Rz. 4a

Der mit Wirkung vom 26.11.2016 durch EuKoPfVODG v. 21.11.2016 (BGBl. I 2591) eingeführte Satz 2 des Absatzes 1 erlaubt weitere Ermittlungsmaßnahmen des Gerichtsvollziehers. Nr. 1 der Bestimmung dient der Ermittlung der Anschrift, der Hauptniederlassung oder des Sitzes juristischer Personen, von Personenvereinigungen, Kaufleuten sowie sonstigen Gewerbetreibenden. Damit ist eine eindeutige Rechtsgrundlage dafür geschaffen worden, dass der Gerichtsvollzieher zur Ermittlung der Hauptniederlassung oder des Sitzes und – soweit im jeweiligen Register erfasst – der Anschrift des Schuldners in das Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts-, Unternehmens- oder Vereinsregister Einsicht nehmen kann (BT-Drucks. 18/7560 S. 36; BR-Drucks. 633/15 S. 35 f.). Dabei beschränkt die Rechtsform des Schuldners den Kreis der für eine Einsicht in Betracht kommenden Register. Auch darf der Gerichtsvollzieher lediglich betreffend den Schuldner (Organe oder gesetzliche Vertreter) die gegenwärtigen Anschriften, den Ort der Hauptniederlassung oder den Sitz erheben. Weitere Daten darf der Gerichtsvollzieher nicht erheben und deshalb z. B. keinen Einblick in Gesellschafterlisten u.s.w. nehmen. Nicht beschränkt wird der Gerichtsvollzieher in örtlicher Hinsicht, weshalb er Einsicht nicht nur in die seinen Zuständigkeitsbereich betreffenden Register nehmen darf und muss (vgl. BeckOK/ZPO-Ulrici, § 755 Rn. 11).

 

Rz. 4b

Nach Nr. 2 darf und muss der Gerichtsvollzieher Auskünfte aus dem Gewerberegister bei den nach Landesrecht für die Durchführung der Aufgaben nach § 14 Abs. 1 GewO zuständigen Behörden einholen. Der Gerichtsvollzieher darf auch insoweit lediglich betreffend den Schuldner (Organe oder gesetzliche Vertreter) die gegenwärtigen Anschriften, den Ort der Hauptniederlassung oder den Sitz erheben. Wie bei Nr. 1 folgt aus dem Gesetzeswortlaut auch betreffend Nr. 2 keine räumliche Beschränkung der Ermittlungsbefugnisse und -pflicht des Gerichtsvollziehers, obwohl Auskünfte aus dem Gewerberegister nicht zentral eingeholt werden können (BT-Drucks. 18/7560 S. 51), d. h. ein Erkenntnisgewinn möglicherweise erst nach einer Vielzahl von Einzelanfragen zu verzeichnen ist. Dem entspricht es, dass im Formular nach der GVFV unter Modul L nicht vorgesehen ist, dass der Antragsteller die vom Gerichtsvollzieher zur Anfrage auszuwählenden Gewerberegister örtlich spezifiziert. Allerdings folgt aus Sinn und Zweck der Vorschrift, dem Gerichtsvollzieher die zügige und zeitsparende Vollstreckung zu ermöglichen, dass Auskünfte aus dem Gewerberegister nur betreffend die Orte eingeholt werden dürfen und müssen, hinsichtlich der ein Anhaltspunkt dafür besteht, dass der Schuldner vermerkt sein könnte (Ulrici, DGVZ 2017, 137; NJW 2017, 2661 (2663 f.)).

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