Rz. 61
Dem Pfändungsschutz unterliegen außerdem sämtliche Tiere, die der Schuldner oder eine Person, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit benötigt, sowie das für diese Tiere erforderliche Futter und die erforderliche Streu. Im Insolvenzverfahren gehören im Fall einer selbstständigen Tätigkeit des Schuldners die Sachen nach lit. b zur Insolvenzmasse. Ausnahme: bei Sachen, die für die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit erforderlich sind, welche in der Erbringung persönlicher Leistungen besteht (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 InsO).
Rz. 62
Der Vorschrift liegen die Wertungen zu Grunde, die auch beim Pfändungsschutz für Sachen gelten, die für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit benötigt werden (vgl. Abs. 1 Nr. 1 lit. b ZPO; RZ 26). Es soll sichergestellt werden, dass der Schuldner oder eine Person, mit der er in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, den Erwerbsbetrieb fortführen kann.
Rz. 63
Die Regelung erweitert den Schutzbereich des § 811 Abs. 1 Nr. 3, 4 ZPO a. F. Dem Pfändungsschutz unterfallen somit Tiere, die für die Ausübung jedweder Tätigkeit – und nicht nur einer landwirtschaftlichen – benötigt werden, so z. B. gewerbliche Zuchttiere (Fisch-, Pferde- und Geflügelzucht, Imkerei etc.). Unerheblich ist für den Pfändungsschutz, ob für die Erwerbstätigkeit eigener oder fremder Boden (Pacht, Nießbrauch) genutzt wird oder ob die Tiere mit Erzeugnissen gefüttert werden, die in dem Betrieb selbst hergestellt wurden. Ebenso spielt es keine Rolle mehr, ob eine kapitalistische Tätigkeit im Vordergrund steht (so aber § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO a.F.; vgl. Herberger, DGVZ 2021, 253, 259). Der Pfändungsschutz gilt für Haupterwerbs- und Nebenerwerbsbetriebe (BR-Drucks. 62/21 S. 31).
Rz. 64
Die Frage, ob ein Tier für eine Erwerbstätigkeit benötigt wird, richtet sich danach, welche und wie viele Tiere zur Fortführung des Betriebs notwendig sind. Dies wird je nach Art und Umfang des Betriebs variieren und kann daher nicht gesetzlich festgelegt werden. Entscheidend ist stets der Einzelfall.
Rz. 65
Für sämtliche unter Nr. 8 fallende Tiere sind auch das erforderliche Futter und die erforderliche Streu pfändungsgeschützt. In Abweichung zu § 811 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a. F. ist der für die Beschaffung von Futter und Streu für die Dauer von vier Wochen erforderliche Geldbetrag nicht mehr geschützt. Dies dient der Vereinfachung und erscheint vor dem Hintergrund, dass nunmehr Futter und Streu ohne zeitliche Begrenzung pfändungsgeschützt sind, als angemessen (BR-Drucks. 62/21 S. 31).