Rz. 12
Zuständig für den Erlass des Haftbefehls ist der Richter des nach § 899 ZPO zuständigen AG als Vollstreckungsgericht (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 RPflG; Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG), nicht der Rechtspfleger (BGH, NJW 2008, 3504= MDR 2009, 227 = WM 2009, 115 = KKZ 2010, 155 = BGHReport 2009, 149; LG Detmold, DGVZ 1994, 173). Dieser hat sämtliche Voraussetzungen für die Anordnung der Erzwingungshaft und damit auch das Bestehen der Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft und das Vorliegen eines Haftgrunds zu überprüfen (BGH NJW 2008, 3504= MDR 2009, 227 = WM 2009, 115; OLG Köln Rpfleger 2000, 461; LG Hamburg Rpfleger 1997,173; LG Dresden, Rpfleger 1999, 501; LG Potsdam, Rpfleger 2000, 558; LG Stendal, DGVZ 2003, 188; LG Köln, MDR 2004, 355; a. A. LG Kassel, DGVZ 1996, 27; LG Detmold, Rpfleger 2001, 507).
Das Vollstreckungsgericht prüft daher das Vorliegen der allgemeinen Verfahrens- und Vollstreckungsvoraussetzungen sowie der in Satz 1 aufgeführten Haftvoraussetzungen nämlich:
- Unentschuldigtes Fernbleiben oder
- Verweigerung des Vermögensauskunft gem. § 802c ZPO – wohl auch im Fall des § 807 Abs. 1 (vgl. RZ. 4) ohne Grund.
Dabei prüft es von Amts wegen, ob die Voraussetzungen für die Abgabeverpflichtung der Vermögensauskunft im Termin vorgelegen haben.
Rz. 13
Ein späterer Wohnsitzwechsel lässt die einmal begründete Zuständigkeit nicht entfallen (LG Köln, Rpfleger 1999, 459). Diese Regelung ist bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung so zu verstehen, dass das AG das Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen für die Anordnung der Erzwingungshaft und damit auch das Bestehen der Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und das Vorliegen eines Haftgrundes zu überprüfen hat. Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat der Richter zu entscheiden. Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG regelt zwar nicht, unter welchen Voraussetzungen der Richter eine Freiheitsentziehung anordnen darf. Maßgeblich sind insoweit die einfachgesetzlichen Bestimmungen, die gemäß Art. 104 Abs. 2 Satz 4 GG das Nähere regeln. Das sind die §§ 284 AO, 802g ZPO. Aus dem Sinn und Zweck des Richtervorbehalts folgt, dass die Einschaltung und die Entscheidung des Richters nicht nur eine Formsache sein, sondern gewährleisten soll, dass der unabhängige und neutrale Richter selbst umfassend prüft und entscheidet, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Freiheitsentziehung gegeben sind (vgl. zu Art. 13 Abs. 2 GG BVerfGE 57, 346, 355 f.= NJW 1981, 2111; BGH NJW 2008, 3504 = MDR 2009, 227 = WM 2009, 115).
Rz. 14
Der Erlass des Haftbefehls setzt nicht die Haftfähigkeit des Schuldners voraus. Diese steht letztlich nur der Vollstreckung des Haftbefehls entgegen (OLG Karlsruhe, Rpfleger 1999, 284; OLG Thüringen, Rpfleger 1997, 446; AG München, MDR 1993, 471; vgl. auch § 802h ZPO).
Mit Erlass des Haftbefehls ist das Verfahren des Gerichtsvollziehers über den Gläubigerauftrag zur Abgabe der Vermögensauskunft abgeschlossen, mit der Folge, dass der Gerichtsvollzieher den Schuldner nicht wieder zu einem Auskunftstermin laden kann (LG Ellwangen, DGVZ 2015, 23 m. w. N.). Der erneute Antrag des Gläubigers auf Einholung einer Vermögensauskunft ist erst dann wieder zulässig, wenn die Vollziehung des Haftbefehls wegen Zeitablaufs nach § 802h ZPO nicht mehr möglich ist (vgl. Zöller/Stöber, a. a. O., § 802 g Rn. 13, m. w. N.). Gemäß § 802h Abs. 1 ZPO ist die Vollziehung des Haftbefehls unstatthaft, wenn seit dem Tag, an dem der Haftbefehl erlassen wurde, zwei Jahre vergangen sind. Abzustellen ist insoweit auf den Tag der Unterzeichnung des Haftbefehls (LG Ellwangen, DGVZ 2015, 23; Zöller/Stöber, ZPO, 31. Auflage, § 802h Rn. 2).
Rz. 14a
Für die Vollstreckung des Haftbefehls in der Wohnung des Schuldners zur Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen ist eine besondere Anordnung des Amtsrichters gem. § 758a ZPO erforderlich (LG Verden DGVZ 2015, 169; BGH, NJW-RR 2005, 146= WM 2004, 1884; LG Koblenz, DGVZ 2000, 170; LG Regensburg, DGVZ 1999, 173; a. A. AG Nürtingen, NJW-RR 2003, 1146; AG Heidelberg, DGVZ 1999, 126; AG Mannheim, DGVZ 1999, 142; AG Heinsberg, DGVZ 1999, 188; AG Leipzig, DGVZ 2000, 190). Dies ergibt sich einerseits aus dem Wortlaut des § 758a ZPO, aus dessen Gesetzessystematik, als auch aus dem Sinn und Zweck der Norm (BGH, NJW-RR 2005, 146= WM 2004, 1884).
Eine Vollmacht ist ggf. vorzulegen (LG Nürnberg-Fürth, Rpfleger 2002, 632). Wird beim Amtsgericht nach § 284 Abs. 8 Satz 2 AO die Anordnung der Haft zur Erzwingung der Vermögensauskunft beantragt, hat der Richter sämtliche Voraussetzungen für die Anordnung der Erzwingungshaft und damit auch das Bestehen der Verpflichtung zur Vermögensauskunft und das Vorliegen eines Haftgrundes zu überprüfen (BGH, NJW 2008, 3504 = BGHReport 2009, 149; OLG Köln, Rpfleger 2000, 461; LG Hamburg, Rpfleger 1997,173; LG Dresden, Rpfleger 1999, 501; LG Potsdam, Rpfleger 2000, 558; LG Stendal DGVZ 2003, 188; LG Köln, MDR 2004, 355; a. A. LG Kassel, 16. 11.1995, 3 T 767/95, DGVZ 1996, 27 und LG Detmold, 12.4.2001...