Rz. 5
Die weiteren Möglichkeiten des Gerichtsvollziehers, die Anschrift des Schuldners zu ermitteln, ist die Datenerhebung beim Ausländerzentralregister (Abs. 2 Satz 1 Nr. 1), bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung (Abs. 2 Satz 1 Nr. 2) und beim Kraftfahrt-Bundesamt (Abs. 2 Satz 1 Nr. 3). Diese Möglichkeiten darf er erst dann in Anspruch nehmen, wenn der Aufenthaltsort des Schuldners nicht nach Abs. 1 Satz 1 über die Meldebehörde, nach Abs. 1 Satz 2 durch Einsicht in die benannten Register (Nr. 1) oder bei den zuständigen Behörden (Nr. 2) zu ermitteln ist. Der Abruf der Daten ist nicht grundsätzlich mehr davon abhängig, dass der Wert des zu vollstreckenden Anspruchs eine Bagatellgrenze erreicht (Ausnahme s. u.). Die Aufzählung in Absatz 2 führt nicht zu einem bestimmten Rangverhältnis der dort eröffneten Informationsquellen (Musielak/Voit/Lackmann, § 755 Rn. 5). Der Gerichtsvollzieher hat zwischen den ihn zur Verfügung stehenden Informationsquellen eine sachgerechte Auswahl zu treffen (BeckOK/ZPO-Ulrici, § 755 Rn. 13). Dabei kann der Gläubiger ihm durch Anregungen im Modul L der Anlage 1 GVFV eine Hilfestellung geben. Der Gerichtsvollzieher kann den Auftrag, die Ermittlung der Anschrift beim gesetzlichen Rententräger (§ 755 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) durchzuführen, nicht mit der Begründung ablehnen, eine vom Gläubiger eingereichte Einwohnermeldeamts-Auskunft sei nach Ablauf von 14 Tagen nicht mehr verwendbar (AG Offenbach, DGVZ 2013, 188).
Schließlich wird (unter den Ziff. 1-3) im Einzelnen angegeben, welche Daten der Gerichtsvollzieher bei den Behörden nach Abs. 2 erheben darf.
Bei natürlichen Personen darf er zunächst auf die Daten der Ausländerbehörden zurückgreifen. Das betreffende Verfahren ist nach dem Wortlaut der Nr. 1 zweistufig ausgestaltet: Beim Ausländerzentralregister darf der Gerichtsvollzieher über den betroffenen Schuldner Angaben zum Zuzug oder Fortzug (betreffend das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland) sowie zur aktenführenden Ausländerbehörde erheben (vgl. § 14 AZRG). Anhand der hierbei gewonnenen Erkenntnisse darf er in einem zweiten Schritt bei der ihm bekannt gewordenen Ausländerbehörde den konkreten Aufenthalt des Schuldners (grundsätzlich bezeichnet nach seiner postalischen Anschrift) abfragen (vgl. § 90 Abs. 5 AufenthG). Ist der Schuldner Unionsbürger, darf der Gerichtsvollzieher nach Abs. 2 Satz 2, 3 die Daten nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 nur erheben, wenn ihm tatsächliche Anhaltspunkte für die Vermutung der Feststellung des Nichtbestehens oder des Verlusts des Freizügigkeitsrechts vorliegen. Eine Übermittlung der Daten nach S. 1 Nr. 1 an den Gerichtsvollzieher ist ausgeschlossen, wenn der Schuldner Unionsbürger ist, für den eine Feststellung des Nichtbestehens oder des Verlusts des Freizügigkeitsrechts nicht vorliegt. Der Gerichtsvollzieher vor der Anfrage nach Nr. 1 anhand der ihm vorliegenden sowie offenkundigen (amtsbekannten) Quellen (Titel, Klausel, Kenntnisse aus anderen Verfahren) zu prüfen, ob der Schuldner Unionsbürger ist (BeckOK/ZPO-Ulrici, § 755 Rn. 15.1). Allein dem Ausländerzentralregister obliegt der Schutz der Unionsbürger vor rechtswidrigen Datenübermittlungen. Es darf die Daten nur herausgeben, wenn der Schuldner kein freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger ist (vgl. EuGH, NVwZ 2009, 379). Damit wird die Prüfungspflicht des Gerichtsvollziehers relativiert, denn im Zweifel wird das Zentralregister Unionsrecht berücksichtigen und im Einzelfall die Auskunft verweigern.
Bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung kann die dort bekannte derzeitige Anschrift oder der derzeitige oder zukünftige Aufenthaltsort des Schuldners erhoben werden. Aufgrund der Streichung des Absatzes 2 Satz 4 a. F. mit Wirkung vom 26.11.2016 kann eine solche Anfrage ohne Rücksicht auf das Erreichen der Bagatellgrenze (von früher 500 EUR) gestellt werden. Allerdings darf der angefragte Träger der gesetzlichen Rentenversicherung die begehrten Auskünfte nur bei Überschreitung einer Bagatellgrenze von 500 EUR erteilen, weil der Gesetzgeber die o. a. Regelung gestrichen, dagegen § 74a Abs. 2 Satz 1 SGB X unverändert hat fortbestehen lassen (Ulrici, DGVZ 2017, 137 (141)). Soweit die Träger der Rentenversicherung im Hinblick auf die ihnen gesetzte Grenze die begehrte Auskunft nicht erteilen dürfen, ist der Gerichtsvollzieher auch nicht verpflichtet, eine entsprechende Anfrage zu stellen (BeckOK/ZPO-Urici, § 755 Rn. 16; a. A. unter Aufhebung AG Neuss, LG Düsseldorf, JurBüro 2018, 550; LG Bonn, JurBüro 2018, 269 jeweils zu § 802l ZPO). Schließlich darf der Gerichtsvollzieher für die Aufenthaltsermittlung natürlicher oder juristischer Personen bzw. Personenvereinigungen bei dem Kraftfahrt-Bundesamt die Halterdaten des Schuldners nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StVG abfragen (Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i. V. m. § 35 Abs. 4c StVG). Für das Kraftfahrt-Bundesamt gilt keine die Auskunftserteilung beschränkende Bagatellgrenze (mehr). Die Halterdaten betreffend natürliche Personen umfassen Familienname, Ge...