Rz. 5
Aus der Entscheidung, die vollstreckbar sein muss, muss sich die Unzulässigkeit der Vollstreckung ergeben. Sie muss in einer einfachen (nicht vollstreckbaren) Ausfertigung vorgelegt werden. Die Vorlage einer beglaubigten Abschrift genügt nicht (BeckOK/ZPO-Preuß, § 775 Rn. 3). Ist das Prozessgericht zugleich Vollstreckungsgericht, genügt die Bezugnahme auf die in den Akten befindliche Urschrift (Zöller/Geimer, § 775 Rn. 4). Es muss sich um eine "Entscheidung" handeln, also ein Urteil oder ein Beschluss; ein Vergleich ist keine Entscheidung (BGH, MDR 2011, 1202 = Rpfleger 2011, 678; LG Tübingen, JurBüro 1986, 624). Das gilt auch für den Auszug aus dem Schuldenbereinigungsplan, dessen Annahme durch die Gläubiger durch Beschluss nach § 308 Abs. 1 Satz 1 InsO gerichtlich bestätigt worden ist. Er stellt in gleicher Weise wie ein gerichtlicher Vergleich keine gerichtliche Entscheidung im Sinne des § 775 Nr. 1 ZPO dar, auch wenn der Vollstreckungstitel durch das Insolvenzgericht erst geschaffen wurde (BGH, a. a. O.). Die Erteilung der Restschuldbefreiung ist keine vollstreckbare Entscheidung, aus der sich ergibt, dass das zu vollstreckende Urteil aufgehoben oder die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt oder ihre Einstellung angeordnet ist, weshalb auch insoweit ein Fall des § 775 Nr. 1 ZPO nicht vorliegt; auch eine entsprechende Anwendbarkeit ist insoweit nicht möglich (BGH, NJW 2008, 3640 = MDR 2009, 108). Wird nach einseitiger Erledigungserklärung die Erledigung gerichtlich festgestellt, ist die Vollstreckbarkeit der einstweiligen Verfügung weder gänzlich aufgehoben noch ohne gerichtliche Entscheidung fortgefallen. Es ist deshalb mit § 775 Nr. 1, § 776 ZPO vereinbar und geboten, dass Vollstreckungsmaßnahmen, die vor der Erledigung wegen zuvor begangener Verstöße getroffen wurden, aufrechterhalten bleiben (BGH, GRUR-RR 2012, 311 = WRP 2012, 829). § 775 Nr. 1 ZPO findet entsprechende Anwendung, wenn ein Urteil durch Klagerücknahme wirkungslos geworden ist (LAG Bremen, LAGE § 888 ZPO 2008 Nr. 8). Diese Wirkungslosigkeit ist durch einen Beschluss nach § 269 Abs. 4, Abs. 3 Satz 1 ZPO nachzuweisen. Die Vorlage einer Protokollabschrift über die Rücknahme genügt nicht. Erfolgte die Rücknahme bei dem für die Zwangsvollstreckung gleichfalls zuständigen Prozessgericht, hat dies jedoch dieselbe zu berücksichtigen. Die Entscheidung muss vollstreckbar sein; das ist sie, wenn sie rechtskräftig, kraft Gesetz vollstreckbar (z. B. § 794 Nr. 3 ZPO) oder für vorläufig vollstreckbar erklärt ist. Nötig ist die Vorlage der Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung, die nur zwischen den Parteien wirkt, zwischen denen sie ergangen ist (LG Frankenthal, Rpfleger 1983, 162). Die Urschrift ersetzt selbstredend die Ausfertigung (ist jedoch in der Praxis meist für den Gerichtsvollzieher nicht verfügbar); sie kann sich bei den (beigezogenen) Akten des Vollstreckungsgerichts befinden. Rechtskraft, Vollstreckungsklausel oder Zustellung des Urteils sind nicht erforderlich. Werden in einem vorläufig vollstreckbaren Abänderungsurteil die künftig fällig werdenden Leistungen ermäßigt, so wird dadurch dem früheren Titel, auch wenn es sich dabei um einen Vergleich handelte (OLGR Hamburg 2009, 175), die Vollstreckbarkeit im Umfange der Ermäßigung genommen; dieser Titel ist somit Grundlage für eine Einstellung nach § 775 Nr. 1 ZPO (OLG Zweibrücken, FamRZ 1986, 376, OLG Koblenz, FamRZ 1985, 819).
Rz. 6
Die Aufhebung des zu vollstreckenden Urteils kann im Wiederaufnahmeverfahren, auf Einspruch oder Rechtsmittel oder auch im Nachverfahren erfolgt sein. Auch auf den Arrestbefehl und die einstweilige Verfügung sind die Grundsätze anwendbar (BGH, NJW 1976, 1453). Die Aufhebung der vorläufigen Vollstreckbarkeit kann nach § 718 ZPO durch das Berufungsgericht erfolgen (Schuschke/Walker, § 775 Rn. 7). Wird in einer Familienstreitsache ein Versäumnisbeschluss, in dem die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet wurde, nach Einspruch des Schuldners aufgehoben, ist die Zwangsvollstreckung gemäß § 775 Nr. 1 ZPO einzustellen, ohne dass es in dem aufhebenden Beschluss einer Anordnung der sofortigen Wirksamkeit bedarf (BGH, NJW 2013, 3584 = FamRZ 2013, 1731 = MDR 2013, 1282). Wird in einer Familienstreitsache ein Versäumnisbeschluss, in dem die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet wurde, nach Einspruch des Schuldners aufrecht erhalten und diese Entscheidung nicht für sofort wirksam erklärt, ist die Zwangsvollstreckung gemäß § 775 Nr. 1 ZPO einzustellen (BGH, a. a. O.)
Rz. 7
Auch auf eine Klauselerinnerung (§ 732 ZPO), die Klauselgegenklage (§ 768 ZPO), auf Einwendungen gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung, die im Wege der Erinnerung (§ 766 ZPO) erhoben werden, auf Einwendungen gegen den im Urteil festgestellten Anspruch (Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO) und schließlich auf die Widerspruchsklage(n) (§§ 771 bis 774 ZPO) eines Dritten kann die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt oder endgültig eingestellt worden s...