Rz. 18
Zunächst hat der Gerichtsvollzieher den Schuldner gem. § 59 Abs. 2 GVGA zur freiwilligen Leistung aufzufordern. Sodann erfolgt die Pfändung durch Inbesitznahme (Abs. 1; AG Reinbek, DGVZ 2011, 55 = FoVo 2011, 158) oder Belassen der Sache beim Schuldner (Abs. 2).
Der Gerichtsvollzieher eröffnet dem Schuldner oder in dessen Abwesenheit den Familienangehörigen bzw. beim Schuldner beschäftigten Personen (§ 81 Abs. 2 GVGA), dass der Besitz der Pfandstücke auf ihn übergegangen sei. Er weist darauf hin,
- dass der Schuldner und jeder andere jede Handlung zu unterlassen hat, die diesen Besitz beeinträchtigt, wie etwa die Veräußerung, die Wegschaffung oder den Verbrauch der gepfändeten Sachen,
- dass jede Beschädigung oder Zerstörung der Pfandzeichen untersagt ist,
- dass Zuwiderhandlungen gegen diese Bestimmungen strafbar sind.
Rz. 19
Wie die Ingewahrsamnahme durch den Gerichtsvollzieher konkret zu erfolgen hat, ist in der ZPO selbst nicht geregelt. Entscheidend für die Inbesitznahme ist, dass der Gerichtsvollzieher die tatsächliche Gewalt über die Sachen erlangt, wobei er die Verfügungsgewalt des Schuldners ausschließen muss (AG Northeim, DGVZ 2002, 125). Mag eine solche Inbesitznahme regelmäßig durch das Wegschaffen der Gegenstände aus dem Herrschaftsbereich des Schuldners herbeigeführt werden können, so ist dies allerdings nicht konkret erforderlich. Vielmehr kommen auch sonstige Maßnahmen in Betracht, die einerseits dem Gerichtsvollzieher die tatsächliche Gewalt verschaffen und andererseits den Schuldner von der Verfügung über diese Gegenstände ausschließen. Insoweit kann der Gerichtsvollzieher die im Gewahrsam des Schuldners befindlichen Gegenstände entweder aus dessen Einflussbereich entfernen und an einem anderen Orte verwahren. Zum anderen kann er aber auch die Gegenstände an Ort und Stelle belassen und den Schuldner lediglich den Zugang zu diesen Räumlichkeiten verwehren, soweit er dadurch nicht über die Maßen beeinträchtigt wird. Insoweit gilt es allerdings zu berücksichtigten, dass der Gerichtsvollzieher nach Abs. 2 seine Vollstreckungshandlung an ihrer Geeignetheit und Effektivität auszurichten hat.
Rz. 20
Bei der Pfändung körperlicher Sachen muss der Gerichtsvollzieher nach objektiven Kriterien prüfen, wer den Gewahrsam ausübt. Fehlendes Eigentum des Schuldners an der zu pfändenden Sache verhindert eine Pfändung nicht (BGH, NJW 1981, 1835; AG Reinbek, DGVZ 2011, 55 = FoVo 2011, 158). Gegenstände, die jedoch offensichtlich zum Vermögen eines Dritten gehören, pfändet der Gerichtsvollzieher nicht, z. B. dem Handwerker zur Reparatur, dem Frachtführer zum Transport und dem Pfandleiher zum Pfand übergebene Sachen. Dies gilt nicht, wenn der Dritte erklärt, dass er der Pfändung nicht widerspreche oder wenn der Gläubiger die Pfändung ausdrücklich verlangt (AG Waldbröl, DGVZ 1990, 29). Die Offensichtlichkeit des Dritteigentums muss sich dabei aus tatsächlichen Umständen ergeben. Dies ist nicht der Fall, wenn sich solches erst aus einem vom Schuldner vorgelegten Sicherungsvertrages ergibt, da dessen rechtliche Prüfung nicht zu den Aufgaben des Gerichtsvollziehers zählt (AG Reinbek, DGVZ 2011, 55 = FoVo 2011, 158; LG Bonn, MDR 1987, 770; AG Sinzig, NJW-RR 1987, 508: Möbel).
Rz. 21
Der Gerichtsvollzieher hat nur zu prüfen, ob der Schuldner Gewahrsamsinhaber ist. Für ihn gilt als Vermögen des Schuldners alles, was sich in dessen Gewahrsam befindet. Für den Gerichtsvollzieher kommt es hiernach nur auf den äußeren Befund an (§ 71 Abs. 1 Satz 3 GVGA). Der Gerichtsvollzieher hat daher ohne Rücksicht auf den Widerspruch Dritter die Pfändung von im Gewahrsam des Schuldners befindlichen Gegenständen vorzunehmen, es sei denn, dass bereits für ihn nach Lage der Dinge vernünftigerweise kein Zweifel daran bestehen kann, dass Rechte dritter Personen der Inanspruchnahme bestimmter Gegenstände entgegenstehen (BGH, WM 1957, 244). Der Gerichtsvollzieher prüft im Allgemeinen nicht, ob die im Gewahrsam des Schuldners befindlichen Sachen zu dessen Vermögen gehören. Dies gilt sowohl dann, wenn zugunsten einer dritten Person ein die Veräußerung hinderndes Recht in Anspruch genommen wird, als auch dann, wenn der Schuldner behauptet, dass er die tatsächliche Gewalt über die Sachen nur für den Besitzer ausübe oder dass er sein Besitzrecht von einem anderen ableite (vgl. LG Aschaffenburg, DGVZ 1995, 57). Für den Gerichtsvollzieher kommt es hiernach nur auf den äußeren Befund an. Der Gewahrsam des Schuldners an einer Sache begründet damit eine gesetzliche Vermutung, dass dieser Gegenstand auch dem Vermögen des Schuldners zuzurechnen ist. Der Gerichtsvollzieher hat die Pfändung aber zu unterlassen, wenn ein Recht Dritter i. S. d. § 771 ZPO klar und offenbar (evident) erkennbar ist. Im Übrigen kann sich der Dritte nur nach § 771 ZPO zur Wehr setzten, wenn der Gläubiger die Pfandfreigabe verweigert. Rechte Dritter sind nur zu beachten, wenn diese zweifelsfrei bestehen (LG Detmold, DGVZ 1995, 120). Die Behauptung des Schuldners, es bestehe Dritteige...