Rz. 1
Die vollstreckbare Ausfertigung ist eine unerlässliche Voraussetzung jeder Vollstreckungshandlung sämtlicher Vollstreckungsorgane. Sie bildet in der Praxis den eigentlichen Träger des Rechts auf Durchführung der Zwangsvollstreckung, da allein sie als Zeugnis über die Vollstreckbarkeit (nicht das Original des Titels, das regelmäßig in der Verwahrung des erkennenden Gerichts verbleibt) für die Vollstreckungsorgane formelle Voraussetzung ihrer Tätigkeit ist (Stein/Jonas/Münzberg, § 724 Rn. 1). Die Vorschrift bezieht sich unmittelbar nur auf rechtskräftige und für vorläufig vollstreckbar erklärte Endurteile (§ 704 Abs. 1 ZPO). Kraft der Verweisung in § 795 ZPO gilt sie jedoch für alle Vollstreckungstitel des § 794 ZPO sowie für alle Entscheidungen und anderen Vollstreckungstitel, die nach den Regeln der Zivilprozessordnung vollstreckt werden, z. B. notarielle Urkunden, § 52 BeurkG; Entscheidungen nach den §§ 796a, 796c ZPO; arbeitsgerichtliche Entscheidungen und Prozessvergleiche (BAG, MDR 2020, 739) und Verwaltungsakte im Falle ihrer Vollstreckung nach § 66 Abs. 4 S. 1 SGB X i. V. m. §§ 704,ff. ZPO (BGH, Rpfleger 2016, 365), soweit die jeweiligen Verweisungsvorschriften keine Besonderheiten vorsehen. Das gilt auch für die Insolvenztabelle (§ 201 InsO), für Vollstreckungsurteile (§ 722 ZPO) und für Beschlüsse, durch die ein Schiedsspruch für vorläufig vollstreckbar erklärt wird (§§ 1060ff. ZPO).
Als Vollstreckungstitel kommt auch ein Verwaltungsakt (Leistungsbescheid) in Betracht (BGH, MDR 2016, 549), wenn die Zwangsvollstreckung nach den Regeln der ZPO erfolgen soll (vgl. § 66 Abs. 4 SGB X). Auch im Vollstreckungsverfahren gem. § 172 VwGO ist der jeweilige Antragsteller im Rahmen der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nicht vom Erfordernis einer Vollstreckungsklausel gem. § 724 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO entbunden (VG München, Beschluss v. 24.4.2017, M 17 V 17.34460, Juris; Sächsisches OVG, Beschluss v. 21.10.2016, 2 E 83/16, Juris). Eine abgekürzte oder auszugsweise Wiedergabe des Leistungsbescheides genügt nicht (BGH, MDR 2008, 712; LG Hannover v. 21.1.2014, 55 T 2/14, Juris).
Auch der gerichtlich für vollstreckbar erklärte Anwaltsvergleich (§ 1044b Abs. 1, § 794 Nr. 4a ZPO) ist nach den allgemeinen Regeln mit der Vollstreckungsklausel zu versehen (OLG Köln, InVo 1997, 50).
Nach § 86 Abs. 3 FamFG bedürfen Vollstreckungstitel nach dem FamFG der Vollstreckungsklausel nur, wenn die Vollstreckung nicht durch das Gericht erfolgt, das den Titel erlassen hat (OLG Zweibrücken, MDR 2020, 818; Brandenburgisches OLG, FamRZ 2016, 1960). Gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 FamFG wird das Gericht zwecks Vollstreckung meist aber nur dahingehend tätig, dass es die im Fall der Zuwiderhandlung vorzunehmenden Vollstreckungsmaßnahmen bestimmt. Ist es dann der Gerichtsvollzieher, der tatsächlich vollstreckt, so soll auch er keiner Klausel bedürfen (MünchKomm/ZPO-Wolfsteiner, § 724 Rn. 10). Für die Vollstreckung nach § 95 FamFG (Vollstreckung nach der ZPO) gilt abweichend von den Regeln der ZPO: Erfolgt die Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher (§ 95 Nr. 1 u. 2 FamFG) oder ein anderes Gericht als dasjenige, welches den Titel erlassen hat, bedarf es einer Vollstreckungsklausel (Zöller/Feskorn, § 95 FamFG Rn. 9). Grundsätzlich keiner Klausel bedürfen einstweilige Anordnungen nach § 53 Abs. 1 FamFG.
Wird in einem gerichtlichen Vergleich die Bewilligung einer Leistung durch Einigung auf bestimmte Berechnungsfaktoren (i. H. v. 90 % der Regelleistung) vereinbart, handelt es sich um keine bezifferte Geldforderung. Die Vollstreckung erfolgt in diesem Falle gem. § 201 SGG, ohne dass es zusätzlich einer Klauselerteilung entsprechend § 724 ZPO bedarf (Bayerisches LSG, NZS 2016, 354).
Rz. 2
Entbehrlich ist eine vollstreckbare Ausfertigung beim Vollstreckungsbescheid, § 796 Abs. 1 ZPO; bei Arrest und einstweiliger Verfügung, wenn die Zwangsvollstreckung für und gegen die im Titel Genannten stattfinden soll, §§ 929 Abs. 1, 936 ZPO; beim Haftbefehl (LG Kiel, DGVZ 1983, 156); beim Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, §§ 830 Abs. 1, 836 Abs. 3 ZPO; beim Kostenfestsetzungsbeschluss, der auf das Urteil gesetzt ist, §§ 105, 795a ZPO und beim Zwangsgeldbeschluss (LG Kiel, DGVZ 1983, 155; a. A. AG Arnsberg, DGVZ 1994, 79).
Keiner Vollstreckungsklausel (vgl. BeckOK ZPO/Ulrici § 724 Rn. 2.2 u. 2.3) bedürfen zudem vollstreckbare Beschlüsse, die vom Vollstreckungsorgan, insbesondere vom Vollstreckungsgericht, im Rahmen der Zwangsvollstreckung eines vollstreckbaren Titels erlassen werden (vgl. MüKoZPO/Wolfsteiner Rn. 13): z. B. Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, welche ihrerseits vollstreckt werden müssen, indem ggf. ergänzend eine Wegnahme erfolgt (vgl. §§ 830 Abs. 1 S. 2, 836 Abs. 3 ZPO), auch Ersatzvornahmen nach § 35 Abs. 4 FamFG.
Überdies ist keine vollstreckbare Ausfertigung erforderlich bei bestätigten Europäischen Vollstreckungstiteln für unbestrittene Forderungen (vgl. § 1082 ZPO; MüKoZPO/Adolphsen § 1082 Rn. 1), für vollstr...