1 Arten der Pfandrechte
Rz. 1
Je nach der Art des Zustandekommens werden zwischen drei unterschiedlichen Arten von Pfandrechten unterschieden:
1.1 Vertragliches Pfandrecht
Rz. 2
Das vertragliche Pfandrecht ist ein sog. Faustpfandrecht (§§ 1204 ff. BGB). Es entsteht dadurch, dass der Eigentümer (Verpfänder) dem Gläubiger eine bewegliche Sache übergibt und beide darüber einig sind, dass dem Gläubiger zur Sicherung einer Forderung (akzessorische Kreditsicherheit) das Pfandrecht zustehen soll. Infolge der in der Praxis regelmäßig zu bestellenden Sicherungsübereignung hat das vertragliche Pfandrecht kaum noch Bedeutung.
1.2 gesetzliche Pfandrechte
Rz. 3
Hierbei handelt es sich um ein Pfandrecht an einer beweglichen Sache, das unabhängig von einer vertraglichen Einigung zwischen Schuldner und Gläubiger entsteht und dabei entweder an den Besitz des Gläubigers an der Pfandsache oder an der Einbringung der Pfandsache in den Herrschaftsbereich des Gläubigers anknüpft. Der Schuldner muss Eigentümer der Sache sein. Gutgläubiger Erwerb scheidet grds. aus. Wegen des höheren Schutzbedürfnisses im Handelsverkehr gibt es aber den gutgläubigen Erwerb der g. P. des Handelsrechts (kaufmännische Pfandrechte, § 366 Abs. 3 HGB). Die Vorschriften des Mobiliarpfandrechts finden entsprechende Anwendung (§ 1257 BGB). Gesetzliche Pfandrechte sind z. B. die Besitzpfandrechte der Werkunternehmer (§ 647 BGB), der Kommissionäre (§ 397 HGB), der Frachtführer (§ 441 HGB), der Spediteure (§ 464 HGB) und der Lagerhalter (§ 475b HGB) sowie die besitzlosen Pfandrechte (Einbringungspfandrechte) der Vermieter (§ 559 BGB), der Verpächter (§§ 581 Abs. 2, 559 BGB) und der Gastwirte (§ 704 BGB).
1.3 Pfändungspfandrecht
Rz. 4
Vgl. auch Rn. 3, 12 ff.
2 Theorien zum Wesen des Pfändungspfandrechts
Rz. 5
Durch die Pfändung erwirbt der Gläubiger ein Pfändungspfandrecht an der gepfändeten Sache (§ 804 Abs. 1 ZPO). Die Frage, ob das Pfändungspfandrecht automatisch mit jeder wirksamen Verstrickung entsteht oder ob es weiterer Wirksamkeitsvoraussetzungen bedarf, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Je nach Theorie werden unterschiedliche Voraussetzungen für eine wirksame Pfändung verlangt.
2.1 Privatrechtliche Theorie
Rz. 6
Auf der Basis einer nicht hoheitlichen Einordnung der Zwangsvollstreckung sieht die heute kaum noch vertretene privatrechtliche Theorie (vgl. zu den Vertretern dieses Standpunkts die Nachweise in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhardt, § 50 Rn. 47) im Pfändungspfandrecht eine dritte Art des bürgerlich-rechtlichen Pfandrechts neben vertraglichem und gesetzlichem Pfandrecht. Entstehung und Wirkung dieses Pfandrechts richteten sich nach dem bürgerlichen Recht (§§ 1204 ff. BGB), lediglich ergänzt durch einige besondere Verfahrensvoraussetzungen. Diese Theorie geht davon aus, dass das Pfändungspfandrecht und nicht die Verstrickung das Fundament des gesamten Vollstreckungsvorgangs ist. Andererseits hat auch das Verfahrensrecht Bedeutung für das materiell-rechtliche Pfandrecht insofern, als alle wesentlichen Verfahrensfehler auf den Bestand des Pfändungspfandrechts als des zentralen Ergebnisses des Vollstreckungsverfahrens Rückwirkung haben sollten. Die Entstehung des Pfändungspfandrechts ist nach dieser Theorie davon abhängig, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt waren. Hiernach entsteht ein Pfändungspfandrecht gemäß §§ 1273, 1274 Abs. 2, 400 BGB an einer unpfändbaren und damit nicht übertragbaren Forderung nicht (OLG Stuttgart, Urteil v. 18.4.2017 10 U 120/16 – Juris).
Rz. 6a
Die reine privatrechtliche Theorie stammt aus einer Zeit, in der die Zwangsvollstreckung noch als rein privat-rechtlicher Vorgang verstanden wurde, der lediglich durch staatliche Organe ausgeführt wurde. Als Argument werden u. a. die §§ 753, 754 ZPO herangezogen. Heute besteht allerdings Einigkeit, dass die Zwangsvollstreckung entgegen dem Wortlaut dieser Vorschriften nicht privat-rechtlich im Auftrag des Gläubigers durchgeführt wird, sondern als hoheitlich-staatliches Verfahren. Zwischen Vollstreckungsgläubiger und Vollstreckungsorgan bestehen ihrer Rechtsnatur nach öffentlich-rechtliche Beziehungen. Aus diesem Grund wird die privat-rechtliche Theorie von der herrschenden Meinung abgelehnt und daher auch im Folgenden nicht berücksichtigt (Brox/Walker, § 13 Rn. 380; Schuschke/Walker, vor §§ 803, 804 Rn. 12; Gaul/Schilken/Becker-Eberhardt, § 50 Rn. 48; MünhcKomm/ZPO-Gruber, § 804 Rn. 4; vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil v. 18.4.2017, 10 U 120/16 – Juris).
2.2 Öffentlich- rechtliche Theorie
Rz. 7
Aus dem öffentlich-rechtlichen Charakter der Zwangsvollstreckung, innerhalb derer ein privat-rechtliches Pfandrecht ein Fremdkörper wäre, schließen die Vertreter dieser Theorie auf eine prozessuale, öffentlich-rechtliche Natur des Pfändungspfandrechts, das mit dem Pfandrecht gem. §§ 1204 ff. BGB nichts zu tun habe (Zöller/Herget, § 804 Rn. 2 und 3; Thomas/Putzo/Hüßtege, § 804 Rn. 4; Stein/Jonas/Münzberg, § 804 Rn. 7 ff. und 16 ff.). Nach dieser Theorie entsteht das Pfändungspfandrecht, das unlösbar mit der Verstrickung verknüpft ist, mit jeder wirksamen Pfändung ohne Rücksicht auf das materielle Recht. Als prozessuales Verwertungsrecht ist es insbesondere unabhängig vom Bestan...