Rz. 4
Die Bestimmung gilt grundsätzlich für jeden Erben, auch für den nach den §§ 2058 ff. BGB haftenden Miterben und für den Nacherben. Sie gilt auch für den Erbschaftskäufer mit der Einschränkung, dass auch der Erbschaftsverkäufer die Möglichkeit der Beschränkung der Haftung noch nicht verloren hatte (§ 2383 BGB). Voraussetzung für einen Vorbehalt ist, dass der Erbe als Prozesspartei wegen einer (reinen) Nachlassverbindlichkeit (§ 1967 BGB) in Anspruch genommen wird (BGH, NJW-RR 2020, 6; MünchKomm/ZPO-K. Schmidt/Brinkmann, § 780 Rn. 5). Denn die Vorschrift des § 780 ZPO soll sicherstellen, dass der Titel bereits regelt, ob sich der Erbe in der Zwangsvollstreckung auf die Beschränkung seiner Haftung (noch) berufen kann (BGH,NJW-RR 2020, 6).Handelt es sich dagegen (auch) um eine Eigenverbindlichkeit des Erben, kommt ein Vorbehalt einer beschränkten Erbenhaftung nach § 780 Abs. 1 ZPO nicht in Betracht (BGH, NJW 2013, 3446 = ZMR 2014, 221 = DNotZ 2014, 134 = FamRZ 2013, 245 m. Anm. von Kreuzer, MittBayNot 2014, 171; von Bonifacio, ZfIR 201, 814; von Herzog, ErbR 20132, 391; von Joachim, ZEV 2013, 612). Nach dem Erbfall fällig werdende oder durch Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft begründete Hausgeldschulden sind (jedenfalls auch) Eigenverbindlichkeiten des Erben, wenn ihm das Halten der Wohnung als ein Handeln bei der Verwaltung des Nachlasses zugerechnet werden kann. Hiervon ist in der Regel spätestens dann auszugehen, wenn er die Erbschaft angenommen hat oder die Ausschlagungsfrist abgelaufen ist und ihm faktisch die Möglichkeit zusteht, die Wohnung zu nutzen (BGH a. a. O.). Der nach Ausscheiden des Komplementärs aus einer zweigliedrigen Kommanditgesellschaft verbliebene Kommanditist kann sich entsprechend § 780 Abs. 1 ZPO darauf beschränken, im Erkenntnisverfahren lediglich den Ausspruch des Vorbehalts einer auf das angewachsene Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung geltend zu machen (OLG Frankfurt, MDR 2021, 1276). Wird der Erbe, gestützt auf § 27 HGB, in Anspruch genommen, findet § 780 ZPO keine Anwendung; über die Haftungsbeschränkung nach § 27 Abs. 2 HGB ist vielmehr im Erkenntnisverfahren zu entscheiden (vgl. OLG Koblenz, NJOZ 2019, 853).
Rz. 5
§ 780 ZPO gilt für jedes vollstreckbare Leistungsurteil (h. M. Stein/Jonas/Münzberg, § 780 Rn. 4 m. w. N.; a. A. OLG Bamberg, ZEV 1996, 463 m. Anm. Wolf). Nach dem OLG Bamberg muss der Vorbehalt (auch) im Rahmen einer Feststellungsklage dann geltend gemacht werden, wenn der genaue Umfang der Zahlungsverpflichtung erkennbar ist. Mit der Begründung von Wolf ist der Entscheidung im Ergebnis beizupflichten. Der Vorbehalt sollte deshalb bereits im Verfahren der Feststellungsklage vom Erben geltend gemacht werden. Bei ausländischen Urteilen ist ein Vorbehalt im Vollstreckungsurteil nach den §§ 722 ff. ZPO ausreichend und erforderlich. Die Bestimmung gilt auch im Verfahren nach § 731 ZPO sowie schließlich nach § 795 ZPO für alle die in § 794 ZPO genannten Titel, auch für einen Prozessvergleich. Dabei drückt die Bezeichnung einer Partei als Erbe in dem Protokoll über den Prozessvergleich grundsätzlich keinen Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung aus (BGH, NJW 1991, 2839). Ergeht ein Kostenfestsetzungsbeschluss gegen die Erben, während das zugrunde liegende Urteil noch gegen den vor dem Verkündungstermin verstorbenen Erblasser ergangen ist, so können die Erben den Einwand der beschränkten Erbenhaftung geltend machen (OLG Celle, NJW-RR 1988, 133). Ergeht gegen den Erben eine Kostengrundentscheidung, so kann er seine Haftung nur in den Fällen auf den Nachlass beschränken, in denen die Kostenentscheidung einen entsprechenden Vorbehalt vorsieht (MünchKomm/ZPO-K. Schmidt/Brinkmann, § 780 Rn. 21). Fehlt es an einem Vorbehalt, ist der Kläger im Kostenfestsetzungsverfahren mit der Haftungsbeschränkung präkludiert. Denn im Kostenfestsetzungsverfahren, in dem die Kostengrundentscheidung bindend ist, kann der Vorbehalt nicht mehr erfolgen (BAG, NJW 2014, 413 = ErbR 2014, 242). Bei der Vollstreckung verwaltungsgerichtlicher Titel gilt § 780 ZPO entsprechend (§ 167 VwGO). Im Vollstreckungsverfahren der Finanzbehörden und im Verwaltungszwangsverfahren gilt die Bestimmung nicht (§ 265 AO; § 5 VwVG).
Rz. 6
Der Erbe muss selbst Prozesspartei sein, denn nur wenn er selbst verklagt wird oder als Rechtsnachfolger in den Prozess eingetreten ist, kann er auch i. S. v. Abs. 1 als Schuldner verurteilt werden. Wird eine gegen den Erblasser begonnene Zwangsvollstreckung nach § 779 ZPO fortgesetzt oder der Titel auf den Erben umgeschrieben, scheidet eine Anwendung von Abs. 1 aus.