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Sowohl die Zivilprozessordnung als auch das Zwangsversteigerungsgesetz enthalten ihrerseits noch eine Vielzahl von speziellen Bestimmungen zum Schutze des Schuldners in der Zwangsvollstreckung (§§ 811 ff., 850a ff., § 803 Abs. 2, §§ 817a, 813a, 721, 794a, 761 ZPO, §§ 85a, 30a ff. ZVG). Diese Bestimmungen, auf deren Kommentierung im Einzelnen Bezug genommen wird, sind teilweise von Amts wegen zu beachten, teilweise wird auch hier der Schutz nur auf Antrag (des Schuldners) gewährt. Mit den Rechtsbehelfen des § 766 ZPO (Erinnerung) und § 11 Abs. 2 RPflG (Erinnerung) kann der Schuldner die Beachtung der Schutzvorschriften "erzwingen". Die genannten Schutzbestimmungen und die Rechtsbehelfe sind spezieller und verdrängen deshalb, soweit sich das Rechtsschutzziel deckt, die Anwendbarkeit des § 765a ZPO (Brox/Walker, Rn. 1472). Damit handelt es sich um einen Auffangrechtsbehelf, durch den diejenigen Gesichtspunkte zur Geltung gebracht werden sollen, die über das in den gesetzlich ausdrücklich geregelten Vorschriften Vorgesehene hinausgehen. Das allerdings schließt nicht aus, dass etwa die Vollstreckungserinnerung und der Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO nebeneinander zur Anwendung kommen können; Voraussetzung ist dann aber, dass beide Rechtsbehelfe unterschiedlich begründet werden (Brox/Walker, a. a. O.). Auch dasjenige, was im Vollstreckungsschutz nach den speziellen Bestimmungen hätte geltend gemacht werden können, kann auch später noch zur Begründung eines Antrags nach § 765a ZPO vorgetragen werden (LG Wuppertal, MDR 1968, 52; LG Mannheim, MDR 1968, 925). Der mit der Einführung des Pfändungsschutzkontos verfolgte Zweck, nämlich die Vereinfachung des Schuldnerschutzes bei Pfändung des Girokontoguthabens, begründet keinen Vorrang dieses Rechtsinstituts gegenüber anderen Schutzvorschriften, insbesondere wird die Anwendung des § 765a ZPO nicht durch die Einführung des Pfändungsschutzkontos verdrängt. Um dem Grundsatz der Gewährung des Existenzminimums Geltung zu verschaffen, kann es geboten sein, Defizite im Zusammenhang mit der Einführung des Pfändungsschutzkontos unter Heranziehung des § 765a ZPO zu korrigieren (AG Ludwigshafen, FoVo 2017, 176; LG Saarbrücken, Beschluss. v. 4.6.2012, 5 T 189/12). Eine sittenwidrige Härte i. S. d. § 765 ZPO liegt nicht vor, solange der Schutz des Schuldners durch die Entscheidung gem. § 850l ZPO erfolgt (AG Cloppenburg, Beschluss v. 20.12.2016, 23 M 5708/12 – Juris).

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