Rz. 16
Die Einstellung ist kein Antragsverfahren mit formal begrenzter Antragsberechtigung. Durch die Vorlage der entsprechenden Urkunden hat es der Schuldner in der Hand, mit Hinderungsgründen den Fortgang der nach dem Gläubigerantrag von Amts wegen zu betreibenden Zwangsvollstreckung "aufzuhalten". Zuständig ist das Vollstreckungsorgan, also auch z. B. der Gerichtsvollzieher (AG Düsseldorf, DGVZ 1983, 46). Ihm ist, damit es (er) nach §§ 775, 776 ZPO verfährt, die Entscheidung oder Urkunde vorzulegen. Die Vorlage der in § 775 ZPO angesprochenen Urkunden ist Sache der Parteien der Zwangsvollstreckung oder eines sonst beteiligten Dritten. Für das Vollstreckungsorgan besteht keine Pflicht zu ermitteln, ob z. B. ein Einstellungsbeschluss vorliegt. Einzustellen ist aber nicht nur dann, wenn die erforderlichen Urkunden vom Schuldner vorgelegt werden, sondern auch dann, wenn das Vollstreckungsorgan auf andere Weise von einem Einstellungsgrund Kenntnis erlangt hat (Zöller/Geimer, § 775 Rn. 9).
Rz. 17
Unabhängig von der Vorlage der Entscheidung im Einzelfall beim zuständigen Vollstreckungsorgan wird die Zwangsvollstreckung in den Fällen der Nr. 1 und 2 in dem sich aus der Entscheidung ergebenden Umfange unzulässig. Davon zu unterscheiden ist die Problematik, dass die Vollstreckungsorgane erst bei der Kenntnis von der Entscheidung handeln können und müssen. Soweit Vollstreckungsmaßnahmen ganz oder teilweise aufzuheben sind, handelt es sich ausschließlich um die Beseitigung zwar wirksamer, jedoch – wie nun gerichtlich festgestellt – unzulässiger Vollstreckungsakte. Mit der Vorlage hat der Vorlageberechtigte seinen Pflichten genügt. Das Vollstreckungsorgan hat jetzt von Amts wegen zu handeln.
Rz. 18
Was das Vollstreckungsorgan zu veranlassen hat, hängt im Einzelfall insbesondere davon ab, ob zugleich § 776 ZPO zutrifft und ob die Zwangsvollstreckung ganz einzustellen oder lediglich zu beschränken ist. Wenn die Zwangsvollstreckung eingestellt wird, bleibt die Pfändung immer bestehen. Hat z. B. der Gerichtsvollzieher einen Gegenstand gepfändet, darf er nicht mehr verwertet werden. Der Gerichtsvollzieher hat die Einstellung, falls sie nicht anlässlich einer beabsichtigten Zwangsvollstreckungsmaßnahme erfolgt und deshalb nach § 762 ZPO im Protokoll festzuhalten ist, in den Akten zu vermerken und den Gläubiger davon in Kenntnis zu setzen (§ 64 Abs. 5 Satz 2 GVGA). Eine Notverwertung allerdings kann das Vollstreckungsgericht trotz Einstellung anordnen (Stein/Jonas/Münzberg, § 775 Rn. 25). Im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens vom Gläubiger gestellte und noch nicht erledigte Anträge, z. B. ein Antrag nach § 890 ZPO, sind zurückzuweisen, falls sie vom Gläubiger nicht zurückgenommen werden (OLG Frankfurt/Main, NJW-RR 1990, 124). Sind zukünftige Maßnahmen bereits, z. B. durch die Bestimmung eines Termins zur Versteigerung oder zur Abgabe der Vermögensauskunft, in Gang gesetzt, sind sie abzubrechen, was durch die Aufhebung des Termins erfolgen kann. Im Falle der Forderungspfändung ist ein besonderer Beschluss des Vollstreckungsgerichts nicht notwendig. Wird allerdings durch das Vollstreckungsgericht die Einstellung der Zwangsvollstreckung angeordnet, ist der entsprechende Beschluss den Beteiligten mitzuteilen (§ 329 Abs. 2 ZPO) und sollte dem Drittschuldner zugestellt werden. Nach der vorläufigen Einstellung der Zwangsvollstreckung darf der Drittschuldner nicht mehr an den Pfändungsgläubiger allein, sondern, solange der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss besteht, nur noch an den Gläubiger und den Vollstreckungsschuldner gemeinsam leisten oder zu beider Gunsten hinterlegen (BGH, WM 1999, 195 = InVo 1999, 118). Die Einstellung der Zwangsvollstreckung wirkt nur zu Lasten derjenigen Gläubiger, gegen die in den Fällen der Nr. 1 und 2 die Entscheidung ergangen ist oder die die Befriedigung oder Stundung gegen sich gelten lassen müssen. Andere Gläubiger können weiter – u. U. in denselben Gegenstand – die Zwangsvollstreckung betreiben. Umgekehrt wirkt die Einstellung auch nur zugunsten derjenigen Schuldner, die die Entscheidung nach Nr. 1 und 2 herbeigeführt oder die die Befriedigung nachgewiesen oder denen die Stundung bewilligt wurde. Eine Aufhebung einer Vollstreckungsmaßregel kommt allein in den in § 776 ZPO genannten Fällen in Betracht.
Rz. 19
Hinsichtlich einer eventuellen Fortsetzung der Zwangsvollstreckung ist im Gesetz nichts bestimmt. Bei einer Beschränkung der Zwangsvollstreckung, einer Einstellung nur für Teilbeträge, folgt die Fortsetzung bezüglich des Restes aus dem Titel selbst. Ist die Zwangsvollstreckung nach Nr. 1 bis 3 eingestellt, bedarf es für die Fortsetzung grundsätzlich einer Entscheidung. Diese setzt immer einen Antrag des Gläubigers voraus. In den Fällen der Nr. 1 und 2 muss die gerichtliche Entscheidung, auf der die Einstellung beruht, aufgehoben oder außer Kraft getreten sein. Der Gläubiger muss in diesen Fällen dem Vollstreckungsorgan diese neue gerichtliche Entscheidung vorlegen. Diese kann z. B. sein ein B...