1 Haftdauer (Abs. 1)
Rz. 1
Abs. 1 beschränkt die Ausübung des Beugezwangs auf sechs Monate (BT-Drucks. 10069/29; Fristbeginn: Verhaftung § 802g Abs. 2 ZPO). Die Beugehaft stellt einen schwerwiegenden Eingriff in das besonders gewichtige Recht auf die Freiheit der Person dar (BVerfG, UPR 2010, 27 = NuR 2010, 116). Die Frist ist von Amts wegen (Abs. 1 Satz 2) durch den Leiter der Vollzugsanstalt zu beachten (Zöller/Seibel, § 802j Rn. 1).
Rz. 2
Nach allgemeiner Auffassung bezieht sich die Regelung nur auf die Haftverbüßung aufgrund desselben Haftbefehls. Bei einer Mehrheit von Haftbefehlen, kommt dagegen wegen eines jeden von ihnen die Haft von sechs Monaten in Betracht (vgl. Paul, Rpfleger 2013, 250). Diese läuft auch selbst dann nicht für mehrere Gläubiger gleichzeitig ab, wenn der Schuldner gleichzeitig für mehrere Gläubiger verhaftet worden ist (KG, DGVZ 2000, 59; OLG Celle, InVo 2000, 29; a. A. LG Lüneburg, DGVZ 1999, 43). Bei Anordnung mehrerer persönlicher Arreste sind diese nacheinander zu verbüßen, so dass die Frist von sechs Monaten insgesamt überschritten werden kann (KG, DGVZ 2000, 59).
2 Hafterneuerung (Abs. 2)
Rz. 3
Abs. 2 beschränkt die Möglichkeit der Hafterneuerung (BT-Drucks.10069/29).
2.1 Normzweck
Rz. 4
Die Regelung will verhindern, dass der Gläubiger ohne Zutun des Schuldners die Haft als Druckmittel missbraucht. Gibt daher der Schuldner die eidesstattliche Versicherung ab, wirkt dies für die gesamte titulierte Forderung, sodass eine Verhaftung oder eine Fortsetzung der Haft nicht stattfindet (OLG Schleswig, Beschluss v. 4.3.1976, 1 W 13/76 1133 - Juris).
2.2 Anwendungsbereich
Rz. 5
Die Vorschrift ist nicht anwendbar, wenn der Schuldner nach erfolgter Vorführung ohne Abgabe der Vermögensauskunft aus der Haft entlassen wird, weil er der deutschen Sprache nicht mächtig ist und auch kein Dolmetscher zur Verfügung steht. Hierdurch wird der Haftbefehl nicht verbraucht und die erneute Verhaftung zulässig (AG Kirchheim, DGVZ 1983, 63). Ebenso scheidet eine Anwendbarkeit aus, wenn der Schuldner von Amts wegen entlassen wird (LG Freiburg, MDR 1981, 151).
Rz. 6
Ein Zutun des Schuldners liegt vor bei einem Entlassungsantrag des Gläubigers, weil der Schuldner Ratenzahlung verspricht (AG Düsseldorf, MDR 1956, 494). Wegen eines anderen Haftbefehls desselben Gläubiger kann jedoch die Verhaftung erfolgen. Dies deshalb, weil sich die Norm nur auf das betriebene Verfahren und nicht auf die Person des Schuldners bezieht.
3 Schutz vor erneuter Haft (Abs. 3)
Rz. 7
Abs. 3 schützt den Schuldner nach Entlassung aus der Erzwingungshaft vor einer Haftanordnung in einem anderen Verfahren desselben Gläubigers oder eines anderen Gläubigers. Der Schutz des Schuldners ist jedoch in Angleichung an die Sperrfrist des § 802d Abs. 1 Satz 1 ZPO auf zwei Jahre nach Haftbeendigung beschränkt. Der Schutz entfällt, wenn die Voraussetzungen zur erneuten Abgabe der Vermögensauskunft gemäß § 802d Abs. 1 Satz 1 ZPO vorliegen (BT-Drucks. 10069/29).
Rz. 8
Nach Ableisten der Haftdauer von sechs Monaten (Abs. 1) kann eine Vermögensauskunft durch weitere Haft nicht erzwungen werden. Der Erlass eines entsprechenden Haftbefehls ist daher unzulässig. Zulässig ist allerdings eine weitere Ladung zum erneuten Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft.
Rz. 9
Hat der Schuldner nach der Vollstreckung der Haft die Vermögensauskunft abgegeben, ist diese aber unvollständig, soll dies nach h. M. zu § 914 ZPO a. F. einer weiteren Haft zur Erzwingung einer Ergänzung nicht entgegenstehen. Das erscheint nicht unzweifelhaft, da damit derjenige Schuldner benachteiligt wird, der zumindest einen Teil seines Vermögens offenbart hat. Dagegen muss über den Wortlaut des § 914 ZPO a. F. hinaus die Anordnung nach Vollstreckung der Haft auch darauf gestützt werden können, dass der Schuldner während der Haft neues Vermögen erworben hat; andernfalls wäre bspw. bei einer während der Haft anfallenden Erbschaft der Gläubiger für die Zeit von nunmehr zwei Jahren außerstande, die Offenlegung zu erzwingen (vgl. Musielak/Voit, § 914 Rn. 2).
Rz. 10
Die Norm ist auch bei demselben Gläubiger aufgrund eines anderen Titels anzuwenden. Bei der Glaubhaftmachung des Erwerbs neuen Vermögens bzw. der Auflösung eines bisher bestehenden Arbeitsverhältnisses gelten die gleichen Grundsätze wie bei § 802d ZPO (vgl. § 802d Rz. 7 ff.). Die Schonfrist endet nach zwei Jahren seit Beendigung der Haft (Abs. 2).
4 Rechtsbehelfe
Rz. 11
Bei einem Verstoß gegen Abs. 1 kann der Schuldner Erinnerung gem. § 766 ZPO einlegen; gegen die richterliche Entscheidung ist sofortige Beschwerde (§ 793 ZPO) zulässig; bei Hafterneuerung mit nochmaliger Verhaftung ist Erinnerung (§ 766 ZPO) gegeben, dagegen: sofortige Beschwerde (§ 793 ZPO); bei Erlass eines – neuen – Haftbefehls vgl. § 802g Rz. 18 ff.