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Der Gerichtsvollzieher hat die Gegenleistung des Gläubigers so, wie sie nach dem Titel geschuldet wird, vollständig anzubieten (OLG Düsseldorf, MDR 2018, 1341; LG Wuppertal, DGVZ 1986, 90). Nach § 294 BGB ist regelmäßig ein tatsächliches Angebot beim Gläubiger der Gegenleistung (dem Schuldner) notwendig (vgl. Grüneberg/Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, § 994 Rn. 1-6). Ein wörtliches Angebot genügt nach § 295 BGB dann, wenn der Schuldner bereits vor Beginn der Vollstreckung erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehme oder die Bewirkung der Leistung von seiner Mitwirkung abhängig ist, z. B. der Schuldner diese abzuholen hat (Holschuld) oder im Fall des Absatzes 2. Dass und inwieweit das Bewirken der Leistung von einer Mitwirkung des Schuldners abhängig ist, hat der Gerichtsvollzieher in eigener Verantwortung von Amts wegen anhand des Vollstreckungstitels zu prüfen; außerhalb des Titels liegende Umstände sind von ihm nicht zu berücksichtigen (DGVZ 2021, 63). Ein tatsächliches Angebot ist nicht erfolgt, wenn der beauftragte Gerichtsvollzieher in seinem Protokoll über die Zwangsvollstreckung ausdrücklich festgestellt, dass die Ware in dem vorgefundenen Zustand nicht im Wege der Zug-um-Zug-Leistung angeboten werden konnte (OLG Düsseldorf a. a. O.). Dabei hat er nicht zu prüfen, ob die angebotene Leistung mit Mängeln behaftet ist oder nicht (LG Kaiserslautern, JurBüro 1999, 554). Ordnungsgemäßheit des Angebots erfordert bei der Gattungsschuld das Angebot einer Sache von mittlerer Art und Güte (BGH, DGVZ 2005, 154 = MDR 2005, 1131). Ist der Gläubiger bei einer Zug-um-Zug-Vollstreckung nach dem Urteilstenor zur Herausgabe von Wertpapieren verpflichtet, darf der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nur beginnen, wenn die Wertpapiere dem Schuldner tatsächlich körperlich zur Übergabe angeboten wurden. Besteht die Gegenleistung in der Übergabe und Übertragung von Aktien, bedarf es zur Unterbreitung des tatsächlichen Angebots der titulierten Leistung der Gläubigerin nicht der Verkörperung der Aktien. Vielmehr können Aktien auch dann gemäß § 929 BGB durch Einigung und Übergabe übertragen werden, wenn diese entsprechend der heute gängigen Praxis globalverbrieft girosammelverwahrt werden. Die Übergabe durch die Begründung des anteilsmäßigen Bruchteilseigentums kann durch die Umbuchung im Verwahrungsbuch vollzogen werden, welche den Willen der Depotbank dokumentiert, die übertragenen Wertpapiere nunmehr für den Erwerber zu verwahren (LG Köln v. 25.2.2013, 34 T 284/12, Juris). Die Abtretung von Herausgabeansprüchen an den Wertpapieren reicht nicht aus (LG Wiesbaden, DGVZ 2011, 70).
Der Gerichtsvollzieher hat im Rahmen einer Zug-um-Zug-Vollstreckung den anzubietenden Gegenstand auch dann in einer den Annahmeverzug begründenden Weise angeboten, wenn der Gegenstand vor dem Angebot in den Händen des Gläubigers Beschädigungen erlitten hat, die ihn praktisch wertlos machen (LG Köln, DGVZ 2006, 136). Der Einwand des Schuldners, die im Zug-um-Zug-Urteil als Gegenleistung konkret bezeichnete Sache sei mit einem Mangel behaftet, ist vom Gerichtsvollzieher nicht zu berücksichtigen (BGH, MDR 2005, 1311 = WM 2005, 1954). Die Rüge des Schuldners, der angebotene Gegenstand habe sich seit der Übergabe an den Gläubiger derart verschlechtert, dass er ihn nicht mehr annehmen müsse, hat der Gerichtsvollzieher nur zu berücksichtigen, wenn die Mängel zu einer Identitätsänderung der angebotenen Sache geführt haben. Im Übrigen muss der Schuldner seine Einwendungen im Wege einer Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO geltend machen (BGH a. a. O.). Wird die Identität der Gegenleistung (hier: Programmdisketten) vom Schuldner bestritten und reichen die gegebenen Anhaltspunkte nicht aus, die Identität der angebotenen Gegenleistung festzustellen, so ist der Gläubiger zur Klärung dieser Frage auf die Feststellungsklage zu verweisen (LG Koblenz, DGVZ 2005, 76; LG Landau, DGVZ 1995, 87). Die Feststellungsklage ist bereits dann zulässig, wenn im Rahmen der Zug-um-Zug-Vollstreckung zweifelhaft ist, ob die tatsächlich angebotene Gegenleistung der konkret ausgeurteilten entspricht (BGH, DGVZ 2011, 31 = MMR 2011, 351). Ist die Räumung Zug um Zug gegen Zahlung eines Geldbetrags zu vollstrecken, so kann die Gegenleistung noch nach Bestimmung und Vorbereitung des Räumungstermins angeboten werden (LG Hannover, DGVZ 1995, 169).
Nur dann, wenn der Titel für den Gerichtsvollzieher zweifelsfrei ergibt, dass der Vollstreckungsschuldner die Zug-um-Zug-Gegenleistung beim Vollstreckungsgläubiger abzuholen hat (Holschuld) oder dass sonst eine Handlung des Vollstreckungsschuldners zur Bewirkung der Gegenleistung erforderlich ist (Abruf bei einem Dritten) oder dass der Vollstreckungsschuldner dem Vollstreckungsgläubiger unzweideutig und definitiv erklärt hat, dass er die Leistung des Gläubigers nicht annehmen werde, darf der Gerichtsvollzieher sich mit einem wörtlichen Angebot begnügen (LG Bonn, DGVZ 1983, 185; AG Sinzig, NJW-RR 1987, 704). Es ist allerdings nicht...