Rz. 4
Der Gerichtsvollzieher muss i. R. d. Vollstreckungsauftrages Kenntnis von einer Geldforderung des Schuldners haben. Offenkundigkeit bzw. Amtsbekanntheit steht der Kenntnis gleich (AG Bad Iburg, DGVZ 1995, 173). Soweit keine Offenkundigkeit vorliegt, muss der Gerichtsvollzieher durch Schuldnerbefragung, Befragung weiterer Personen oder durch Einsichtnahme in Schriftstücke anlässlich der Zwangsvollstreckung Kenntnis von den Forderungen und Drittschuldnern erlangt haben. Das bedeutet, dass der Gerichtsvollzieher – soweit die Forderungen nicht offenkundig sind – die Kenntnis im Rahmen seiner amtlichen Vollstreckungstätigkeit erlangt haben muss. Voraussetzung ist jedoch nicht, dass die Erkenntnisse aus der Zwangsvollstreckung wegen des konkret vorliegenden Auftrags stammen.
Die Beschränkung der Mitteilungspflicht auf Geldforderungen soll die Belastung des Gerichtsvollziehers gering halten (BT-Drucks. 11/3621, S. 51). Unter einer Geldforderung i. S. d. Vorschrift ist die Forderung auf Leistung einer Geldsumme zu verstehen. Sie ist darauf gerichtet, dass Geld in bestimmter Menge gezahlt, d. h. übereignet oder überwiesen wird. Es wird hierbei nur der summenmäßig bestimmte Wert geschuldet. Auch Forderung in ausländischer Währung sind Geldforderungen (OLG Düsseldorf, NJW 1988, 2185). Hierunter fallen auch Grundschuld- bzw. Hypothekenforderungen, Rentenschulden, Reallasten, sowie selbstständige und unselbstständige Sicherungsrechte nicht hingegen andere Vermögensrechte wie z. B. Patente, Gesellschafts- und Miterbenanteile (Zöller/Herget, § 806a Rn. 5).
Als zulässige Mittel, durch die der Gerichtsvollzieher sich Kenntnis von Geldforderungen verschaffen kann, werden dessen persönliche Befragung und die Einsicht in beim Schuldner vorgefundene Schriftstücke genannt. Erkundigungen bei Mitbewohnern, Nachbarn oder Bekannten sind unzulässig.
Rz. 5
Der Schuldner ist nicht verpflichtet, Auskunft zu erteilen. Erst im Verfahren nach §§ 802c, 807 ZPO ist er zur Auskunft verpflichtet. Erteilt er sie freiwillig, muss sie dennoch der Wahrheit entsprechen, andernfalls ggf. ein versuchter Vollstreckungsbetrug vorliegt. Der Gerichtsvollzieher darf auch über die Inhalte von Schriftstücken Mitteilung machen, die ihm der Schuldner freiwillig vorgelegt hat oder die er bei der Durchsuchung der Wohnung (§ 758 Abs. 1 ZPO) entdeckt hat. Hierunter fallen z. B. Leistungsbescheide nach dem SGB, Miet-, Arbeitsverträge, Kontoauszüge, Versicherungspolicen, Grundschuld-, Hypothekenbriefe, Lohnbescheinigungen etc.). Eine Durchsuchung lediglich zum Zwecke des Auffindens solcher Schriftstücke verbietet sich hingegen, da dies eindeutig dem Gesetz "anlässlich der Zwangsvollstreckung" widerspricht. Auch eine Mitteilung von Erkenntnissen, die dem Gerichtsvollzieher nach durchgeführtem Vollstreckungsauftrag zugehen, dürfen daher nicht mehr an den Gläubiger weitergeleitet werden (Zöller/Herget, § 806a Rn. 7; a. A. Stein/Jonas/Münzberg Rn. 5: Mitteilungs"recht").
Rz. 6
Nach Einsicht in die Unterlagen, hat der Gerichtsvollzieher diese dem Schuldner wieder auszuhändigen. Eine Wegnahme ist nur im Rahmen einer Hilfspfändung gem. § 106 GVGA, § 836 Abs. 3 ZPO zulässig. Wertpapiere nach § 821 ZPO werden ohnehin gepfändet. Indossable Papiere (zum Begriff vgl. auch § 821 Rz. 3; Kunst, InVo 2004, 3 m .w. N.) sind gem. § 831 ZPO in Besitz zu nehmen.
Rz. 7
Der Gerichtsvollzieher prüft nicht das tatsächliche Bestehen der Forderung; dies ergibt sich auch aus dem Zusammenhang mit § 829 ZPO. Denn hiernach werden lediglich die dem Gläubiger mitgeteilten "angeblichen" Forderungen gepfändet. Der Gerichtsvollzieher teilt dem Gläubiger daher nur den Namen und die zustellungsfähige Anschrift des Drittschuldners sowie den Grund der Forderung mit, ebenso auf welche Weise er an die Informationen gelangt ist so z. B. aufgrund freiwilliger Erklärung oder aufgrund des Vorfindens einer Urkunde (z. B. Arbeitsvertrag). Eine besondere Form für die Mitteilung ist nicht vorgeschrieben. Sie geschieht i. d. R. durch Übersendung der Abschrift eines Protokolls (§§ 63 Abs. 6 GVGA, 762 ZPO) wenn dies der Gläubiger beantragt hat. Wenn die Angaben des Gerichtsvollziehers im Zwangsvollstreckungsprotokoll zu einem möglichen Drittschuldner (z. B. Arbeitgeber des Schuldners) derart unvollständig sind, dass der Gläubiger z. B. die genaue Firma, die Rechtsform und den Sitz des Drittschuldners nicht ohne erheblichen Aufwand ermitteln kann (z. B. Anfrage an das Handelsregister und das Gewerbeamt), ist seinem Antrag auf Bestimmung eines Termins zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung stattzugeben. Dem Gläubiger ist es bei dieser Sachlage nicht zuzumuten, zunächst einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu erwirken, denn der Gläubiger ist nur verpflichtet, bei genau bezeichneten oder ohne große Mühe und mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit auszumachenden Drittschuldnern Pfändungen zu versuchen (LG Leipzig, JurBüro 1996, 44).
Rz. 8
Dem Schuldner muss die Unterrichtung nach § 806a ZPO nur mitgeteilt werden,...