Rz. 4
Weitere wesentliche Voraussetzung der Vollstreckbarerklärung durch Vollstreckungsurteil ist die Anerkennung der ausländischen Entscheidung nach § 328 ZPO. Entgegen der – eher – negativen Formulierung in § 723 Abs. 2 Satz 2, § 328 Abs. 1 ZPO handelt es sich hierbei nicht um Einreden, sondern um Erfordernisse, die das Gericht von Amts wegen zu beachten hat (Stein/Jonas/Münzberg, § 723 Rn. 9). Wie bei der Anerkennung wird ein Verstoß gegen § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nur auf Rüge des Beklagten geprüft. Eine Vermutung für oder gegen das Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzungen besteht nach den §§ 722, 723 ZPO nicht (MünchKommZOP/Gottwald, § 723 Rn. 3). Der Nachweis der formellen Rechtskraft und der Vollstreckbarkeit ist mit allen Beweismitteln zulässig. Das europäische Unionsrecht (Art. 53 ff. EuGVO/LugÜ, Art. 17 HUVÜ 1973) und die völkerrechtlichen Verträge schreiben vor, welche Unterlagen der Gläubiger dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung beizufügen hat. Dies soll nur den Nachweis erleichtern, schließt andere Beweismittel nicht aus (Zöller/Geimer, ZPO, § 723 Rn. 2). Für Unterhaltstitel, die unter § 64 Abs. 1 S. 1 AUG fallen, genügt – entgegen § 723 Abs. 2 S. 2 ZPO – das Vorliegen der Voraussetzungen des § 110 Abs. 1 und 2 FamFG. Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 AUG genügt es, dass die Voraussetzungen der Nr. 1 bis 4 des § 328 ZPO vorliegen. Auf die Verbürgung der Gegenseitigkeit kommt es nicht (mehr) an. Das Gericht braucht und hat sie deshalb nicht zu prüfen, weil sie nach § 1 Abs. 2 AUG vom Bundesminister der Justiz förmlich festgestellt wird.
3.2.1 § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
Rz. 5
Die Anerkennung setzt voraus, dass der Erststaat nach deutschem autonomen Recht international zuständig war. Die internationale Zuständigkeit des Erststaates ist nach § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO immer nur dann gegeben, wenn bei Anwendung der deutschen Zuständigkeitsvorschriften irgendein Gericht des Erststaates zuständig wäre (vgl. ausführlich: Zöller/Geimer, ZPO, § 328 Rn. 101-149). Hinsichtlich der Zuständigkeit des ausländischen Gerichts reicht es aus, dass sie sich allein aus einer Zuständigkeitsvereinbarung der Parteien ergab. Das deutsche Gericht hat allerdings die Zuständigkeit des ausländischen Gerichts selbständig zu prüfen (OLG München, NJW 1975, 504). Es ist dabei an die Rechtsauffassung des ausländischen Gerichts, das etwa zu seiner Zuständigkeit Ausführungen gemacht hat, nicht gebunden. Neues Vorbringen beider Parteien vor dem deutschen Gericht zur Zuständigkeitsfrage ist grundsätzlich zu beachten (BGHZ 124, 237).
3.2.2 § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO
Rz. 6
Eine mögliche fehlerhafte Zustellung der Klage, die Grundlage der ausländischen Entscheidung ist, ist nicht von Amts wegen, sondern nur auf Rüge des Beklagten zu beachten. Zweck der Regelung ist es, den Grundsatz des rechtlichen Gehörs auch im internationalen Rechtsverkehr zu gewährleisten und durchzusetzen, soweit dies mit den rechtlichen Mitteln des Zweitstaates möglich ist. Es ist eine zweifache Prüfung vorzunehmen: Erstens muss die Zustellung der Ladung bzw. des das Verfahren einleitenden Schriftstücks nach dem Recht des Urteilsstaates wirksam erfolgt sein. Zum Zweiten kann die Anerkennung selbst bei ordnungsgemäßer Ladung versagt werden, wenn die Ladung dem Beklagten nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte. Auch wenn feststeht, dass die Zustellung ordnungsgemäß erfolgt ist, besteht also im Hinblick auf fehlende Verteidigungsmöglichkeiten des Beklagten ein Versagungsgrund zur Anerkennung (Zöller/Geimer, ZPO, § 328 Rn. 156). Eine öffentliche Zustellung ist als ordnungsmäßig anzusehen und damit auch ausreichend (zur Heilung von Zuständigkeitsmängeln vgl. BGH, NJW 1991, 641).
3.2.3 § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO
Rz. 7
Die Kollision unvereinbarer Entscheidungen inklusive der Vorrangstellung ist früher als Teil des "ordre public" behandelt worden. Seit der Neufassung des Internationalen Privatrechts im Jahre 1986 ist diese Frage in enger Anlehnung an Art. 27 Nr. 3 und 5 EuGVÜ; nunmehr Art. 45 Abs. 1 (c) EuGVVO und Art. 34 Nr. 3 LugÜ, gesondert geregelt.
Rz. 8
Ergehen 2 inländische Urteile in der gleichen Sache, so geht nach überwiegender Ansicht die Rechtskraft des älteren Urteils vor. Für die Anerkennung ausländischer Urteile hat der Gesetzgeber dieses Prioritätsprinzip nur bei der Konkurrenz mehrerer ausländischer Entscheidungen beibehalten. Denn ein Urteil ist nicht anzuerkennen, wenn es "mit einem anzuerkennenden früheren ausländischen Urteil" unvereinbar ist. Dagegen haben inländische Entscheidungen stets Vorrang vor einer ausländischen Entscheidung, auch wenn die ausländische Rechtshängigkeit im Inland zu beachten gewesen wäre. Der Vorrangregel unterliegen solche ausländischen Entscheidungen nicht, die ausdrücklich ein inländisches Urteil abändern (OLG Köln, IPRax 1988, 30). Ein ausländisches Urteil wiederum ist nicht anzuerkennen, wenn dem ausländischen Verfahren eine frühere Rechtshängigkeit im Inland entgegenstand, aber unbeachtet geblieben ist.
3.2.4 § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ("ordre public")
Rz. 9
Von dem Verbot der "révision au fond" (Abs. 1; vgl. Rn. 2) wird in fast allen Ländern eine ...