4.1 Statthaftigkeit
Rz. 31
Die Vollstreckungsabwehrklage ist statthaft, wenn der Kläger eine materiell-rechtliche Einwendung gegenüber dem titulierten Anspruch erhebt (BGH, WM 2016, 83). Der Vollstreckungstitel muss nach Art und Inhalt eine geeignete Grundlage für die Zwangsvollstreckung sein. Streitgegenstand ist die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Titel, nicht das Bestehen oder Nichtbestehen der Titelforderung. Wird keine Einwendung geltend gemacht, die den durch den Titel festgestellten Anspruch selbst betreffen, sondern beruft sich der Vollstreckungsschuldner darauf, dass ein nach dem äußeren Erscheinungsbild wirksamer Titel aus formellen Gründen unwirksam ist, ohne dass dies dem Titelinhalt zu entnehmen ist, ist die als Vollstreckungsabwehrklage bezeichnete Klage als Klage analog § 767 Abs. 1 ZPO auszulegen und zulässig (OLG Koblenz, NJW-RR 2014, 982; BGHZ 124, 164; 183, 169). Dabei handelt es sich um eine sog. Titelklage bzw. Titelgegenklage (vgl. OLG Hamm, Urteil v. 31.7.2017, 5 U 142/15, juris; LG Münster, Urteil v. 10.12.2015, 24 O 50/15, juris), wenn der Kläger die Unwirksamkeit des Titels (z. B. einer notariellen Urkunde mit Unterwerfungsklausel) selbst geltend macht (vgl. auch: BGH, NJW 2015, 1181; 2010, 2041; 2005, 1576).
4.2 Allgemeine Verfahrensvoraussetzungen
Rz. 32
Wie bei jeder anderen Klage auch müssen bei der Vollstreckungsabwehrklage die allgemeinen Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen, z. B. die Parteifähigkeit, die Prozessfähigkeit, die Prozessführungsbefugnis usw. Wichtige Sachurteilsvoraussetzungen sind die örtliche und sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, der richtige Klageantrag und das (allgemeine) Rechtsschutzinteresse.
Rz. 33
Der Klageantrag ist darauf gerichtet, die Zwangsvollstreckung aus dem genau zu bezeichnenden Vollstreckungstitel für unzulässig zu erklären (OLG Brandenburg, FamRZ 2004, 558). Bei mehreren Titeln ist eine kumulative Klagehäufung gegeben. Richtet sich allerdings die Einwendung nur gegen einen Teil des titulierten Anspruchs, so hat der Klageantrag dies zu berücksichtigen, und es ist dann zu beantragen, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Titel nur zu diesem (bestimmten) Teil für unzulässig erklärt wird. Wird gleichwohl die Klage in diesen Fällen gegen den Titel insgesamt gerichtet, ist ihr – unter Abweisung im Übrigen – teilweise stattzugeben, auch wenn es an einem entsprechenden Hilfsantrag fehlt (BGH, MDR 1991, 861). Zweckmäßig wird es allerdings sein, die Anträge als Haupt- und Hilfsanträge zu stellen. Auch bei der Vollstreckungsabwehrklage bestimmt sich die Darlegungs- und Beweislast ungeachtet der prozessualen Parteirollen nach den materiellen Beweislastregeln des der vollstreckbaren Forderung zugrunde liegenden materiellen Rechtsverhältnisses (LG Mönchengladbach, DStR 2015, 2455). Die Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung verändert nur die prozessuale Situation, nicht die materielle Rechtslage und die sich daraus ergebende Beweislastverteilung (BGH, NJW 1980, 1047). Grundsätzlich ist für das Entstehen der zu vollstreckenden Forderung der Gläubiger (der Beklagte einer Vollstreckungsabwehrklage), für rechtsvernichtende oder rechtshemmende Einwendungen gemäß § 767 Abs. 2 ZPO der Schuldner (Kläger der Vollstreckungsabwehrklage) darlegungs- und beweispflichtig. Wird eine Grundschuld mit der Maßgabe an einen Gläubiger (Käufer) des Schuldners (Verkäufer) abgetreten, dass sie nur für den Fall verwandt werden darf, wenn sich eine Kostenerstattungspflicht des Schuldners für Altlastensanierung herausstellen sollte, so ist der Gläubiger auch im Verfahren nach § 767 ZPO für das Entstehen des Kostenerstattungsanspruchs beweispflichtig (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1997, 444). Wer gegen die Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde einwendet, ein zugrunde liegender Darlehensvertrag sei mangels einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung sittenwidrig, trägt die Beweislast, wenn sich wegen Ablaufs der Aufbewahrungsfristen nicht mehr feststellen lässt, ob eine solche Genehmigung erteilt wurde (OLG Dresden, NJW-RR 2021, 796). Im Rahmen der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO muss der Nachweis der Erfüllung bzw. des (besonderen) Erfüllungseinwands nicht durch öffentliche Urkunden i. S. v. § 775 Nr. 4 ZPO erbracht werden, da diese Regelung nur bei der einstweiligen Einstellung bzw. Beschränkung der Zwangsvollstreckung durch das Vollstreckungsorgan gilt. Im Rahmen der materiell-rechtlichen Vollstreckungsabwehrklage reicht der Nachweis i. S. v. § 286 Abs. 1 ZPO aus (LAG Köln, Urteil v. 8.5.2020, 4 Sa 324/19, juris).
4.3 Örtliche und sachliche Zuständigkeit (Abs. 1)
Rz. 34
Richtet sich die Klage gegen eine gerichtliche Entscheidung, ist das Prozessgericht des ersten Rechtszugs, also das Gericht des Verfahrens, in dem der nämliche Vollstreckungstitel geschaffen wurde, sachlich und örtlich ausschließlich zuständig (§§ 767 Abs. 1, 802 ZPO). Eine Änderung durch die Einführung des FamFG hat insoweit nicht stattgefunden. Das gilt auch dann, wenn nach dem Gegenstand der Einwendung oder der Höhe des Streitwerts ein anderes Gericht zuständig wäre, und sogar...