Rz. 35
Die wirksame Pfändung begründet eine Verstrickung der Pfandsache und das Entstehen eines Pfändungspfandrechts (vgl. § 803 Rn. 3). Wirksam ist die Pfändung, wenn der Gerichtsvollzieher die Sache gem. den Regelungen des Abs. 1 in Besitz nimmt. Die Pfändung wird auch durch Wegnahme vorher nicht gepfändeter Gegenstände durch den Gerichtsvollzieher bewirkt (hier: Wegnahme von Gegenständen anstelle zuvor gepfändeter aber nicht mehr vorhandener Gegenstände; OLG Karlsruhe, MDR 1979, 237). Das nachträgliche Entfernen der Pfandsiegel durch den Schuldner, Dritte oder auf sonstige Weise (z. B. Herunterfallen) beeinträchtigt die Wirksamkeit des Pfändungsaktes nicht, da die Ersichtlichmachung nach Abs. 2 Satz 2 zwar Voraussetzung für die Wirksamkeit des Pfändungsaktes, aber nicht für den Fortbestand der Pfändungswirkungen (§ 804 ZPO) ist. Diese dauern auch dann fort, wenn die Sache in den Besitz eines Dritten gelangt (LG Darmstadt, DGVZ 1999, 92). Bei Verstrickungs- und Siegelbruch (§ 136 StGB) und bei Vereiteln der Zwangsvollstreckung (§ 288 StGB) hat der Gerichtsvollzieher keine Anzeigepflicht, sofern nicht allgemein oder für den besonderen Fall etwas Abweichendes angeordnet ist. Er hat jedoch in jedem Fall den Gläubiger zu benachrichtigen (§ 82 Abs. 8 GVGA). Es ist auch für die Wirksamkeit der Pfändungsmaßnahme unschädlich, dass der Gerichtsvollzieher nicht in den unmittelbaren Besitz von Fahrzeugpapieren gelangt ist, was allerdings zu einer Erhöhung der Gläubigergefährdung führt, da so gutgläubiger Erwerb möglich ist. Auch die Belassung einer Pfandsache beim Schuldner aufgrund möglicherweise fehlerhafter Bewertung einer Gefährdungslage (vgl. § 82 Abs. 1GVGA) führt nicht zur Unwirksamkeit der Pfändung, da Verfahrensverstöße nur dann zu einer Unwirksamkeit führen, wenn sie den Pfändungsakt als solchen, nämlich die hoheitliche Inbesitznahme durch Wegschaffung (§ 808 Abs. 1 ZPO) oder durch Ersichtlichmachung unter Belassung der Sache beim Schuldner (§ 808 Abs. 2 ZPO) betreffen (LG Darmstadt, DGVZ 1999, 92 m. w. N.). Hat der Gerichtsvollzieher eine Pfändung durchgeführt, so darf er sie nicht eigenmächtig wieder aufheben, auch wenn er sich von ihrer Unrechtmäßigkeit überzeugt hat . Ein Verstoß hiergegen kann Amtshaftungsansprüche begründen (vgl. OLG Hamburg, MDR 1967, 763).
Rz. 36
Der Gläubiger erlangt durch den Gerichtsvollzieher mittelbaren Besitz an der Pfandsache. Bleibt die Sache im Besitz des Schuldners, ist dieser unmittelbarer Besitzer und mittelt dem Gerichtsvollzieher den Besitz in erster Stufe und dem Gläubiger in zweiter Stufe. Dies ist für die Anwendung des § 935 BGB von Bedeutung.
Rz. 37
Pfändet der Gerichtsvollzieher eine Sache und beurteilt hierbei die Gewahrsamssituation fehlerhaft, macht dies die Pfändung nicht nichtig, aber anfechtbar. Werden Sachen Dritter gepfändet, ist die Pfändung wirksam, aber nach § 771 ZPO angreifbar. Die Pfändung ist auch dann wirksam, wenn der Gerichtsvollzieher entgegen § 811 ZPO pfändet.
Rz. 38
Vermieterpfandrecht und Pfändungspfandrecht eines Gläubigers können nebeneinander bestehen. Das Vermieterpfandrecht erlischt nicht dadurch, dass der Gerichtsvollzieher bei Pfändung für den Vermieter die Sache in Besitz nimmt und von dem Grundstück schaffen lässt. Der Gläubiger kann Herausgabe der Sache an sich zur Verwertung nach §§ 1234ff. BGB nur verlangen, wenn er sein Pfändungspfandrecht aufgibt (OLG Frankfurt am Main, MDR 1975, 228).