Rz. 4
Die Erinnerung ist an sich statthaft, wenn der Schuldner mit ihr Einwendungen gegen eine bereits erteilte Klausel, die Fehler formeller Art im Klauselerteilungsverfahren betreffen, erhebt (OLG Düsseldorf, MDR 2020, 882; BayVGH, BayVBl 2018, 139; OLG Koblenz, FamRZ 2017, 739; BGH, Rpfleger 2006, 27; Rpfleger 2005, 612; Rpfleger 2005, 33; OLG Koblenz, NJW 1992, 378). Materiell-rechtliche Einwendungen gegen den titulierten Anspruch selbst sind nach § 767 ZPO zu verfolgen (Zöller/Seibel, § 732 Rn. 13). Gegen eine weitere vollstreckbare Ausfertigung ist die Erinnerung mit dem beschränkten Ziel statthaft, dass nur die Zwangsvollstreckung aus dieser für unzulässig erklärt wird (OLG Köln, FGPrax 2006, 278). Liegen die Voraussetzungen einer Klauselerinnerung und einer Vollstreckungsgegenklage in entsprechender Anwendung des § 767 ZPO vor, hat der Schuldner ein Wahlrecht, welchen Rechtsbehelf er geltend machen will (BGH NJW-RR 2004, 1718). Eine Klage aus § 767 Abs. 1 ZPO analog bleibt selbst dann zulässig, wenn der Schuldner zuvor mit denselben Einwendungen im Klauselerteilungsverfahren nach § 732 ZPO vorgegangen ist (OLG Celle, Urteil v. 9.12.2009 – 4 U 144/09). Schließlich ist die Erinnerung auch dann nicht der richtige Rechtsbehelf, wenn gegen die qualifizierte Klausel mit der Begründung vorgegangen werden soll, die besonderen Voraussetzungen der Klauselerteilung lägen nicht vor, obwohl der Anschein der vorgelegten Urkunden dafür spreche. In diesen Fällen ist die Klage nach § 768 ZPO der richtige Weg (vgl. zur Abgrenzung auch OLG Koblenz, a. a. O.). Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn die Klausel noch nicht erteilt oder die Vollstreckung vollständig beendet ist (BGH, Beschluss v. 24.7.2008 – VII ZB 7/08). Die Erinnerung ist auch dann unzulässig, wenn durch ein rechtkräftiges Urteil festgestellt ist, dass die Klausel zu erteilen ist (§ 731 ZPO). Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht ab Erteilung der Klausel bis zur Beendigung der Zwangsvollstreckung (LG Osnabrück, BKR 2020, 300). Durch die Möglichkeit zur oder die Rechtshängigkeit einer Vollstreckungsabwehr (§ 767 ZPO) oder Klauselgegenklage (§ 768 ZPO) wird das Rechtsschutzbedürfnis im Einzelfall nicht ausgeschlossen (BeckOK/ZPO-Ulrici, § 732 Rn. 9). Die Klauselerinnerung kommt im Rahmen der Vollstreckung von Gerichtskosten bereits deshalb nicht in Betracht, weil diese – anders als bei der Vollstreckung nach der ZPO – keine Klausel erfordert (Thüringer LSG, NZS 2015, 320).
Rz. 5
Steht die Klausel eines Urteils oder Prozessvergleichs in Rede, ist für die Entscheidung das Gericht zuständig, von dessen Rechtspfleger oder Urkundsbeamten die Klausel erteilt wurde. Das kann auch das Familiengericht, die Kammer für Handelssachen oder das Arbeitsgericht sein. Geht es um ein vom Einzelrichter (§ 348 ZPO) erlassenes Urteil oder einen vor ihm abgeschlossenen Prozessvergleich, dann ist der Einzelrichter auch im Klauselerteilungsverfahren zuständig (Zöller/Seibel, § 732 Rn. 14). Im arbeitsgerichtlichen Verfahren entscheidet der Vorsitzende. Bei der Kammer für Handelssachen entscheidet der Vorsitzende nur im Falle des § 349 Abs. 3 ZPO.
Rz. 6
Für andere Titel als Urteile und Prozessvergleiche ist die Zuständigkeit besonders geregelt in § 797 Abs. 3, Abs. 6 ZPO für vollstreckbare Urkunden sowie vollstreckbare Anwaltsvergleiche und in § 797a Abs. 2 und 4 Satz 3 ZPO für Gütestellenvergleiche. Für alle übrigen Titel gilt über § 795 ZPO die Regelung des § 732 Abs. 1 Satz 1 ZPO entsprechend. Die Zuständigkeit ist nach § 802 ZPO ausschließlich.
Rz. 7
Anwaltszwang besteht nicht (§ 78 Abs. 3 ZPO); die Erinnerung kann auch mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Die Erinnerung ist zeitlich zulässig vom Zeitpunkt der Klauselerteilung an bis zur Beendigung der Zwangsvollstreckung. Fristen sind nicht zu beachten. Das Erinnerungsrecht wird auch nicht durch längeres Zuwarten und Dulden der Zwangsvollstreckung verwirkt (a. A. OLG Frankfurt/Main, FamRZ 1984, 302).