Rz. 15

Da die Vollstreckungsabwehrklage lediglich die Vollstreckbarkeit des Titels beseitigt, führt sie nicht zu einer rechtskraftfähigen Bejahung oder Verneinung des titulierten materiell-rechtlichen Anspruchs. Dementsprechend ist die Vollstreckungsabwehrklage nur und ausschließlich anwendbar auf Titel (Leistungs- und Haftungstitel), die einen vollstreckbaren Inhalt haben; sie ist daher unzulässig gegen Feststellungs- und Gestaltungsurteile. Vollstreckungstitel sind vollstreckbare Urteile und die unter § 794 ZPO fallenden Urkunden. Sie ist ebenfalls unzulässig mit Eintritt der Rechtskraft eines auf Abgabe einer Willenserklärung lautenden Urteils (§ 894 ZPO), weil verfahrensrechtliche Wirkung des Eintritts der Fiktion nach § 894 Abs. 1 ZPO in der Regel die Beendigung der Zwangsvollstreckung hinsichtlich der Abgabe der Willenserklärung ist (HansOLG Hamburg, JurBüro 1998, 1051). Art. 22 Nr. 5 LugÜ findet auf eine Vollstreckungsgegenklage keine Anwendung, die sich darauf stützt, dass die titulierte Forderung durch Aufrechnung erloschen sei oder mit der eine vollstreckungshindernde Vereinbarung geltend gemacht wird (BGH, ZInsO 2018, 1569; NJW 2014, 2798).

In Wohnungseigentumsverfahren gelten seit dem 1.7.2007 die Bestimmungen der Zivilprozessordnung. Damit ist (auch) § 767 ZPO anwendbar. Für Berufungen gegen Entscheidungen des Amtsgerichts gilt die Bestimmung des § 72 Abs. 2 Satz 1 GVG (BGH, NJW 2009, 1282). Die Unwirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrages kann nicht in entsprechender Anwendung der §§ 79 Abs. 2 BVerfGG, § 47 Abs. 5, 183 VwGO im Wege der Zwangsvollstreckungsgegenklage gegen die Vollstreckung aus einem zugunsten der ULAK ergangenen rechtskräftigen Titel geltend gemacht werden (LAG Berlin-Brandenburg, BB 2018, 2676). Eine dem Schuldner erteilte Restschuldbefreiung (§ 301 InsO) kann der Anfechtungsgegner der Gläubigeranfechtung gemäß § 767 Abs. 1 und 2 ZPO entgegenhalten, wenn der Gläubiger die Anfechtungsklage erst nach Aufhebung des Regelinsolvenzverfahrens erhoben hat und die Anfechtung Rechtshandlungen betrifft, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind (OLG Düsseldorf, ZInsO 2017, 1675: Abgrenzung zu BGH, ZInsO 2015, 2531).

§ 767 ZPO kann auf das Vorgehen gegen einen der Rechtskraft unfähigen, jedoch als Grundlage drohender Zwangsvollstreckung taugenden Titel analog angewendet werden. Eine Titelgegenklage ist aber unbegründet, wenngleich sie sich gegen ein nicht existentes Versäumnisurteil richtet, wenn über den dagegen eingelegten Einspruch rechtskräftig (durch Verwerfung) entschieden wurde. Das Versäumnisurteil ist nach rechtskräftiger Entscheidung über den eingelegten Einspruch tauglicher Vollstreckungstitel gemäß §§ 794, 795 ZPO. Formelle Rechtskraft tritt nämlich mit der Rechtskraft der Entscheidung ein, die über den Einspruch befindet, sofern darin die angefochtene Entscheidung nicht aufgehoben wird (OLG Frankfurt, Urteil v. 26.5.2015, 14 U 174/14, juris).

3.1 Anwendbarkeit des § 767 ZPO

 

Rz. 16

Anwendbar ist § 767 ZPO auf:

Haushaltssachen nach den §§ 200, 95 FamFG.

 

Rz. 17

Familienstreitsachen gem. § 120 Abs. 1 FamFG (OLG Saarbrücken, MDR 2011, 168);

 

Rz. 18

Insolvenztabelle. Die Vollstreckungsabwehrklage gegen diesen Titel ist nur dann zulässig, wenn die vorgebrachten Einwendungen nach der Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle (§ 178 Abs. 2 InsO) entstanden sind (BGH, NJW 1985, 271 zu § 145 Abs. 2 KO);

 

Rz. 19

Kostenfestsetzungsbeschlüsse, § 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO; erwirkt der Beklagte einen Kostenbeschluss aus § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO und einen entsprechenden Kostenfestsetzungsbeschluss, so kann der Kläger dagegen mit der Vollstreckungsgegenklage vorgehen (OLG Brandenburg, Urteil v. 7.7.2021, 4 U 165/20, juris; OLG Nürnberg, JurBüro 2020, 486; OLG Koblenz, Beschluss v. 15.7.2015, 14 W 446/15, juris). Wird im Rahmen eines vom Kostenschuldner angestrengte Beschwerdeverfahrens gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss auf dessen Veranlassung ein materiell-rechtlicher Einwand geprüft und beschieden, dann ist dem Kostenschuldner nach Treu und Glauben versagt, sich im Rahmen einer nachfolgend erhobenen Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO darauf zu berufen, die Prüfung des materiell-rechtlichen Einwands sei im Kostenfestsetzungsverfahren nicht statthaft gewesen. Bei einem solchen Verfahrensablauf besteht kein Rechtsschutzbedürfnis dafür, dem Kostenschuldner eine weitere Möglichkeit zur Überprüfung dieses materiell-rechtlichen Einwands im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO zu eröffnen (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil v. 3.12.2015, 4 U 42/14, juris). Der Beklagte kann die Einlassung auf die Vollstreckungsabwehrklage nicht aus § 269 Abs. 4 ZPO verweigern, bis die Kosten des vorausgegangenen Unterlassungsrechtsstreits erstattet sind (OLG Hamm, NJW-RR 1991, 1334). Nach der Rücknahme der Klage kann die Aufrechnung der mit ihr verfolgten Forderung gegen den Kostenerstattungsanspruch des Beklagten aus § 269 Abs. 3 ZPO nicht gemäß § 767 Abs. 1 ZPO gel...

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