Rz. 6
Da die Voraussetzungen für den Erlass des Haftbefehls bereits mit dem Nichterscheinen des Schuldners im Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft erfüllt sind, hat der Gerichtsvollzieher, nachdem er die Voraussetzungen der Haftanordnung geprüft hat (Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung bzw. des Auskunftsverfahrens), den Antrag auf Erlass des Haftbefehls zusammen mit seiner Sonderakte ohne Verzögerung zusammen mit seiner Sonderakte an das zuständige Vollstreckungsgericht weiterzuleiten (§ 4 Abs. 2 Satz 2 RpflG, § 143 Abs. 1 GVGA, § 802g Abs. 1 Satz 2 ZPO; vgl. LG Leipzig, DGVZ 2014, 131; LG Heilbronn, JurBüro 2015, 209).Das Vollstreckungsgericht (Richter; vgl. RZ 12) prüft sodann das Vorliegen der allgemeinen Verfahrens- und Vollstreckungsvoraussetzungen sowie die in § 802g Abs. 1 ZPO genannten Haftvoraussetzungen und erlässt dann ggf. einen Erzwingungshaftbefehl (LG Leipzig DGVZ 2014, 131).
Rz. 7
Erscheint der Schuldner im Termin nicht, so hat der Gerichtsvollzieher zunächst zu prüfen, ob der Schuldner zum Termin ordnungsgemäß mittels Zustellungsurkunde (LG Karlsruhe, DGVZ 2000, 89; AG Karlsruhe-Durlach, DGVZ 2000, 62; Ersatzzustellung ist ausreichend: LG Berlin, Rpfleger 1997, 120) geladen worden ist (§ 185j GVGA). Es genügt nicht, dass dem Schuldner der Termin anlässlich eines erfolglosen Vollstreckungsversuchs vom Gerichtsvollzieher mündlich mitgeteilt worden ist. Handelt es sich bei dem Schuldner um eine juristische Person, so setzt der Erlass eines Haftbefehls gegen ihren gesetzlichen Vertreter voraus, dass dieser persönlich zum Termin zur Vermögensauskunft geladen worden ist. Die – fruchtlose – Ladung eines früheren gesetzlichen Vertreters macht diese Ladung nicht entbehrlich (KG Berlin, InVo 1996, 162). Befindet sich die Wohnung des Schuldners an einer anderen Anschrift als sein Geschäftslokal, so ist eine Zustellung (der Ladung zum Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft) unter der Anschrift des Geschäftslokals unwirksam (vgl. BGH, NJW 1976, 149). Ein auf die wirksame Zustellung der Terminsladung gestützter Haftbefehl ist daher aufzuheben (LG Aschaffenburg, DGVZ 1992, 13). Der Gerichtsvollzieher hat entgegen § 143 GVGA sodann den Antrag auf Erlass des Haftbefehls unmittelbar nach dem versäumten Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft mit seiner Sonderakte an das Vollstreckungsgericht weiterzuleiten (LG Leipzig DGVZ 2014, 131) und nicht erst den Ablauf der zweiwöchigen Widerspruchsfrist nach § 882d Abs. 1 Satz 1 ZPO abzuwarten bzw. erst nach Vollzug der Eintragungsanordnung nach § 882c Abs. 1 Nr. 1 ZPO (LG Heilbronn JurBüro 2015, 209). Dieses Widerspruchsverfahren betrifft nämlich allein nur das Vollstreckungsverfahren und gerade nicht das Erzwingungshaftbefehlsverfahren. Beide Verfahren laufen somit parallel zueinander.
Rz. 8
Ist dem Gerichtsvollzieher ein – hinreichend zu prüfender (AG Neuruppin, DGVZ 2005, 43) – Entschuldigungsgrund bekannt, so beraumt er einen neuen Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft an und lädt den Schuldner erneut. Hat der Schuldner unverschuldet (vgl. § 337; z. B. Erkrankung; OLG Jena, Rpfleger 1997, 446 bzw. unabwendbarer Zufall; Zöller/Stöber, § 901 Rn. 4) den Termin versäumt und erlässt das Gericht in Unkenntnis des Entschuldigungsgrunds einen Haftbefehl, hat der Schuldner auch dann noch ein Rechtsschutzbedürfnis für seine Beschwerde gegen den Haftbefehl, wenn die Abgabe der Vermögensauskunft inzwischen erzwungen und er in die Schuldnerkartei eingetragen wurde (LG Nürnberg-Fürth, DGVZ 2006, 74). Das Ausbleiben des Schuldners im Termin ist jedenfalls dann ausreichend entschuldigt, wenn für den (hier wg. Auslandsaufenthalts) auch längere Zeit vorhersehbar ortsabwesenden Schuldner keine konkreten Anhaltspunkte für die Einleitung des Verfahrens bestanden, und er wg. seiner Ortsabwesenheit keine rechtzeitige Kenntnis von der Ladung zum Termin erlangt hat. Der in Unkenntnis dieses Sachverhalts erlassene Haftbefehl ist grds. nicht nur außer Vollzug zu setzen, sondern aufzuheben (KG Berlin, OLGZ 1993, 358).
Rz. 9
Ist der Schuldner auf die Vorladung des Gerichtsvollziehers freiwillig erschienen, darf der Gerichtsvollzieher von dem Haftbefehl nur dann Gebrauch machen, wenn der Schuldner wieder geht und keine Bereitschaft zeigt, die Vermögensauskunft abzugeben. Der Gerichtsvollzieher muss je nach Verfahrenssituation und Willig- oder Unwilligkeit des Schuldners die Frage der Verhaftung im Einzelfall klären (AG Hildesheim, DGVZ 2005, 30; AG Bremen-Blumenthal, Beschluss v. 24.3.2004, 22 M 99/04 – Juris). Differenzierter betrachtet dies das LG Ellwangen (DGVZ 2015, 230; im Ergebnis ebenso AG Augsburg, DGVZ 2003, 191), das nur dann eine Unzulässigkeit der Verhaftung annimmt, wenn der Schuldner vor seiner Verhaftung bereits freiwillig zur Abgabe der Vermögensauskunft bereit war.
Rz. 10
Ein schon in Haft befindlicher Schuldner kann nicht verhaftet werden. Der Gläubiger kann aber den Gerichtsvollzieher beauftragen, sofort im Anschluss an die Beendigung der Untersuchungs- oder Strafhaft...