Rz. 5
Bevor der Gerichtsvollzieher Maßnahmen der Zwangsvollstreckung ergreift, hat er den Schuldner grundsätzlich aufzufordern, die Hauptschuld nebst Zinsen und Kosten einschließlich der Kosten der Zwangsvollstreckung freiwillig zu begleichen (§ 59 Abs. 2 GVGA). Trifft er den Schuldner nicht an, wohl aber einen erwachsenen Angehörigen, hat er die gleiche Aufforderung an diese zu richten (§ 59 Abs. 2 GVGA). Ist die beizutreibende Forderung gering und außer Verhältnis zu den entstehenden Kosten, soll der Gerichtsvollzieher schon vorab, ehe er den Schuldner aufsucht, schriftlich oder fernmündlich auf diesen Umstand hinweisen und zur Zahlung auffordern (§ 59 Abs. 1 GVGA).
Rz. 6
Der Schuldner kann durch die freiwillige Leistung an den Gerichtsvollzieher die Beendigung der Zwangsvollstreckung herbeiführen, ohne dass dies der Gläubiger durch eine Beschränkung des Auftrags oder durch Ablehnung der ordnungsgemäßen Leistung verhindern kann (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 754 Rn. 29). Die freiwillige Leistung kann schon vor dem Beginn der Zwangsvollstreckung jederzeit bis zu deren Beendigung erfolgen. Der Schuldner leistet auch dann noch freiwillig, wenn er nach Pfändung eines Gegenstands zahlt, um die Versteigerung abzuwenden, oder wenn dem Gerichtsvollzieher bereits ein Verhaftungsauftrag erteilt ist. Der Schuldner muss seine Leistung bedingungs- und vorbehaltlos anbieten, sonst ist dies zurückzuweisen (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 2 GVGA). Der Gerichtsvollzieher ist aber auch zur Annahme von Teilleistungen verpflichtet (§ 60 Abs. 1 Satz 1 GVGA). Grundsätzlich darf er anstelle der geschuldeten Leistung ohne eine ausdrückliche Ermächtigung des Gläubigers keine Ersatzleistungen an Erfüllungs Statt annehmen, wenn dem Schuldner nicht schon im Titel nachgelassen ist, die Zwangsvollstreckung durch eine Ersatzleistung abzuwenden. Eine Ausnahme gilt für den Fall, dass der Schuldner mit einem Scheck bezahlt. Bar- und Verrechnungsschecks darf der Gerichtsvollzieher auch ohne eine Ermächtigung des Gläubigers annehmen. In diesen Fällen führt er allerdings die Zwangsvollstreckung durch Pfändung durch und schiebt die Versteigerung so lange auf, bis feststeht, ob der Scheck eingelöst wird oder nicht (Schuschke/Walker, § 754 Rn. 3). Werden Schecks übergeben, deren Einlösung durch die Bank garantiert ist, hat er von jeglichen Maßnahmen der Zwangsvollstreckung abzusehen und die Zwangsvollstreckung einstweilen einzustellen. Den Titel erhält der Schuldner allerdings – wie im Übrigen – erst zurück, wenn die Schecks eingelöst sind.
Rz. 7
Will der Schuldner vor der gleichzeitigen Pfändung für mehrere Gläubiger (§ 827 Abs. 3 ZPO) einen Geldbetrag freiwillig leisten, der nicht die Forderungen sämtlicher Gläubiger deckt, so darf der Gerichtsvollzieher diesen Betrag nur dann annehmen, wenn der Schuldner damit einverstanden ist, dass der freiwillig geleistete Betrag unter alle Gläubiger nach dem Verhältnis ihrer beizutreibenden Forderungen verteilt wird (Zöller/Seibel, § 754 Rn. 3). Willigt der Schuldner nicht ein, so ist das Geld für alle Gläubiger zu pfänden (§ 117 Abs. 1 und 2 GVGA).
Rz. 8
Ist dem Schuldner nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden, so muss der Gerichtsvollzieher auch die ihm vom Schuldner zur Abwendung der Zwangsvollstreckung angebotene Sicherheit annehmen. In entsprechender Anwendung des § 775 Nr. 3 ZPO hat er die Zwangsvollstreckung einstweilen einzustellen, bis der Gläubiger seinerseits die Leistung einer entsprechenden Sicherheit nachweist (Schuschke/Walker, § 754 Rn. 4).
Rz. 9
Nach der überwiegenden Meinung, die den Gerichtsvollzieher nicht als Vertreter des Gläubigers ansieht, ist im Falle der Geldschuld mit der Übergabe der Geldscheine und/oder -stücke an den Gerichtsvollzieher zur Weitergabe an den Gläubiger konkludent die Einigungserklärung des Schuldners an den Gläubiger verbunden. Dieses Übereignungsangebot übermittelt der Gerichtsvollzieher – wie ein Bote – konkludent mit der Ablieferung des Geldes dem Gläubiger, der es stillschweigend mit der Entgegennahme des Geldes annimmt; die Einigungserklärung des Gläubigers braucht dem Schuldner nicht zuzugehen (§ 151 BGB). Ein derartiger Eigentumsübergang ist allerdings im normalen Geschäftsbetrieb eines Gerichtsvollziehers nicht möglich, weil dieser im Regelfall das empfangene Geld mit anderem Geld vermischt oder es schlicht auf sein Dienstkonto einzahlt, um es später dem Gläubiger von diesem zu überweisen. Der Gläubiger erwirbt das Eigentum dann erst mit der Auszahlung oder der Überweisung durch den Gerichtsvollzieher. Erst dann ist sein Anspruch erfüllt (BGHZ 179, 288 = NJW 2009, 1085 = MDR 2009, 466 = DGVZ 2009, 77; zu den materiell-rechtlichen Auswirkungen der freiwilligen Leistung ausführlich: Schuschke/Walker, § 754 Rn. 6 bis 10; MünchKomm/ZPO-Heßler, § 754 Rn. 40 bis 51).