1 Grundsatz – Zweck
Rz. 1
In den §§ 781 bis 784 ZPO hat der Gesetzgeber verschiedene Einwendungen geregelt, die der Erbe (teilweise auch der Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter und -pfleger sowie der Erbschaftskäufer) in bestimmten Fällen erheben kann. Diese Einwendungen werden auch dann, wenn sie im Urteil vorbehalten sind (§ 305 Abs. 1 ZPO), vom Vollstreckungsorgan bei der Zwangsvollstreckung nicht berücksichtigt, sie müssen vielmehr von den Genannten geltend gemacht werden. Die Vorschrift des § 785 ZPO bestimmt nun, dass dies (einheitlich) durch Erhebung einer Klage nach § 767 ZPO zu erfolgen hat. Erst nach der Vorlage eines entsprechenden Urteils werden die Einwendungen umgesetzt (§ 775 Nr. 1, § 776 ZPO); der Gerichtsvollzieher hat allerdings § 53 GVGA zu beachten. Diese Bestimmung ordnet an: Sind Erben unter Vorbehalt der Beschränkung ihrer Haftung verurteilt, so kann der Schuldtitel ohne Rücksicht auf diese Beschränkung vollstreckt werden. Widerspricht der Schuldner der Pfändung unter Berufung auf den Vorbehalt der Beschränkung seiner Haftung, so führt der Gerichtsvollzieher die Pfändung ohne Rücksicht auf diesen Widerspruch durch und verweist den Schuldner mit seinen Einwendungen nach §§ 785 und 767 ZPO an das Gericht. Damit ist auch die Möglichkeit der einstweiligen Anordnung eröffnet (§§ 769, 770 ZPO). Die Haftungsbeschränkung auf den Nachlass wird im Vollstreckungsverfahren eben nicht von Amts wegen berücksichtigt, sondern muss mit der Klage nach den §§ 785, 767 ZPO geltend gemacht werden. Diese Klage, mit der der Erbe geltend macht, nur der Nachlass als Sondervermögen hafte für die titulierte Forderung, kann er grundsätzlich erheben, sobald der Titel vorliegt oder auch (erst), wenn der Gläubiger (in das Privatvermögen) vollstreckt (BGH, NJW 2021, 701).
2 Anwendungsbereich
Rz. 2
Hauptsächlich, aber nicht ausschließlich, dient die Vorschrift der Geltendmachung der beschränkten Erbenhaftung. Im Falle des § 782 ZPO dient sie der Geltendmachung der dort behandelten aufschiebenden Einreden, und in den Fällen von § 783, § 784 Abs. 2 ZPO richtet sich die Klage gegen die Eigengläubiger des Erben, die kein Vorbehaltsurteil erwirken können (MünchKomm/ZPO-K. Schmidt/Brinkmann, § 785 Rn. 2). Bei einer Zwangsvollstreckung auf der Grundlage von § 66 Abs. 4 SGB X sind unter anderem grundsätzlich statthaft: Vollstreckungsabwehrklage; Klage nach §§ 785, 780, 767 ZPO (Bayrisches LSG, Beschluss v. 30.12.2019, L 9 U 109/18 B PKH, juris). Übernimmt der Kommanditist das Vermögen des Rechtsvorgängers erst, nachdem der Titel bereits rechtskräftig geworden ist, hat er wie der Erbe nach § 785 ZPO die Möglichkeit, die Einwendung der beschränkten Haftung nach §§ 767, 769, 770 ZPO geltend zu machen (BAG, NJW 2019, 1242).
Rz. 3
Im Einzelnen gilt die Vorschrift für die folgenden Einwendungen:
- die Beschränkung der Erbenhaftung nach den §§ 1973 f., 1975, 1989 f., 1992 BGB (§ 781 ZPO);
- die einstweiligen Einreden des Erben (auch Nachlassverwalter, Nachlasspfleger und Testamentsvollstrecker) gegen die Nachlassgläubiger nach den §§ 2014, 2015 BGB (§ 782 ZPO);
- die vorläufigen Einreden des Erben gegen die persönlichen Gläubiger nach §§ 2014, 2015 BGB (§ 783 ZPO) und
- die Aufhebung von Vollstreckungsmaßnahmen im Falle der Anordnung von Nachlassverwaltung und der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens (sowie des Nachlassvergleichs, der Dürftigkeits- und Erschöpfungseinrede der §§ 1990, 1992, 1973, 1974 BGB – § 784 ZPO).
Rz. 4
Trotz der einheitlichen Verweisung auf die Vollstreckungsabwehrklage hat die Klage nach § 785 ZPO, die nach h. M. ebenfalls eine prozessuale Gestaltungsklage ist (MünchKomm/ZPO-K. Schmidt/Brinkmann, § 785 Rn. 6), unterschiedliche Klageziele, je nachdem, welche Einwendung oder Einrede geltend gemacht werden soll. Zuständig zur Entscheidung ist das Prozessgericht des ersten Rechtszugs. Insbesondere bei der Formulierung des Klageantrags ist hier sorgfältig zu unterscheiden. Der Wechsel von einem zu einem anderen Antrag ist im Regelfall eine Klageänderung, und wenn mehrere Anträge zugleich geltend gemacht werden, liegt eine objektive Klagehäufung (§ 260 ZPO) vor.
3 Die haftungsbeschränkende Klage
Rz. 5
Mit ihr wird geltend gemacht, dass nur der Nachlass als Sondervermögen für die geltend gemachte Forderung aus dem vorhandenen Titel haftet. Abweichend davon wird im Fall des § 782 ZPO geltend gemacht, dass der Titel einstweilen nur zur Sicherstellung des Gläubigers und nicht zur Verwertung berechtigen soll. Die Klage betrifft den Titel insgesamt, nicht lediglich eine bestimmte Maßnahme der Zwangsvollstreckung.
Rz. 6
Kläger ist der Erbe (bzw. der Testamentsvollstrecker oder Erbschaftskäufer). Beklagter ist der Gläubiger. Der Antrag lautet in diesen Fällen: "Die Zwangsvollstreckung aus dem (Bezeichnung des Titels) in das nicht zum Nachlass gehörende Vermögen des Klägers wird für unzulässig erklärt" (Schuschke/Walker, § 785 Rn. 2).
Rz. 7
Die Klage ist zulässig, wenn der Titel nach § 727 ZPO auf den Erben umgeschrieben wurde oder der Erbe verurteilt, ihm aber die beschränkte Erbenhaftung vorbehal...