Rz. 9
Nummer 1 ermöglicht eine Abfrage mit dem Ziel der Ermittlung des Arbeitgebers bzw. Rentenversicherungsträgers, bzw. berufsständische Versorgungseinrichtung des Schuldners, um gegebenenfalls dort eine Lohnpfändung ausbringen zu können. Der Gerichtsvollzieher darf hiernach bei jedem Genannten, (BT-Drucks. 16/13432 S. 44 re. Sp.)
- wenn es sich bei dem Arbeitgeber um eine natürliche Person handelt den Namen und die Vornamen oder
- wenn es sich bei dem Arbeitgeber um eine Personengesellschaft oder eine juristischen Person handelt, die Firma (§ 17 HGB) erheben.
Bei einer berufsständischen Versorgungseinrichtung (z. B. bei Ärzten, Apothekern, Notaren, Rechtsanwälten, Architekten, Steuerberatern) ist das Auskunftsverlangen nur zulässig, wenn der Gläubiger die berufsständische Versorgungseinrichtung bezeichnet und tatsächliche Anhaltspunkte nennt, die nahelegen, dass der Schuldner Mitglied dieser berufsständischen Versorgungseinrichtung ist (Abs. 1 Satz 3). Bei diesem Personenkreis würde eine Anfrage bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung möglicherweise ergebnislos verlaufen. Diese Abfragemöglichkeit verbessert daher die Möglichkeiten der Informationsbeschaffung für den Gläubiger, schließt jedoch eine Anfrage bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung nicht aus. Vielmehr sind Fälle denkbar, in denen der Gläubiger zwar tatsächliche Anhaltspunkte nennt, die nahelegen, dass der Schuldner Mitglied einer bestimmten Versorgungseinrichtung ist, durch die Auskunft der Versorgungseinrichtung sich aber herausstellt, dass diese Annahme nicht zutreffend ist. In einem solchen Fall sollte es dem Gläubiger möglich sein, auch eine Anfrage bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung stellen zu lassen. Gleiches gilt für die Anfrage bei einer weiteren berufsständischen Versorgungseinrichtung (BT-Drucks. 19/29398, 6).
Durch die Formulierung "Anhaltspunkte nennt, die nahelegen" sollen Erhebungen "ins Blaue hinein" ausgeschlossen werden (BT-Drucks. 19/29398, 5). An die tatsächlichen Anhaltspunkte sind daher keine zu geringen Anforderungen zu stellen. Vielmehr muss es anhand der genannten tatsächlichen Anhaltspunkte ohne Weiteres nachvollziehbar sein, dass der Schuldner Mitglied einer bestimmten Versorgungseinrichtung ist. Die tatsächlichen Anhaltspunkte müssen sich dabei sowohl auf den Beruf als auch auf den Ort der Versorgungseinrichtung beziehen. Solche Anhaltspunkte können sein (BeckOK ZPO/Fleck, 42. Ed. 1.9.2021, ZPO § 802l Rn. 26, beck-online):
- Eintrag im Bundesweiten Amtlichen Anwaltsverzeichnis der BRAK,
- Firmierung mit entspr. Berufsbezeichnung des Schuldners (Architekt, Rechtsanwalt etc.) auf Website, Briefpapier,
- Angabe über schwebenden Prozess zwischen dem Schuldner und einem Versorgungswerk über Beitragszahlungen,
- Zahlungsbelege, aus denen sich ergibt, dass der Schuldner an ein Versorgungswerk Mitgliederbeiträge entrichtet
- Aussagen Dritter (Zeugen), die bestätigen, dass sie den Schuldner über seine Mitgliedschaft in einem Versorgungswerk haben sprechen oder über Vorgänge haben berichten hören, aus denen sich der Rückschluss auf eine solche Mitgliedschaft ziehen lässt (etwa: Der Schuldner habe über die Erhöhung der Mitgliederbeiträge oder über Fragen der Abrechnung mit dem Versorgungswerk berichtet). Wenn der Gläubiger selbst über solche Aussagen des Schuldners berichten kann, kann er seine Wahrnehmungen im Wege einer eidesstattlichen Versicherung vorlegen.
Nicht ausreichend sind allgemeine Rückschlüsse, die einen Bezug zum konkreten Einzelfall vermissen lassen. So ist es nicht ausreichend, wenn ein Gläubiger Rückschlüsse von einer bestimmten Berufsausbildung zu einem bestimmten Beruf vornimmt (z. B. Studium der Rechtswissenschaften – Rechtsanwalt). Denkbar ist aber die Anfrage bei einer weiteren vom Gläubiger zu benennenden Versorgungseinrichtung, wenn der Gläubiger hierfür ebenfalls tatsächliche Anhaltspunkte nennt, die nahelegen, dass der Schuldner Mitglied dieser Versorgungseinrichtung ist.