Rz. 7
Gem. Abs. 1 Satz 2 darf die Pfändung nicht früher als einen Monat vor der gewöhnlichen Zeit der Reife erfolgen. Bei der Berechnung der Frist ist auf die Zeit der gewöhnlichen Reife nach der Fruchtart und den örtlichen Verhältnissen (RGZ 42, 382; vgl. auch § 101 Abs. 2 GVGA) abzustellen. Auf den bevorstehenden Eintritt der Reife achtet der Gerichtsvollzieher besonders, ggf. durch Bestellung eines Sachverständigen damit er den Versteigerungstermin so rechtzeitig ansetzen kann, dass nicht durch Überreife der Früchte Verluste entstehen können. Der Gerichtsvollzieher verpflichtet den Hauptverwaltungsbeamten der Gemeinde oder den etwa bestellten Hüter, ihm rechtzeitig von der herannahenden Ernte Kenntnis zu geben (§ 101 Abs. 2 Satz 3 GVGA). Ein vom Gerichtsvollzieher hinzugezogener Sachverständige hat zu begutachten, ob die gewöhnliche Zeit der Reife binnen eines Monats zu erwarten ist (§ 102 Abs. 3 GVGA).
Rz. 8
Die Pfändung von Früchten, die vom Boden noch nicht getrennt sind, erfolgt nach den Vorschriften über die Pfändung beweglicher Sachen (§§ 808 ZPO, 102 Abs. 1 GVGA). Die Pfändung ist in geeigneter Weise für jedermann kenntlich zu machen. Dies geschieht durch Aufstellung von Pfandtafeln oder Pfandwischen (Pfandzeichen) mit einer vom Gerichtsvollzieher unterschriebenen Pfandanzeige oder durch andere zweckentsprechende Vorrichtungen, tunlichst unter Verwendung des Dienstsiegels oder des Dienststempels. In geeigneten Fällen bestellt der Gerichtsvollzieher einen Hüter (§ 102 Abs. 2 GVGA).
Rz. 9
Werden bei der Zwangsvollstreckung gegen eine Person, die Landwirtschaft betreibt, voraussichtlich Früchte zu pfänden sein, die noch nicht vom Boden getrennt sind, so zieht der Gerichtsvollzieher einen landwirtschaftlichen Sachverständigen zu, wenn anzunehmen ist, dass der Wert der zu pfändenden Gegenstände 500 EUR übersteigt. Der Sachverständige hat zu begutachten, ob die gewöhnliche Zeit der Reife binnen eines Monats zu erwarten ist (§ 102 Abs. 3 GVGA) und ob die Früchte ganz oder z. T. zur Fortführung der Wirtschaft bis zu der Zeit erforderlich sind, zu der voraussichtlich gleiche oder ähnliche Erzeugnisse gewonnen werden (§ 811 Abs. 1 Nr. 4 ZPO).
Rz. 10
Die Früchte dürfen vor der Reife nicht vom Boden getrennt werden (§ 103 Abs. 1 GVGA). Ihre Versteigerung ist erst nach der Reife zulässig. Sie kann vor oder nach der Trennung der Früchte erfolgen. Hierüber entscheidet der Gerichtsvollzieher – ggf. nach Anhörung eines Sachverständigen – insb. mit Rücksicht darauf, auf welche Weise voraussichtlich ein höherer Erlös zu erzielen ist. Nach diesem Gesichtspunkt entscheidet er auch, ob die Versteigerung im Ganzen oder in einzelnen Teilen geschehen soll.
Rz. 11
Sollen die reifen Früchte vor ihrer Aberntung versteigert werden, so hält der Gerichtsvollzieher den Termin i. d. R. an Ort und Stelle ab. Sollen die Früchte nach der Trennung versteigert werden, so lässt sie der Gerichtsvollzieher durch eine zuverlässige Person abernten. Hierfür kann auch der Schuldner ausgewählt werden (§ 103 Abs. 2 GVGA). Die Vergütung für die Aberntung vereinbart der Gerichtsvollzieher im Voraus. Er beaufsichtigt die Aberntung, soweit es erforderlich ist, um den Ertrag der Ernte mit Sicherheit festzustellen. Er sorgt auch dafür, dass die Ernte bis zur Versteigerung sicher untergebracht und verwahrt wird. In den Versteigerungsbedingungen ist zu bestimmen, innerhalb welcher Zeit der Käufer die Früchte von dem Grund und Boden wegzuschaffen hat. Der Erlös darf erst ausgezahlt werden, wenn die Früchte weggeschafft sind oder die für ihre Fortschaffung bestimmte Frist verstrichen ist.
Rz. 12
Wird dem Gerichtsvollzieher ein Gerichtsbeschluss vorgelegt, durch den die Zwangsvollstreckung in das Grundstück angeordnet ist, so stellt er die Zwangsvollstreckung einstweilen ein; er unterlässt also die Pfändung, die Aberntung und die Versteigerung der Früchte sowie – falls der Käufer die Früchte noch nicht an sich genommen hat – die Auszahlung des Erlöses. Wird die Zwangsversteigerung des Grundstücks angeordnet, so ist die Zwangsvollstreckung einzustellen, wenn die Beschlagnahme (§§ 20 bis 26 ZVG) erfolgt, solange die Früchte noch nicht vom Boden getrennt sind. Hat die Trennung schon stattgefunden, so ist die Vollstreckung trotz der Beschlagnahme fortzusetzen. Von der Einstellung der Zwangsvollstreckung ist der Gläubiger unverzüglich zu benachrichtigen (§ 103 Abs. 4 GVGA).