere Beweismittel nicht aus (Zöller/Geimer, ZPO, § 723 Rn. 2). Für Unterhaltstitel, die unter § 64 Abs. 1 S. 1 AUG fallen, genügt – entgegen § 723 Abs. 2 S. 2 ZPO – das Vorliegen der Voraussetzungen des § 110 Abs. 1 und 2 FamFG. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 AUG genügt es, dass die Voraussetzungen der Nr. 1 bis 4 des § 328 ZPO vorliegen. Auf die Verbürgung der Gegenseitigkeit kommt es nicht (mehr) an. Das Gericht braucht und hat sie deshalb nicht zu prüfen, weil sie nach § 1 Abs. 2 AUG vom Bundesminister der Justiz förmlich festgestellt wird.
3.2.1 § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
Rz. 5
Die Anerkennung setzt voraus, dass der Erststaat nach deutschem autonomen Recht international zuständig war. Die internationale Zuständigkeit des Erststaates ist nach § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO immer nur dann gegeben, wenn bei Anwendung der deutschen Zuständigkeitsvorschriften irgendein Gericht des Erststaates zuständig wäre (vgl. ausführlich: Zöller/Geimer, ZPO, § 328 Rn. 101-149). Hinsichtlich der Zuständigkeit des ausländischen Gerichts reicht es aus, dass sie sich allein aus einer Zuständigkeitsvereinbarung der Parteien ergab. Das deutsche Gericht hat allerdings die Zuständigkeit des ausländischen Gerichts selbständig zu prüfen (OLG München, NJW 1975, 504). Es ist dabei an die Rechtsauffassung des ausländischen Gerichts, das etwa zu seiner Zuständigkeit Ausführungen gemacht hat, nicht gebunden. Neues Vorbringen beider Parteien vor dem deutschen Gericht zur Zuständigkeitsfrage ist grundsätzlich zu beachten (BGHZ 124, 237).
3.2.2 § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO
Rz. 6
Eine mögliche fehlerhafte Zustellung der Klage, die Grundlage der ausländischen Entscheidung ist, ist nicht von Amts wegen, sondern nur auf Rüge des Beklagten zu beachten. Zweck der Regelung ist es, den Grundsatz des rechtlichen Gehörs auch im internationalen Rechtsverkehr zu gewährleisten und durchzusetzen, soweit dies mit den rechtlichen Mitteln des Zweitstaates möglich ist. Es ist eine zweifache Prüfung vorzunehmen: Erstens muss die Zustellung der Ladung bzw. des das Verfahren einleitenden Schriftstücks nach dem Recht des Urteilsstaates wirksam erfolgt sein. Zum Zweiten kann die Anerkennung selbst bei ordnungsgemäßer Ladung versagt werden, wenn die Ladung dem Beklagten nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte. Auch wenn feststeht, dass die Zustellung ordnungsgemäß erfolgt ist, besteht also im Hinblick auf fehlende Verteidigungsmöglichkeiten des Beklagten ein Versagungsgrund zur Anerkennung (Zöller/Geimer, ZPO, § 328 Rn. 156). Eine öffentliche Zustellung ist als ordnungsmäßig anzusehen und damit auch ausreichend (zur Heilung von Zuständigkeitsmängeln vgl. BGH, NJW 1991, 641).
3.2.3 § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO
Rz. 7
Die Kollision unvereinbarer Entscheidungen inklusive der Vorrangstellung is...