1 Normzweck (Satz 1)
Rz. 1
Die Vorschriften der §§ 704 bis 793 ZPO gehen vom Urteil als "dem" Zwangsvollstreckungstitel aus. Deshalb dehnt § 795 Satz 1 ZPO die Anwendbarkeit dieser Vorschriften auf andere Schuldtitel (§ 794 ZPO) aus. Die Bestimmung ist durch das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften in Satz 1 um einen Verweis auf die in Buch 11 verankerten Durchführungsvorschriften zu den in § 794 Abs. 1 Nr. 6-9 ZPO genannten EU-Verordnungen ergänzt worden. Soweit diese Sonderregelungen enthalten, finden die allgemeinen Vollstreckungsvorschriften keine Anwendung. Dies betrifft insbesondere den Wegfall der Vollstreckungsklausel für die in § 794 Abs. 1 Nr. 6-9 ZPO genannten ausländischen Titel (§§ 1082, 1093, 1107 und 1112 ZPO). Die Verweisung lässt – was auf der Hand liegt – eine Reihe von Fragen offen. Das gilt insbesondere hinsichtlich der Behandlung des Prozessvergleichs, der auch durch die Verweisung auf die §§ 795a bis 800 ZPO nicht eigens erfasst wird. Die Besonderheiten sind jeweils bei den entsprechenden Titeln angesprochen und bedürfen an dieser Stelle keiner vertiefenden Erörterung. Sondervorschriften, die zum Teil auch vom Normalfall abweichende Zuständigkeitsregeln enthalten, gibt es für Kostenfestsetzungsbeschlüsse (§§ 795a, 798; § 795 Satz 2 i. V. m. § 720a ZPO); Gütestellenvergleiche (§ 797a ZPO); Vollstreckungsbescheide (§ 796 ZPO); Schiedssprüche, vollstreckbare Anwaltsvergleiche (§§ 796a, 796c, 798 ZPO), Europäische Zahlungsbefehle (§§ 1093-1096 ZPO) sowie vollstreckbare Urkunden (§§ 797, 800 ZPO).
2 Vollstreckungsrechtliche Beschränkungen (Satz 2)
Rz. 2
Die Bedeutung des Satzes 2 liegt darin, dass er auch für die angeführten Schuldtitel die Sicherungsvollstreckung (§ 720a ZPO) ermöglicht: Ist das Urteil, dessen Kostenentscheidung die Grundlage eines Kostenfestsetzungsbeschlusses ist, nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar (§ 709 Satz 1 ZPO) oder ist aus ihm nur die Sicherungsvollstreckung zulässig (§ 712 Abs. 1 Satz 2, 2. Alternative ZPO), so ist auch der entsprechende Kostenfestsetzungsbeschluss nur mit dieser Einschränkung vollstreckbar. Da bei einem Urteil unter den Voraussetzungen des § 720a ZPO schon vor Erbringung der Sicherheitsleistung die Sicherungszwangsvollstreckung betrieben werden kann, soll dies auch aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss möglich sein. Bei einem Kostenfestsetzungsbeschluss i. S. v. § 794 Abs. 1 Nr. 2 sind außerdem die §§ 795a, 798 ZPO zu beachten.
3 Klarstellung in Bezug auf unmittelbar geltendes EU-Recht (Satz 3)
Rz. 3
Satz 3 ist durch das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 08. Juli 2014 (BGBl. I S. 890) mit Wirkung vom 10. Januar 2015 eingeführt worden. Damit wird nunmehr klargestellt, dass bei der Vollstreckung der in § 794 Abs. 1 Nr. 6 bis 9 ZPO genannten Titel vorrangig die unmittelbar geltenden Vorschriften der dort genannten EU-Verordnungen zu beachten sind (Zöller/Geimer, ZPO, § 795 Rn. 2). Die in § 795 Satz 1 ZPO genannten Regelungen der Zivilprozessordnung finden demnach nur vorbehaltlich der Bestimmungen des europäischen Sekundärrechts Anwendung (Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 805/2004, Artikel 21 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006, Artikel 21 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 und Artikel 41 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012). Der bisher in § 795 Satz 3 ZPO enthaltene Verweis auf die Durchführungsvorschriften zu den in § 794 Nr. 6 ZPO genannten Europäischen Zahlungsbefehlen wurde in § 795 Satz 1 ZPO integriert. Aus ausländischen Titeln nach EU-Verordnungen (§ 795 Satz 3 i. V. m. § 794 Abs. 1 Nr. 6-9 ZPO) darf ohne Vollstreckungsklausel vollstreckt werden. Es handelt sich dabei um (vgl. Musielak/Voit/Lackmann, § 795 Rn. 2):