1 Grundsatz – Zweck
Rz. 1
Der Gerichtsvollzieher übt die staatliche Zwangsgewalt unter eigener Verantwortung als selbstständiges Organ der Rechtspflege aus (BVerwGE 65, 260; BGHZ 93, 287). Bei der ihm zugewiesenen Zwangsvollstreckung handelt der Gerichtsvollzieher selbstständig und in eigener Verantwortung (BGHZ 93, 287). Nach § 154 GVG werden die Dienst- und Geschäftsverhältnisse der Gerichtsvollzieher durch die Bundes- und Landesjustizverwaltungen bestimmt. Die Regelung erfolgt durch die Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher (GVGA) und die Gerichtsvollzieherordnung (GVO). Diese werden in einer bundeseinheitlichen Fassung durch die Landesjustizverwaltungen in Kraft gesetzt. Die GVGA soll dem Gerichtsvollzieher das Verständnis der gesetzlichen Vorschriften erleichtern. Sie erhebt dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit und befreit den Gerichtsvollzieher nicht von der Verpflichtung, sich eine genaue Kenntnis der Bestimmungen aus dem Gesetz und den dazu ergangenen gerichtlichen Entscheidungen selbst anzueignen. Die Beachtung der Vorschriften der GVGA gehört zu den Amtspflichten des Gerichtsvollziehers (§ 1 GVGA). Die ihm erteilten Aufträge hat er schnell und nachdrücklich durchzuführen und darf die Erledigung keinesfalls verzögern (§ 5 GVGA). Weisungen des Gläubigers, die Beginn, Art und Ausmaß der Zwangsvollstreckung betreffen, sind für den Gerichtsvollzieher dann bindend, wenn sie zu den Gesetzen und zur GVGA nicht in Widerspruch stehen (§ 31 Abs. 2 GVGA). Die Auswahl der zu pfändenden Gegenstände trifft grundsätzlich der Gerichtsvollzieher (LG Berlin, MDR 1977, 146); bestimmte Gegenstände kann der Gläubiger allerdings von der Pfändung ausnehmen (lassen) (AG Offenbach, DGVZ 1977, 44). Vor Vollstreckungsbeginn kann der Gläubiger den Gerichtsvollzieher anweisen, den Auftrag einstweilen ruhen zu lassen und weitere Weisungen abzuwarten (AG Straubing, Rpfleger 1979, 72). Der Gläubiger kann den Gerichtsvollzieher anweisen, den Versteigerungsbeginn bei Teilzahlungen seitens des Schuldners jeweils zu verlegen (KG, DGVZ 1978, 112). Weisungen des Gläubigers, zur Nachtzeit an einem bestimmten Ort zur bestimmten Zeit eine Kassenpfändung vorzunehmen, sind für den Gerichtsvollzieher nicht verbindlich; insbesondere dann nicht, wenn nach vorher gemachten Erfahrungen mit einem Erfolg der Pfändung nicht zu rechnen ist (AG Memmingen, DGVZ 1989, 27).
Rz. 2
Der Gerichtsvollzieher handelt stets hoheitlich und wird nicht als Vertreter der Gläubiger tätig (BGH, NJW 2011, 2149 = Rpfleger 2011, 334 = StV 2011, 417; MDR 2009, 651 = NJW-RR 2009, 658 = DGVZ 2009 ,99). Seine Haftung ist die eines Beamten (Amtshaftung: BGH a. a. O.; LG Dortmund, NJW-RR 1986, 1498). Neben der Amtshaftung ist kein Raum für eine Haftung des Gerichtsvollziehers als Verrichtungsgehilfe des Gläubigers nach § 831 BGB (BGH a. a. O.). Seine Amtspflichten folgen aus Gesetz (ZPO und auch z. B. § 352 StGB) sowie aus den Vorschriften der GVGA (BGH, NJW 2011, 2149 = Rpfleger 2011, 334 = StV 2011, 417; OLG Köln, DGVZ 1988, 137, 139). Der Gerichtsvollzieher kann nicht wegen Befangenheit abgelehnt werden (BVerfG NJW-RR 2005, 365 = DGVZ 2005, 93; BGH NJW-RR 2005, 149). Den Gerichtsvollzieher trifft kraft seiner gesetzlichen Stellung als Vollstreckungsorgan gem. §§ 753 ff. ZPO im Rahmen des ihm erteilten Auftrages eine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger. Insbesondere hat er nach § 60 Abs. 1 GVGA die empfangene Leistung und nach § 89 Abs.. 1 bzw. § 118 GVGA gepfändetes oder an ihn gezahltes Geld nach Abzug der Vollstreckungskosten unverzüglich an den Gläubiger abzuliefern (BGH, ZInsO 2013, 1947 = JR 2014, 263 = NStZ-RR 2013, 344; NJW 2011, 2149 = Rpfleger 2011, 334 = StV 2011, 417; AG Köpenick, JurBüro 2013, 442).
Rz. 3
§ 753 ZPO und die ergänzenden §§ 754, 755 ZPO gelten für alle vom Gerichtsvollzieher zu erledigenden Aufträge (§§ 4, 31 GVGA) auf Zwangsvollstreckung zivilgerichtlicher Entscheidungen und sonstiger Schuldtitel, für welche die Zivilprozessordnung, andere bundes- sowie landesrechtliche Bestimmungen die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung anordnen (§§ 794, 795, 801 ZPO; vgl. auch die Aufzählung der Titel in den §§ 36 bis 41 GVGA; MünchKomm/ZPO-Heßler, § 753 Rn. 4). Bei der Zwangsvollstreckung verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen und von Verwaltungsakten leistet der Gerichtsvollzieher im Rahmen seiner Zuständigkeit auf Ersuchen der Verwaltungsgerichte und -behörden Amtshilfe (§§ 169, 170 VwGO). § 753 ZPO ist insoweit auch nicht entsprechend anwendbar (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 753 Rn. 5). Soll ein zivilgerichtlicher Titel gegen den Bund, ein Land oder gegen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts durch einen GV vollstreckt werden, so hat der Gläubiger seinen Vollstreckungsauftrag ebenfalls dem Gerichtsvollzieher zu erteilen, also nicht dem Vollstreckungsgericht. Zweckmäßigerweise fügt der Gläubiger den Auftrag für den Gerichtsvollzieher dem Antrag an das Vollstreckungsgericht bei, nach § 882a Abs...