4.1 Allgemeine Verfahrensvoraussetzungen
Rz. 5
Auch für die Klage auf vorzugsweise Befriedigung gelten die allgemeinen Verfahrens- oder Sachurteilsvoraussetzungen (Parteifähigkeit, Prozessfähigkeit pp.; vgl. § 253 ZPO).
4.2 Zuständigkeit
Rz. 6
Die Zuständigkeit des Gerichts folgt aus Abs. 2: Danach ist ausschließlich zuständig (§ 802 ZPO) sachlich je nach dem Wert des Streitgegenstands (§§ 23, 71 GVG) das Amts- oder Landgericht. Örtlich zuständig ist das Vollstreckungsgericht. Gem. § 764 Abs. 2 ZPO ist dies das Gericht, in dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung stattfindet oder stattfinden soll bzw. stattgefunden hat.
In Abgabesachen richtet sich die Zuständigkeit nach § 293 Abs. 2 AO. Hier ist ausschließlich zuständig das ordentliche Gericht, in dessen Bezirk gepfändet worden ist.
4.3 Statthaftigkeit
Rz. 7
Die Klage ist statthaft, wenn eine Sache gepfändet worden ist und ein Dritter, der sich nicht im Besitz der Sache befindet, aufgrund eines Pfand- oder Vorzugsrechts vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös der Sache fordert (BGH, NJW 1986, 2426 = WM 1986, 720 = MDR 1986, 752 = DB 1986, 2075). Wie die Drittwiderspruchsklage schließt sie als spezielle vollstreckungsrechtliche Gestaltungsklage andere auf das behauptete Recht gestützte Klagen gegen den Vollstreckungsgläubiger aus, solange die Zwangsvollstreckung in die gepfändete Sache nicht beendet ist (BGHZ 27, 227 = NJW 1958, 1282 = MDR 1958, 600 = BB 1958, 676 = DB 1958, 766 = WM 1958, 843 = Grundeigentum 1958, 636; vgl. für die Drittwiderspruchsklage BGHZ 58, 207, = NJW 1972, 1048 = WM 1972, 590). Erklärt der Kläger hingegen, ein vorrangiges Pfändungspfandrecht an dem Gegenstand zu haben, muss er die Hinterlegung des Verwertungserlöses gemäß § 827 Abs. 2 ZPO sowie die Durchführung eines Teilungsverfahrens (§§ 872 ff. ZPO) betreiben. Kommt es dort nicht zu einer Anerkennung seines – vorrangigen – Rechts, ist er gehalten, gemäß § 878 ZPO Klage zu erheben.
Rz. 8
Ist oder war der Gläubiger im Besitz des von einem anderen Gläubiger gepfändeten Gegenstands, kann er die Herausgabe nach § 809 ZPO verweigern oder im Wege der Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO vorgehen. Die Klage aus § 805 ZPO stellt ein Weniger zur Drittwiderspruchsklage dar, da der Gläubiger bei der Drittwiderspruchsklage den konkreten Vollstreckungsgegenstand in Gänze der Zwangsvollstreckung entzieht. Bei der Klage nach § 805 ZPO greift er nur auf den Erlös (oder einen Teil) zu. Daher kann der besitzende Gläubiger statt der Drittwiderspruchsklage auch die Klage auf vorzugsweise Befriedigung wählen (Goebel, Vollstreckung effektiv 2002, 108).
4.4 Klageantrag
Rz. 9
Der zutreffende Klageantrag hat dahin gehend zu lauten, den Kläger aus dem Reinerlös (Verwertungserlös abzüglich der Verwertungskosten) der (exakt bezeichneten) Sache bis zur Höhe seiner (exakt bezifferten) Forderung vor dem Beklagten zu befriedigen. Auch wenn der Reinerlös bereits nach Abs. 4 hinterlegt ist, gilt diese Formulierung des Antrags. Ein formulierter Leistungsantrag – etwa auf Einwilligung zur Auszahlung des hinterlegten Betrags – ist auszulegen in ein Gestaltungsbegehren (BGH, NJW 1986, 2426 = WM 1986, 720 = ZMR 1986, 232 = JZ 1986, 686 = MDR 1986, 752 = DB 1986, 2075 = DWW 1986, 250; vgl. auch BGHZ 72, 334 = NJW 1979, 373).
4.5 Klageverbindung (Absatz 3)
Rz. 10
Die Klage auf vorzugsweise Befriedigung gegen den Pfändungsgläubiger kann mit einer Klage aus materiellem Recht gegen den Schuldner, der möglicherweise ebenfalls das Bestehen eines Pfandrechts bestreitet und/oder der Befriedigung des Klägers widerspricht, verbunden werden. In der Praxis wird sie in den Fällen unumgänglich, in denen der Verwertungserlös hinterlegt ist und der Schuldner einer Auszahlung an den Vorzugsberechtigten (Kläger) nicht zustimmt. Schuldner und Vollstreckungsgläubiger sind Streitgenossen (Abs. 3).
4.6 Rechtsschutzinteresse
Rz. 11
Das Rechtsschutzbedürfnis ist ab dem Zeitpunkt der Pfändung des Gegenstandes, hinsichtlich dessen der Kläger ein Pfand- oder Vorzugsrecht begehrt, bis zur Beendigung der Zwangsvollstreckung gegeben. Letzteres ist der Fall, solange der Erlös nicht an den Beklagten zur Befriedigung der vollstreckbaren Forderung ausbezahlt worden ist (vgl. BGHZ 72, 334 = NJW 1979, 373; BGH, NJW 1986, 2426 = WM 1986, 720 = ZMR 1986, 232 = JZ 1986, 686 = MDR 1986, 752 = DB 1986, 2075 = DWW 1986, 250). Nach Auszahlung können daher nur noch materiell-rechtliche Ausgleichsansprüche nach §§ 812, 823 BGB wegen eines Eingriffs in das behauptete Vorzugs- bzw. Pfandrecht geltend gemacht werden (RGZ 119, 269; BGH NJW 1986, 2426 = WM 1986, 720 = ZMR 1986, 232 = JZ 1986, 686 = MDR 1986, 752 = DB 1986, 2075 = DWW 1986, 250).
Ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn der Inhaber eines Pfand- oder Vorzugsrechts sein Ziel auf einfachere Weise als durch Klage erreichen kann. Das ist z. B. dann der Fall, wenn sowohl der Vollstreckungsgläubiger als auch der Vollstreckungsschuldner in die Auszahlung an den Dritten einwilligen. Der Gerichtsvollzieher darf dann den von dem Dritten beanspruchten Betrag von dem Erlös abführen (§ 119 Abs. 4 GVGA). Auch wenn lediglich der Vollstreckungsschuldner der Auszahlung an den Dritte...