Rz. 15
Bei einem Vollstreckungsbescheid handelt es sich um kein Endurteil. Vielmehr wird dieser ohne jede richterliche Prüfung gemäß § 699 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf der Grundlage des vorausgehenden Mahnbescheids erlassen. Außerdem wird er in § 794 Abs. 1 Nr. 4 ZPO als weiterer Vollstreckungstitel aufgezählt. § 794 ZPO, wonach die Vollstreckung "ferner" aus den aufgezählten Titeln stattfindet, ergänzt die Regelung in § 704 ZPO und zeigt im Umkehrschluss, dass nach der Konzeption der Zivilprozessordnung keine Identität zwischen einem Endurteil und den dort aufgeführten Titeln besteht (VG Gelsenkirchen, Urteil v. 10.11.2021, 1 K 426/20, juris). Der Vollstreckungsbescheid wird im Mahnverfahren (§§ 688 ff. ZPO) vom Rechtspfleger erlassen (§ 20 Nr. 1 RPflG) und steht einem vorläufig vollstreckbaren Versäumnisurteil gleich (§ 700 Abs. 1 ZPO). Die Vollstreckbarkeit wird nicht durch Einlegung des Einspruchs beendet, sondern erst durch Aufhebung des Vollstreckungsbescheids im Einspruchsverfahren. Bis zu diesem Zeitpunkt kommt die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid in Betracht (§§ 719, 707 ZPO). Wird der Vollstreckungsbescheid im Einspruchsverfahren durch Urteil aufrechterhalten, bleibt er gleichwohl einziger Vollstreckungstitel, denn das aufrechterhaltende Urteil hat keinen vollstreckungsfähigen Inhalt (im Hinblick auf die Forderung aus dem Vollstreckungsbescheid selbst; LG Koblenz, NJW-RR 1998, 1026).
Zu beachten ist, dass er im Regelfall keiner Vollstreckungsklausel bedarf (§ 796 Abs. 1 ZPO). Die Bezeichnung einer aus mehreren Einzelforderungen zusammengesetzten Teilforderung "Mahnbescheidsantrag mit Forderung in Höhe von ... gemäß Schreiben vom ..." ist nicht i. S. v. § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hinreichend bestimmt, wenn das Schreiben dem Antrag nicht als Anlage beigefügt war und der Antragsgegner seinen Zugang bestreitet. Der Antragsgegner kann in diesem Fall die fehlende Bestimmtheit des Vollstreckungsbescheids als Vollstreckungstitel mit der Vollstreckungserinnerung gem. § 766 ZPO geltend machen; auf die Erinnerung ist die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid für unzulässig zu erklären (LG Traunstein, Rpfleger 2004, 366). Bei Verlust des Vollstreckungsbescheids ist die Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung möglich (§ 733 ZPO). Ein durch Vollstreckungsbescheid i. S. v. § 699 ZPO zivilrechtlich vollstreckbarer Anspruch auf Schmerzensgeld stellt keinen "durch ein rechtskräftiges Endurteil eines deutschen Gerichts festgestellten Anspruch" i. S. v. § 78a Abs. 1 Satz 1 BBG dar (VG Karlsruhe, Urteil v. 13.7.2021, 12 K 5170/20, juris). Ein rechtskräftig festgestellter Anspruch auf Schmerzensgeld i. S. d. Art. 97 Abs. 1 Satz 1 BayBG kann sich auch aus einem Vollstreckungsbescheid (§ 699 ZPO) ergeben (Bayerischer VGH, RiA 2021, 237: Fortführung der Rechtsprechung des Senats, BayVGH, Urteil v. 16.12.2020, 3 B 20.1553 und Urteil v. 26.2.2021, 3 BV 20.1258, jeweils juris).