Rz. 2
Die Vorschrift gilt für alle Vollstreckungshandlungen, die nach den Regeln der Zivilprozessordnung zu betreiben sind, soweit nicht diese selbst (ausnahmsweise) das Prozessgericht als Vollstreckungsgericht bestimmt (OLG Hamm, NJW-RR 1986, 421) hat (§§ 887 ff. ZPO; OLG Brandenburg, Beschluss v. 17.8.2021, 1 W 28/21, juris). Auch wenn für den Erlass des Titels ein besonderes Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit zuständig ist, wie etwa das Familiengericht, verbleibt es für die Vollstreckung bei der allgemeinen Regel des Abs. 1 (OLG Bamberg, FamRZ 1982, 86; BGH, Rpfleger 1979, 195). Richtet sich für einen Titel aus anderen Gerichtsbarkeiten oder aus besonderen Verwaltungszweigen die Zwangsvollstreckung aufgrund besonderer gesetzlicher Anordnung nach den Regeln des Achten Buches der Zivilprozessordnung, gilt dies auch für die Anwendbarkeit des § 764 ZPO. Das Amtsgericht ist daher auch dann Vollstreckungsgericht, wenn ein arbeits- oder sozialgerichtlicher Titel zu vollstrecken ist (§§ 62 Abs. 2, 64 Abs. 7, 85, 87 Abs. 2, 92 Abs. 2 ArbGG; § 198 Abs. 1 SGG; vgl. Hessisches LAG, Beschluss v. 6.9.2018, 8 Ta 275/18, juris; vgl. SG Magdeburg, Beschluss v. 17.3.2017, S 11 AS 3642/16 ER – Juris), ausgenommen allerdings die Zwangsvollstreckung nach den §§ 200, 201 SGG und wenn die Vollstreckung nicht ausdrücklich dem Arbeitsgericht nach den §§ 887 Abs. 1, 888 Abs. 1 und 890 Abs. 1 ZPO zugewiesen ist (Hessisches LAG, a. a. O.). Die amtsgerichtliche Zuständigkeit gilt weiter für die Zwangsvollstreckung aus Verwaltungsakten der Sozialversicherungsträger, wenn die zivilprozessuale Vollstreckung nach § 66 Abs. 4 SGB X gewählt wird (BGH, MDR 1986, 123), und für Kostenfestsetzungsbeschlüsse nach § 11 Abs. 1 RVG, die von Verwaltungsgerichten (OVG Lüneburg, AnwBl. 1984, 562), Sozialgerichten oder Finanzgerichten erlassen wurden (SG Berlin, Beschluss v. 20.7.2011 – S 180 SF 4812/10 E; § 11 Abs. 3 RVG). Das Vollstreckungsgericht ist für den Erlass des Haftbefehls zum Zweck der Herbeiführung einer eidesstattlichen Versicherung des Schuldners über den Verbleib der einzuziehenden Fahrerlaubnis zuständig (LG Berlin, Beschluss v. 18.10.2018, 51 T 439/18 – Juris; vorgehend: AG Tiergarten, Beschluss v. 14.12.2016, (300 Cs) 3022 Js 4131/15 29210 V (138/15) – Juris). Für die Vollstreckung verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen ist dagegen das Verwaltungsgericht des ersten Rechtszugs das zuständige Vollstreckungsgericht. Bedeutung hat allerdings auch hier noch das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht insoweit, als für einzelne Vollstreckungsmaßnahmen das zivile Vollstreckungsgericht (z. B. § 322 Abs. 1 Satz 2 AO) oder der Gerichtsvollzieher in Anspruch zu nehmen ist oder in Anspruch genommen werden kann (z. B. § 169 Abs. 1 Satz 2, § 170 Abs. 1 Sätze 2 und 3 VwGO). Für das Erinnerungsverfahren und damit auch für das Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das beabsichtigte Erinnerungsverfahren ist nicht der Verwaltungsrechtsweg gegeben, wenn sich der Vollstreckungsschuldner seinen ausdrücklich als Erinnerung bezeichneten Rechtsbehelf gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung richtet. Dieser Fall wird von § 6 Abs 1 Nr 1 JBeitrO erfasst (Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss v. 15.2.2017, 5 E 15/17 – Juris). Für den Antrag eines Rechtsanwalts nach § 11 Abs. 1 Satz 1 RVG auf Festsetzung der Vergütung ist sachlich das Vollstreckungsgericht zuständig, soweit der Rechtsanwalt die in der Zwangsvollstreckung bei ihm entstandene Vergütung gegenüber dem eigenen Auftraggeber festsetzen lassen will (OLG Celle, JurBüro 2016, 19; im Anschluss an BGH, Beschluss v. 15.2.2005, X ARZ 409/04- Juris).
Wenn das Prozessgericht als Vollstreckungsgericht tätig wird (§§ 887 ff. ZPO), wird es immer als Prozessgericht und nicht als Vollstreckungsgericht im Sinne des § 764 ZPO tätig (OLG Hamm, NJW-RR 1986, 420; HansOLG Hamburg, FamRZ 1983, 1252). Abweichend von § 764 ZPO ist das Arrestgericht für die Pfändung einer Forderung oder eines anderen Vermögensrechts aufgrund eines Arrestbefehls als Vollstreckungsgericht zuständig (§§ 919, 930 Abs. 1 ZPO). Die sachliche und örtliche Zuständigkeit ist ausschließlich (§ 802 ZPO).
Vollstreckungsmaßnahmen eines Gläubigers, die gegen das Verbot der Einzelzwangsvollstreckung gemäß § 89 InsO bzw. § 294 Abs. 1 InsO ergehen, können dagegen nur mit vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfen, also der Erinnerung nach § 766 ZPO bzw. der Rechtspflegererinnerung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 RpflG angefochten werden. Auch wenn für einen auf § 294 InsO gestützten Einwand gegen eine Vollstreckungsmaßnahme nicht das Insolvenz-, sondern das Vollstreckungsgericht zuständig sein sollte, was offen bleiben kann (vgl. zum Meinungsstand MünchKomm/InsO-Ehricke § 294 Rz. 18), ist das Amtsgericht zuständig; denn nur dieses ist nach § 764 ZPO Vollstreckungsgericht (OLG Köln, Rpfleger 2010, 529). Nach Aufhebung des Insolvenzverfahren scheidet die Anwendung des § 89 Abs. 3 InsO aus, weshalb während der Wohlverhaltensphase das Volls...