Rz. 1
Die Vorschrift soll eine Zwangsvollstreckung verhindern, die wegen § 2115 BGB nur zu einem bedingten Erwerb führen könnte, weil sie dem Nacherben gegenüber – wenn sie dessen Recht vereiteln oder beeinträchtigen würde (§ 2115 BGB) – unwirksam wäre (BGHZ 110, 176). Sie gilt für die Mobiliar- und Immobiliarvollstreckung, jedoch nur wegen Geldforderungen. Die relative Unwirksamkeit nach § 2115 S. 1 BGB erfasst Zwangsverfügungen der Eigengläubiger des Vorerben, die wegen einer Geldforderung in den Nachlass vollstrecken (BeckOK/ZPO-Preuß, § 773 Rn. 3). Auch diese Bestimmung ist eine Ordnungs-, eine Sollvorschrift, die eine verfahrensrechtliche Ergänzung zu § 2115 BGB darstellt und inhaltlich § 772 ZPO entspricht. Sie untersagt ebenso wie § 772 ZPO nur die Verwertung (Veräußerung und Überweisung) im Wege der Zwangsvollstreckung und nicht den Vollstreckungszugriff als solchen. Zulässig ist dagegen die Pfändung, die Eintragung einer Sicherungshypothek und die Anordnung der Zwangsversteigerung oder -verwaltung. Die Vorschrift ist nicht anwendbar auf die Teilungsversteigerung zum Zwecke der Auseinandersetzung unter Mitvorerben (§§ 180 ff. ZVG). Der Nacherbe kann ihr nicht widersprechen (LG Bonn, ErbR 2020, 134; OLG Hamm, NJW 1969, 516). Der im Grundbuch eingetragene Nacherbenvermerk hindert die Versteigerung nicht. Betreibt allerdings ein Gläubiger die Teilungsversteigerung, um sich anschließend aus dem auf den Vorerben entfallenden Teil des Versteigerungserlöses zu befriedigen, unterfällt die Vollstreckung in den Erlösüberschuss dem § 2115 Satz 1 BGB (BeckOK/ZPO-Preuß, § 773 Rn. 3.1).
Treuwidrige Teilungsversteigerung
Steht in diesem Fall fest, dass der Nacherbe hiergegen intervenieren wird, ist die Betreibung der Teilungsversteigerung durch den Gläubiger treuwidrig, weil er sein eigentliches Ziel – die Vollstreckung in den Erlösüberschuss – ohnehin nicht erreichen kann (BeckOK/ZPO-Preuß, a. a. O.).
Rz. 2
Nicht betroffen von dem Verbot sind die Zwangsvollstreckung wegen Nachlassverbindlichkeiten (§ 2115 Satz 2 BGB) und solcher dinglicher Ansprüche, die vor oder nach dem Erbfall von dem Vorerben in ordnungsgemäßer Verwaltung des Nachlasses (§ 2120 BGB) oder mit Einwilligung des Nacherben eingegangen wurden (LG Berlin, Rpfleger 1987, 457).
Rz. 3
Erheben mehrere Nacherben die Widerspruchsklage nach § 773 Satz 2, § 771 ZPO, dann sind sie keine notwendigen Streitgenossen (BGH, NJW 1993, 1582; zur Widerspruchsklage mehrerer Nacherben auch BGHZ 110, 176).