1 Grundsatz – Zweck
Rz. 1
Wie § 742 ZPO sieht auch § 744 ZPO eine Erleichterung der Zwangsvollstreckung vor. Ist während der Dauer einer Gütergemeinschaft ein Urteil gegen die gemeinsam verwaltenden Ehegatten (auch hier gilt, dass die Lebenspartner, die einen Lebenspartnerschaftsvertrag nach den §§ 6, 7 LPartG geschlossen haben, wie Ehegatten zu behandeln sind) ergangen und (erst) danach die Gütergemeinschaft beendet worden, kann aus diesem Urteil ohne Weiteres in das noch auseinander zu setzende Gesamtgut die Zwangsvollstreckung betrieben werden, weil es auch weiterhin gemeinsam – aufgrund gesetzlicher Regelung, § 1472 BGB – verwaltet wird. Liegt allerdings bei Beendigung der Gütergemeinschaft ein Leistungsurteil nur gegen den bisher allein verwaltenden Ehegatten vor, so steht der Zwangsvollstreckung aus diesem Titel entgegen, dass nunmehr der andere Ehegatte das Gesamtgut mitverwaltet. Eine Zwangsvollstreckung in das Gesamtgut greift in die Mitberechtigung des anderen Ehegatten ein, weshalb sie nur möglich ist, wenn auch ein Titel gegen den anderen Ehegatten vorliegt (§§ 740 Abs. 2, 743 ZPO). Zur Erleichterung der Lage des Gläubigers, der auf die güterrechtlichen Veränderungen keinen Einfluss nehmen kann, ermöglicht nun § 744 ZPO in diesen Fällen, eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils gegen den bisher allein verwaltenden Ehegatten mit einer titelübertragenden Klausel gegen den anderen Ehegatten zur Zwangsvollstreckung in das Gesamtgut zu erteilen, wenn das Urteil vor Beendigung der Gütergemeinschaft bereits rechtskräftig geworden ist (Stein/Jonas/Münzberg, § 744 Rn. 1).
2 Anwendungsbereich
Rz. 2
Auch § 744 ZPO gilt für alle Vollstreckungsarten und Vollstreckungstitel (§§ 794, 795 ZPO), selbst wenn diese nicht der Rechtskraft fähig sind. Derartige Schuldtitel müssen endgültig errichtet sein und die Rechtssache abschließend erledigen (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 744 Rn. 3).
Rz. 3
Die Anwendung setzt voraus, dass die Gütergemeinschaft nach Eintritt der Rechtskraft beendet und die Verwaltungsbefugnis in Ansehung des Gesamtguts von dem im Titel als Schuldner ausgewiesenen Ehegatten bzw. Lebenspartner allein auf beide Ehegatten bzw. Lebenspartner gemeinschaftlich übergegangen ist. Sofern die Titulierung nicht auf einer der formellen Rechtskraft zugänglichen gerichtlichen Entscheidung beruht, ist der Zeitpunkt der vollwirksamen Titelerrichtung maßgeblich (BeckOK/ZPO-Ulrici, § 744 Rn. 3). Wird sie beendet, bevor ein während ihrer Dauer anhängiger Rechtsstreit mit einer rechtskräftigen Entscheidung abgeschlossen ist, so ist für die Zwangsvollstreckung aus dem Titel allein § 743 ZPO maßgebend. Für einen Gesamtgutsgegenstand, der in dem rechtshängigen Verfahren "im Streit befangen" ist i. S. v. § 265 ZPO, ist die Erteilung der Klausel gegen den anderen Ehegatten nach § 727 ZPO möglich (§§ 265, 325 ZPO).
Rz. 4
Die Bestimmung regelt nur die Zwangsvollstreckung gegen den ursprünglich nicht mitverwaltenden Ehegatten in Ansehung des Gesamtguts. Hatte während der Dauer der Gütergemeinschaft der allein verwaltende Ehegatte einen zum Gesamtgut gehörenden Anspruch eingeklagt und in dem Prozess auch obsiegt und soll aus diesem Titel nach Beendigung der Gütergemeinschaft die Zwangsvollstreckung betrieben werden, ist eine vollstreckbare Ausfertigung für beide Ehegatten als Gesamtgläubiger erforderlich. Die gemeinsame Klausel wird in entsprechender Anwendung des § 727 ZPO erteilt; eines Rückgriffs auf § 744 ZPO bedarf es nicht. Dabei kommt es dann auch nicht darauf an, ob das Urteil erst vor oder nach Beendigung der Gütergemeinschaft rechtskräftig geworden ist.
Rz. 5
§ 744 ZPO ermöglicht es allerdings nicht, ein Urteil, das vor der Beendigung der Gütergemeinschaft gegen den allein verwaltenden Ehegatten ergangen und rechtskräftig geworden ist, auch noch nach Beendigung der Auseinandersetzung des Gesamtguts gegen den anderen Ehegatten umzuschreiben, um in die diesem Ehegatten zugeteilten Gegenstände des Gesamtguts in Ansehung seiner Haftung für die nicht berichtigte Gesamtgutsverbindlichkeit (§ 1480 BGB) zu vollstrecken. Der andere Ehegatte wird für eine solche Forderung erst nach der Teilung des Gesamtguts haftbar. Die Vollstreckung wegen dieses Anspruchs gegen den Ehegatten setzt ein Leistungsurteil gegen diesen voraus (Zöller/Seibel, § 744 Rn. 6; a. A. Schuschke/Walker, § 744 Rn. 3).
3 Verfahren
Rz. 6
Die vollstreckbare Ausfertigung erteilt der Rechtspfleger (§ 20 Nr. 12 RPflG) auf Antrag, der formlos gestellt werden kann und für den kein Anwaltszwang besteht (§ 78 Abs. 3 ZPO). Der Rechtspfleger prüft neben den allgemeinen Voraussetzungen jeglicher Klauselerteilung, ob der Titel, aus dem die Zwangsvollstreckung betrieben werden soll, sich gegen den bisher allein verwaltenden Ehegatten richtet, ob die Gütergemeinschaft beendet wurde und ob dies nach dem Eintritt der Rechtskraft des zu vollstreckenden Urteils oder der Errichtung des sonstigen Titels geschehen ist (Zöller/Seibel, § 744 Rn. 6). Die besonderen Voraussetzungen sind vom Gläubiger, soweit sie nicht offenkundig sind, du...