1 Grundsatz – Zweck
Rz. 1
Die Vorschrift bezweckt die vorläufige Sicherstellung durch Pfändung einer nach § 811 Nr. 1, 5 und 6 ZPO unpfändbaren Sache durch den Gerichtsvollzieher im Rahmen eines Vollstreckungsauftrages. Die Voraussetzungen sind die gleichen wie bei § 811a ZPO.
2 Voraussetzungen
2.1 Austauschpfändung ist zu erwarten
Rz. 2
Nach Abs. 1 ist die vorläufige Austauschpfändung zulässig, wenn eine Zulassung durch das Gericht zu erwarten ist (OLG München, OLGZ 1983, 325). In diesem Fall pfändet der Gerichtsvollzieher die Sachen, wenn er im Gewahrsam des Schuldners keine pfändbaren Sachen vorfindet oder wenn die vorhandenen pfändbaren Sachen zur Befriedigung des Gläubigers nicht ausreichen. Er belässt die vorläufig gepfändeten Sachen jedoch im Gewahrsam des Schuldners (§ 75 Satz 2 GVGA). Die Frage einer Bewertung nach § 803 Abs. 2 ZPO und einer Prüfung der Pfändbarkeit nach §§ 811, 811c, 812 ZPO unter Berücksichtigung der Möglichkeit einer Austauschpfändung nach § 811b ZPO und der Vornahme einer Vorwegpfändung gem. § 811d ZPO erübrigt sich allerdings, wenn sich im Rahmen der Vermögensauskunft aus dem Vermögensverzeichnis keine pfändbaren Gegenstände ergeben (LG Aachen, DGVZ 2018, 236). Ein Ermessen des Gerichtsvollziehers ist zulässig. Die vorläufige Austauschpfändung soll nur vorgenommen werden, wenn zu erwarten ist, dass der Vollstreckungserlös den Wert des Ersatzstückes erheblich übersteigen wird (Abs. 1 Satz 2; vgl. § 811a Rz. 7).
Rz. 3
Die vorläufige Austauschpfändung eines Farbfernsehgerätes ist abzulehnen, wenn der nach Abzug der Vollstreckungskosten verbleibende Versteigerungserlös (hier ca. 150,00 DM) außer Verhältnis zu den Anschaffungskosten eines Ersatzfernsehgerätes in schwarz/weiß steht (LG Düsseldorf, DGVZ 1995, 43). Kann der voraussichtliche Versteigerungserlös eines Fernsehgerätes auf ca. 500,00 DM geschätzt, und damit davon ausgegangen werden, dass der Vollstreckungserlös den Wert eines Ersatzstücks (Radio) erheblich übersteigen wird, so ist eine vorläufige Austauschpfändung zulässig, denn ihre Zulassung durch das Gericht steht zu erwarten (OLG München, DGVZ 1983, 140; LG Berlin, DGVZ 1991, 91; a. A. AG Bad Segeberg, DGVZ 1992, 126; Zöller/Herget, § 811b Rn. 1).
2.2 Befristung
Rz. 4
Die vorläufige Austauschpfändung ist durch den Gerichtsvollzieher aufzuheben, wenn der Gläubiger nicht binnen einer Frist von zwei Wochen nach Benachrichtigung von der Pfändung einen Antrag nach § 811a Abs. 2 ZPO bei dem Vollstreckungsgericht gestellt hat oder wenn ein solcher Antrag rechtskräftig zurückgewiesen ist (Abs. 2; vgl. § 75 GVGA). Der Nachweis der rechtzeitigen Antragstellung auf Zulassung der Austauschpfändung beim Vollstreckungsgericht nach § 811a ZPO obliegt dem Gläubiger. Die Frist ist keine Notfrist, sodass eine Wiedereinsetzung nicht möglich ist. Stellt der Gläubiger den Antrag auf Zulassung der Austauschpfändung nicht fristgemäß, so hebt der Gerichtsvollzieher die Pfändung auf. Wird der Antrag dagegen fristgemäß gestellt, so wartet der Gerichtsvollzieher die gerichtliche Entscheidung ab. Weist das Gericht den Antrag rechtskräftig zurück, so hebt der Gerichtsvollzieher ebenfalls die Pfändung auf (§ 75 Nr. 3 GVGA). Gleiches gilt, wenn der Gläubiger die gepfändete Sache wieder freigibt.
2.3 Benachrichtigung
Rz. 5
Der Gerichtsvollzieher benachrichtigt den Gläubiger davon, dass er die Pfändung als vorläufige Austauschpfändung durchgeführt hat und weist ihn darauf hin, dass die Pfändung nach § 811b ZPO aufgehoben werden müsse, wenn der Gläubiger nicht binnen zwei Wochen nach Eingang der Nachricht die Zulassung der Austauschpfändung bei dem Vollstreckungsgericht beantragt habe (Abs. 2, 3; § 75 Nr. 1 GVGA; a. A. AG Bersenbrück, DGVZ 1992, 61: der Gerichtsvollzieher ist nicht verpflichtet, den Gläubiger auf die Antragsfrist und die Folgen der Versäumung dieser Frist hinzuweisen).
Rz. 6
In der Benachrichtigung bezeichnet der Gerichtsvollzieher das Pfandstück, dessen gewöhnlichen Verkaufswert und den voraussichtlichen Erlös. Ferner gibt er an, welches Ersatzstück nach Art und besonderen Eigenschaften in Betracht kommt, um dem geschützten Verwendungszweck zu genügen, und weist darauf hin, dass er die Vollstreckung nach gerichtlicher Zulassung der Austauschpfändung nur auf Anweisung des Gläubigers fortsetzt. Ein fehlender oder falscher Hinweis macht die Benachrichtigung nicht unwirksam, löst aber u. U. Schadenersatzansprüche aus. Eine Zustellung der Benachrichtigung ist nicht erforderlich, zur sicheren Fristberechnung aber zweckmäßig; andernfalls gilt § 270 Satz 2 ZPO (Musielak/Becker, § 811b Rn. 4 m. w. N.).
2.4 Übergabe
Rz. 7
Lässt das Vollstreckungsgericht eine Austauschpfändung nach §§ 811a Abs. 1, 1. Halbs. ZPO, 74 Abs. 1 GVGA zu, so übergibt der Gerichtsvollzieher nach Anweisung des Gläubigers dem Schuldner gegen Quittung das Ersatzstück oder den zu seiner Beschaffung erforderlichen Geldbetrag und setzt die Zwangsvollstreckung sodann fort (Abs. 3; 74 Abs. 1 GVGA); er darf nunmehr dem Schuldner das Pfandstück wegnehmen. Die Rechtskraft des Zulassungsbeschlusses braucht der Gerichtsvollzieher nicht abzuwarten.
Rz. 8
Lässt das...