Rz. 28
Fordert der prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt des Gläubigers, nachdem dieser ihn mit der Durchführung der Zwangsvollstreckung beauftragt hatte, den Schuldner unter Androhung der Zwangsvollstreckung zur freiwilligen Leistung auf, so entsteht hierdurch die (allgemeine) Vollstreckungsgebühr nach Nr. 3309 VV RVG (noch zu § 57 BRAGO: OLG Koblenz, MDR 1985, 943; OLG Frankfurt/Main, VersR 1983, 564). Die durch eine Zahlungsaufforderung mit Vollstreckungsandrohung ausgelöste Vollstreckungsgebühr ist dann gemäß § 788 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. § 91 ZPO erstattungsfähig, wenn der Gläubiger im Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels, auch eines Prozessvergleichs, ist, die Fälligkeit der titulierten Forderung eingetreten ist und dem Schuldner eine angemessene Frist zur freiwilligen Erfüllung der Forderung eingeräumt war (LG Saarbrücken, JurBüro 2019, 154; NJW-RR 2010, 491). Die Zustellung einer vollstreckbaren Ausfertigung ist nicht notwendig (BGH, DGVZ 2004, 24 = FamRZ 2004, 101; NJW-RR 2003, 1581; AG Esslingen, AGS 2010, 360; a. A. OLG München, MDR 1989, 652; OLG Bremen, JurBüro 1984, 298). Die Gebühr ist auch dann zu erstatten, wenn der Schuldner der Aufforderung umgehend nachkommt, so dass sich eine weitere Zwangsvollstreckung erübrigt. Die Kosten einer Zahlungsaufforderung an die verurteilte Haftpflichtversicherung drei Wochen nach Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses sind in der Regel notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung und zu erstatten (OLG Nürnberg, NJW-RR 1993, 1534). Erfolgt die Zahlungsaufforderung allerdings verfrüht, ist eine Erstattung der Kosten ausgeschlossen, es sei denn, die nachfolgende Entwicklung ergibt, dass die Vollstreckungsmaßnahme zu einem späteren Zeitpunkt als notwendig anzuerkennen gewesen wäre (SchlHOLG, JurBüro 1999, 609). Bleibt die unter Androhung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgte Zahlungsaufforderung des vom Gläubiger beauftragten Anwalts jedoch ohne Erfolg, so bilden der anschließend erteilte Vollstreckungsauftrag und das vorangegangene Aufforderungsschreiben eine Angelegenheit, so dass eine Verfahrensgebühr nach §§ 2, 13 RVG i. V. m. Nr. 3309 RVG-VV auch nur einmal anfällt (LG München, Beschluss v. 19.12.2007 – 6 T 5058/07, AG Münster, DGVZ 2006, 31).
Auch dann, wenn nacheinander eine Zwangsvollstreckung im Geschäftslokal des Schuldners und sodann in dessen Wohnung beauftragt wird, liegt gebührenrechtlich nur eine Angelegenheit vor (AG Lünen, DGVZ 2010, 219 im Anschluss an BGH, JurBüro 2005, 139).
Rz. 29
(Auch) der Notar kann sich für die Erteilung des Vollstreckungsauftrags wegen seiner Kosten eines Rechtsanwalts bedienen und die hierdurch entstehenden Anwaltskosten als notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung von dem Schuldner verlangen (AG Essen, DGVZ 1993, 77; a. A. AG Erkelenz, DGVZ 1993, 77). Beauftragt der Notar wegen seiner Beurkundungsgebühren einen Anwalt damit, die Zwangsvollstreckung zu betreiben, so hat der Schuldner die hierdurch entstehenden Anwaltskosten nicht zu erstatten (OLG Saarbrücken, DGVZ 1989, 91; LG Ingolstadt, DGVZ 2001, 45). Jedenfalls in einem außerordentlich komplexen Zwangsversteigerungsverfahren ist auch für eine Bank die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Die dafür entstehenden Rechtsanwaltskosten sind von dem Schuldner zu tragen (LG Duisburg, Rpfleger 2008, 274).