2.1 Widerstand bei der Zwangsvollstreckung
Rz. 2
Leistet der Schuldner bei der Zwangsvollstreckung Widerstand, ist diese sofort zu unterbrechen, bis es dem Gerichtsvollzieher gelungen ist, Zeugen hinzuzuziehen. Eine Ausnahme kann nur dann gelten, wenn die Unterbrechung der Zwangsvollstreckung mit Sicherheit dazu führen würde, dass diese fruchtlos bliebe. Widerstand ist hier (wie in § 758 Abs. 3 ZPO) jedes Verhalten des Schuldners oder Dritter, das geeignet ist, die Annahme zu begründen, die Zwangsvollstreckung werde sich ohne Gewaltanwendung nicht durchführen lassen (§ 62 Abs. 3 GVGA). Das kann schon dann der Fall sein, wenn der Schuldner Drohungen ausspricht, er werde die Zwangsvollstreckung nicht dulden. Allein die aufgrund langjähriger dienstlicher Erfahrungen durchaus nachvollziehbare Befürchtung des Gerichtsvollziehers, dass es bei Verhaftungstouren am Abend häufig zu Ärger kommt, reicht mangels Bezug auf den Einzelfall für die Annahme von Widerstand im Sinne von § 759 ZPO in der Person des Schuldners nicht aus (AG Berlin-Mitte, JurBüro 2018, 551). "Rein vorsorglich" darf der Gerichtsvollzieher keine Zeugen hinzuziehen (AG Berlin-Mitte JurBüro 2018, 551); jedenfalls sind hierfür entstandene Auslagen weder vom Gläubiger noch vom Schuldner zu erstatten (LG Bremen, JurBüro 2016, 552; AG Bremen, JurBüro 2017, 324; AG Dieburg, JurBüro 2016, 320; LG Koblenz, DGVZ 1987, 58; a. A. AG Berlin-Neukölln, DGVZ 1986, 78).
2.2 Abwesenheit des Schuldners oder ihm nahe stehender Personen
Rz. 3
Wohnung ist hier ebenso – weit – auszulegen wie in § 758 ZPO (siehe dort Rn. 3). Trifft der Gerichtsvollzieher in der Wohnung unerwartet weder den Schuldner noch eine diesem nahestehende erwachsene Person an, so hat er von Vollstreckungshandlungen bis zum Eintreffen von Zeugen abzusehen. "Erwachsen" bedeutet nicht volljährig; entscheidend ist, dass die angetroffene Person in der Lage ist, den Vorgang der Zwangsvollstreckung seiner Bedeutung nach zu erkennen und ihre Beobachtungen wiederzugeben (AG Berlin-Charlottenburg, DGVZ 1978, 159). Die Entscheidung, ob die angetroffene Person in diesem Sinne "erwachsen" ist, trifft der Gerichtsvollzieher. Hat er hier allerdings Zweifel (zumindest bei Jugendlichen unter 15 Jahren sind solche Zweifel geboten), muss er sich für die Hinzuziehung von Zeugen entscheiden. Der Gerichtsvollzieher hat sich auch zu vergewissern, ob die in den Räumen des Schuldners angetroffene/n Person/en zur Familie des Schuldners gehört/gehören oder in dessen Diensten steht/stehen (LG Konstanz, DGVZ 1984, 119). Anders als bei § 181 ZPO braucht der Familienangehörige kein Hausgenosse zu sein. Auch ein mit dem Schuldner offenkundig zusammenwohnender Lebensgefährte ist als zur Familie gehörend i. S. v. § 759 ZPO anzusehen (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 759 Rn. 11). Der Gerichtsvollzieher hat, wenn keiner in § 759 Hs. 2 ZPO benannten Personen anwesend ist, zwei Erwachsene Personen als Zeugen zuzuziehen. Das gilt auch dann, wenn darüber hinaus auch ein Schlosser anwesend ist. Denn nach einer Öffnung der Wohnung ist der Schlosser zunächst damit beschäftigt, sich um das Schloss zu kümmern und die Tür wieder verschließbar zu machen. Erst nach der Beendigung seiner Arbeiten könnte die eigentliche Vollstreckungshandlung beginnen (AG Wiesbaden, DGVZ 2017, 114; DGVZ 1988, 14).
2.3 Zeugen
Rz. 4
Die Vorschrift spricht vom "Gemeinde- oder Polizeibeamten". Dabei muss es sich nicht um einen Beamten der Gemeinde handeln; ausreichend ist ein Angestellter, der mit öffentlich-rechtlichen Funktionen ausgestattet ist. Der Polizeibeamte, der zum Zwecke der Gewaltanwendung nach § 758 Abs. 3 ZPO vom Gerichtsvollzieher hinzugezogen worden ist, kann kein Zeuge sein, da er "Beteiligter" im weitesten Sinne ist. Auch andere Personen können Zeuge sein. Nach § 62 Abs. 2 S. 2 GVGA sollen als Zeugen "unbeteiligte und einwandfreie Personen ausgewählt werden, die möglichst am Ort der Vollstreckung oder in dessen Nähe wohnen sollen". Streitig ist, ob auch der Gläubiger Zeuge sein kann (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 759 Rn. 22; Zöller/Seibel, § 759 Rn. 3). Man wird dies jedenfalls dann annehmen können, wenn andere Zeugen nicht greifbar sind. Grundsätzlich jedoch kann er – als Beteiligter am Verfahren der Zwangsvollstreckung – nicht zugleich Zeuge sein. Aufgabe der Zeugen ist es, die Vorgänge der Zwangsvollstreckung zu beobachten. Ein Eingreifen ist nicht zulässig. Der Zeuge hat das Protokoll des Gerichtsvollziehers mit zu unterschreiben. Auf Verlangen erhält er eine Entschädigung, die sich an dem ZSEG anzulehnen hat (§ 62 Abs. 2 S. 3 u. 4 GVGA). Die Auslagen gehören zu den notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung i. S. v. § 788 ZPO.