1 Grundsatz – Zweck
Rz. 1
Die Klage auf vorzugsweise Befriedigung soll die vorrangige Befriedigung eines nichtbesitzenden Pfand- oder Vorzugsgläubigers sichern, sofern ihm ein gegenüber dem Pfändungspfandrecht rangbesseres Recht dieser Art zusteht. Dem durch das Pfand- oder Vorzugsrecht gesicherten Interesse wird dadurch – hinreichend – Rechnung getragen, dass eine Vorabberücksichtigung bei der Verteilung des erzielten Erlöses stattfindet. Erst nachdem von anderer Seite die Zwangsvollstreckung in den Gegenstand betrieben wurde, kann der betroffene Gläubiger durch die Erhebung der Klage auf vorzugsweise Befriedigung tätig werden. Damit ist die Klage im Regelfall eine Reaktion auf einen fremden Vollstreckungsbetrieb durch Geltendmachung eines vorrangigen Rechts auf den Erlös. Der Gläubiger eines besitzlosen Pfandrechts oder eines besitzlosen Vorzugsrechts soll nicht in der Lage sein, vom Vollstreckungsgläubiger die Freigabe der gepfändeten Sache zu verlangen oder die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklären zu lassen. Auch die Verwertung der Sache soll er nicht verhindern können. Er wird als hinreichend geschützt angesehen, wenn ihm die Möglichkeit eingeräumt wird, sich aus dem Verwertungserlös vorrangig zu befriedigen. Im Unterschied dazu dient die Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO dazu, den (gepfändeten) Gegenstand ganz aus der Vollstreckung zu nehmen, ihn also zu erhalten.
Rz. 2
Macht der Dritte dem Gerichtsvollzieher glaubhaft, dass die alsbaldige Auszahlung seine Rechte auf den Erlös gefährden würde und dass deshalb in Kürze ein Einstellungsbeschluss des Gerichts zu erwarten sei, so muss der Gerichtsvollzieher mit der Auszahlung eine angemessene Frist warten. Diese Frist soll regelmäßig nicht mehr als zwei Wochen betragen (§ 119 Abs. 2 GVGA). Ist sich der Dritte allerdings mit dem Vollstreckungsgläubiger und dem Vollstreckungsschuldner darüber einig, dass er vor dem Gläubiger aus dem Erlös befriedigt wird, und liegt eine entsprechende Einwilligungserklärung der Beteiligten dem Gerichtsvollzieher vor, darf dieser dem Dritten den beanspruchten Betrag auszahlen (§ 119 Abs. 4 GVGA). Vor Erhebung der Klage sollte bei "klarer Rechtslage" (Bestehen des Pfandrechts) immer versucht werden, mit den Beteiligten eine Einigung zu treffen. Nur wenn der Vollstreckungsgläubiger das Recht des Dritten auf Vorwegbefriedigung bestreitet, ist eine Klage nach § 805 ZPO unausweichlich. Neben der Klage nach § 805 ZPO steht dem Pfand- oder Vorzugsberechtigten auch das Ablösungsrecht nach § 268 BGB zu.
2 Anwendungsbereich
Rz. 3
Die Klage auf vorzugsweise Befriedigung schließt als spezielle vollstreckungsrechtliche Gestaltungsklage andere auf das behauptete Recht gestützte Klagen gegen den Vollstreckungsgläubiger aus, solange die Zwangsvollstreckung in die gepfändete Sache nicht beendet ist (BGH, NJW 1986, 2426 = WM 1986, 720 = ZMR 1986, 232 = JZ 1986, 686 = MDR 1986, 752 = DB 1986, 2075 = DWW 1986, 250; Geißler, NJW 1985, 1865, 1871 f.; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, Rn. 7; Musielak/Becker, Rn. 1; Zöller/Herget Rn. 7).
Die Vorschrift findet Anwendung nur bei der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen (körperlicher Sachen i. S. d. § 90 BGB). Rechte werden nicht erfasst (so auch Zöller/Herget, § 805 Rn. 2; Hk-ZPO/Kemper, § 805 Rn. 3;Thomas/Putzo/Seiler, § 805 Rn. 4; MünchKomm/ZPO-Gruber, § 805 Rn. 4; OLG Hamm NJW-RR 1990, 233); daneben kann sich der Gläubiger allerdings nach herrschender Ansicht auch mit der "minderen" Klage nach § 805 ZPO behelfen (MünchKomm/ZPO-Gruber, § 805 Rn. 3).
3 Rechtsnatur
Rz. 4
Ihre Grundlage hat die Klage in der Rangverteilung von Pfand- und Vorzugsrechten gegenüber dem Pfändungspfandrecht. Gleichwohl handelt es sich bei ihr nicht um eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens des vorrangigen Rechts, sondern um eine prozessuale Gestaltungsklage (wie diejenige nach § 771 ZPO). Erst durch das Urteil erhält der Dritte (Kläger) die verfahrensrechtliche Befugnis, für sich die vorrangige Auszahlung des in der Zwangsvollstreckung erzielten Erlöses zu beanspruchen. Das Recht auf Auszahlung des Erlöses wird ihm sowohl gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger als auch gegenüber einem widersprechenden Schuldner zuerkannt.
4 Zulässigkeit der Klage
4.1 Allgemeine Verfahrensvoraussetzungen
Rz. 5
Auch für die Klage auf vorzugsweise Befriedigung gelten die allgemeinen Verfahrens- oder Sachurteilsvoraussetzungen (Parteifähigkeit, Prozessfähigkeit pp.; vgl. § 253 ZPO).
4.2 Zuständigkeit
Rz. 6
Die Zuständigkeit des Gerichts folgt aus Abs. 2: Danach ist ausschließlich zuständig (§ 802 ZPO) sachlich je nach dem Wert des Streitgegenstands (§§ 23, 71 GVG) das Amts- oder Landgericht. Örtlich zuständig ist das Vollstreckungsgericht. Gem. § 764 Abs. 2 ZPO ist dies das Gericht, in dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung stattfindet oder stattfinden soll bzw. stattgefunden hat.
In Abgabesachen richtet sich die Zuständigkeit nach § 293 Abs. 2 AO. Hier ist ausschließlich zuständig das ordentliche Gericht, in dessen Bezirk gepfändet worden ist.
4.3 Statthaftigkeit
Rz. 7
Die Klage ist statthaft, wenn eine Sache gepfändet worden ist und ein Dritter, d...