Rz. 18
Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO wird nur auf Antrag gewährt (LG Limburg, Rpfleger 1977, 219), was mit dem Grundgesetz vereinbar ist (BVerfGE 62, 216), denn dem Schuldner kann anheim gegeben werden, ob er von der Schutzvorschrift Gebrauch machen will oder nicht. Der Antrag muss schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle gestellt werden. Anwaltszwang besteht nach § 78 Abs. 3 ZPO nicht. Den Antrag kann nur der Schuldner stellen und nicht ein Dritter, selbst wenn für diesen bestimmte Zahlungen von einer Pfändung erfasst werden die auf dem Konto des Schuldners eingehen (LG Rostock, JurBüro 2003, 328 = InVo 2003, 290 = DGVZ 2003, 75). Der Vollstreckungsschutzantrag, der von einer prozessunfähigen und auch nicht wirksam vertretenen Partei gestellt worden ist, ist unwirksam und darf nicht beschieden werden (BGH, WuM 2011, 530). Der Antrag muss nicht ausdrücklich gestellt werden. Vielmehr genügt ein Sachvortrag, der zeigt, dass der Schuldner besondere Umstände, die die Vollstreckungsmaßnahme als sittenwidrige Härte erscheinen lassen, geltend machen will (KG, OLGZ 1965, 288; OLG Frankfurt/Main, Rpfleger 1979, 391). Er kann auch konkludent mit anderen Anträgen, etwa einer Erinnerung nach § 766 ZPO oder einem Antrag nach § 813b ZPO, einem Antrag nach § 721 ZPO oder § 794a ZPO etwa, gestellt werden (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 765a Rn. 78).
Rz. 19
Der Antrag kann in jeder Lage des Zwangsvollstreckungsverfahrens gestellt werden und ist an keine Frist gebunden (Zöller/Seibel, § 765a Rn. 19). Er kann in der Regel erst gestellt werden, wenn eine konkrete Vollstreckungsmaßnahme ergriffen wurde, nicht "rein vorsorglich" (LG Frankenthal, Rpfleger 1984, 28). Im Offenbarungsverfahren kann der Antrag schon ab dem Zeitpunkt der Ladung zur Offenbarungsversicherung gestellt werden (Schuschke/Walker, § 765a Rn. 14) und nicht erst mündlich im Termin zusammen mit dem Widerspruch nach § 900 Abs. 4 ZPO (a. A. LG Koblenz, JurBüro 1997, 547 = Rpfleger 1997, 489). Solange ein Verfahren auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht abgeschlossen ist, kann ein Schuldner keinen isolierten Antrag nach § 765a ZPO stellen, sondern hat diesen ausschließlich im Rahmen eines Widerspruchs nach § 900 Abs. 4 ZPO (BGH, NJW 2010, 1002 = MDR 2010, 517) unter Beachtung der insoweit geltenden Förmlichkeiten zu stellen (LG Lübeck, Beschluss v. 4.2.2010 – 7 T 29/10; DGVZ 2006, 139). Im Zwangsversteigerungsverfahren kann der Antrag neben dem Antrag nach § 30a ZVG gestellt werden, auch noch in der Beschwerdeinstanz. Dann hat das Beschwerdegericht nach den Grundsätzen des § 264 Nr. 2, § 263 ZPO zu prüfen, ob der Antrag im Einzelfall noch in der Beschwerdeinstanz gestellt werden kann (KG, InVo 2000, 22). Wird allerdings der Schutzantrag nach § 765a ZPO erst im Verfahren über eine Beschwerde gegen eine andere Entscheidung des Vollstreckungsgerichts gestellt (z. B. insbesondere nach Entscheidung über eine Erinnerung gem. § 766 ZPO), kann das angerufene Beschwerdegericht nicht über ihn entscheiden, sondern muss ihn an das Vollstreckungsgericht verweisen (str. wie hier: Zöller/Seibel, § 765a Rn. 25 m. w. N.). Nach vollständiger Beendigung der Vollstreckungsmaßnahme ist der Antrag nicht mehr zulässig. Eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ist nicht beendet, wenn ihre vollstreckungsrechtlichen Wirkungen andauern; verursacht eine Maßnahme infolge der Fortdauer ihrer Wirkungen eine sittenwidrige Härte, ist ein Antrag weiterhin möglich (vgl. z. B. KG, NJW 1986, 1510). Bis zur Rechtskraft der Entscheidung kann der Antrag zurückgenommen werden. Verzicht auf Vollstreckungsschutz vor Beginn und während der Zwangsvollstreckung ist nicht zulässig, (Zöller/Seibel, § 765a Rn. 26). Der Antrag kann auch nach rechtskräftiger Ablehnung neu gestellt werden, wenn das Begehren auf einen neuen Sachvortrag gestützt wird (OLG Köln, JurBüro 1994, 367). Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde der Revision kann der Schuldner sich grundsätzlich nur dann auf die Gefahr eines nicht zu ersetzenden Nachteils berufen, wenn er bereits in der Berufungsinstanz einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 712 ZPO gestellt hat. Hat er das versäumt, kommt eine Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 719 Abs. 2 ZPO grundsätzlich nicht in Betracht. Hiervon kann bei der Räumungsklage eine Ausnahme dann gemacht werden, wenn die Schuldner darauf vertrauen durften, vor Rechtskraft der Räumungsfrist würde nicht vollstreckt werden, auch wenn ein Antrag nach § 712 ZPO nicht gestellt werde (BGH, NJW-RR 2007, 11 = NZM 2006, 909). Ein im Rechtsbeschwerdeverfahren erstmals gestellter Antrag is unbeachtlich (BGH, MDR 2008, 287).
Rz. 20
Absatz 3 errichtet für die Räumungsvollstreckung eine generelle zeitliche Sperre für die Antragstellung nach § 765a ZPO. Danach muss der Antrag mindestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin gestellt werden. Der Ausschluss gilt nur für Umstände, die bis dahin vorgelegen haben und dem Schuldner bekannt waren (LG Mönchengladbach, DGVZ 2000, 118). Das gil...