1 Regelungszweck
Rz. 1
Die Vorschrift steht im Zusammenhang mit der öffentlichen Versteigerung (§ 814 ZPO) und regelt deren Verfahren hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs und des Ortes, um die Rechte der Beteiligten (Schuldner, Gläubiger, Dritte) zu wahren. Die Vorschrift erstreckt sich auf alle Fälle der Versteigerung gepfändeter Sachen gem. § 814 ZPO. Zur Verwertung beweglicher Sachen im Internet kann das derzeitige Recht nicht herangezogen werden (Schnabl, NJW 2005, 941; Viertelhausen, DGVZ 2003, 2; zur Verwertung einer gepfändeten Internet-Domain durch den Gläubiger vgl. AG Bad Berleburg, Vollstreckung effektiv 2002, 3; ebenso vgl. zur Pfändung und Verwertung einer Internet-Domain BGH, Urteil v. 11.10.2018, VII ZR 288/17, Vollstreckung effektiv 2005, 178, 188; BGH, Vollstreckung effektiv 2019, 29). Absätze 4 und 5 wurden durch das Gesetz über die Internetversteigerung in der Zwangsvollstreckung und zur Änderung anderer Gesetze mit Wirkung zum 5.8.2009 geändert (BGBl. I S. 2474).
2 Wartefrist
Rz. 2
Regelmäßig bestimmt der Gerichtsvollzieher bereits bei der Pfändung einen Versteigerungstermin. Dieser Zeitpunkt darf nicht vor Ablauf einer Woche nach Pfändung bzw. soll nicht nach Ablauf eines Monats nach der Pfändung erfolgen (§ 92 Abs. 1 Satz 1 GVGA). Der Schuldner erhält damit nochmals Gelegenheit zur Zahlung, Dritte können gegebenenfalls ihre Rechte nach §§ 805, 771 ZPO geltend machen bzw. potentielle Bieter können ermittelt werden. Ausnahmen bestehen, wenn Gläubiger und Schuldner sich über einen früheren Termin einigen, oder eine frühere Versteigerung erforderlich ist, um die Gefahr einer beträchtlichen Wertminderung (z. B. bei verderblichen Waren) der Pfandstücke oder eines unverhältnismäßigen Kostenaufwandes für eine längere Aufbewahrung abzuwenden (§ 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2 GVGA). Dies hat der Gerichtsvollzieher in der Akte zu vermerken. Die Fristberechnung erfolgt nach § 222 ZPO. Die Frist beginnt für jeden Gläubiger gesondert, was insbesondere bei einer Anschlusspfändung (§ 826 ZPO) zu beachten ist.
3 Versteigerungsort (Abs. 2)
Rz. 3
Die Pfandstücke werden in der Gemeinde versteigert, in der sie gepfändet worden sind (nicht wo sie aufbewahrt werden), an einem anderen Ort im Bezirk des Vollstreckungsgerichts oder am Amtssitz des Gerichtsvollzieher, sofern nicht der Gläubiger und der Schuldner sich auf einen anderen Ort einigen oder der Gerichtsvollzieher auf Antrag des Gläubigers oder des Schuldners einen anderen Ort bestimmt hat (§§ 816 Abs. 2, 825 Abs. 1 Satz 1 ZPO; § 92 Abs. 2 Satz 1 GVGA). Liegt die Versteigerung im Interesse der Parteien an einem dritten Ort, so soll der Gerichtsvollzieher auf die Möglichkeit eines Antrags nach § 825 Abs. 1 ZPO hinweisen (§ 92 Abs. 2 Satz 2 GVGA). Ist der Schuldner unter Mitnahme der Pfandstücke in einen anderen Amtsgerichtsbezirk verzogen, so soll der Gerichtsvollzieher den Gläubiger darauf hinweisen, den Antrag auf Abgabe der Zwangsvollstreckung an den nunmehr zuständigen Gerichtsvollzieher zu stellen und hierzu, falls nötig, die neue Anschrift des Schuldners mitzuteilen. Der Gerichtsvollzieher des neuen Aufenthaltsortes hat die Pfandstücke dann zu übernehmen und die Vollstreckung fortzuführen.
Rz. 4
Die Versteigerung gepfändeter Sachen in der Wohnung des Schuldners ohne dessen Zustimmung verstößt gegen Art. 13 Abs. 1 GG (OLG Hamm, Rpfleger 1984, 324 = DGVZ 1984, 150 = NJW 1985, 75). Die zum Verkauf bestimmten Bäume und Sträucher einer Baumschule können wie Grundstücksfrüchte gepfändet und ohne vorherige Trennung vom Grundstück an Ort und Stelle versteigert werden (LG Bayreuth, DGVZ 1985, 42).
4 Bekanntmachung (Abs. 3)
Rz. 5
Die Versteigerung muss öffentlich bekannt gemacht werden (vgl. § 93 Abs. 1 Satz 1 GVGA), um Personen, die im Einzelfall als Interessenten in Betracht kommen, möglichst umfassend auf die bevorstehende Versteigerung hinzuweisen und durch Heranziehung zahlreicher Bieter ein günstiges Versteigerungsergebnis zu erzielen. Die Bekanntmachung muss rechtzeitig erfolgen, spätestens am Tag vor dem Versteigerungstermin. Ist dies nicht der Fall, so ist der Grund dafür aktenkundig zu machen (§ 93 Abs. 1 Satz 4 GVGA). Eine Bekanntmachung am Tage der Versteigerung genügt nur, wenn die Pfandstücke alsbald versteigert werden müssen, etwa weil sie dem Verderb oder einer beträchtlichen Wertminderung ausgesetzt sind. Sämtliche beteiligten Gläubiger und der Schuldner sind über den Versteigerungstermin besonders zu informieren, wenn ihnen der Termin nicht bereits anderweitig bekannt gegeben worden ist, etwa durch die übersandte Abschrift des Pfändungsprotokolls (§ 93 Nr. 4 GVGA). Ist der Aufenthalt eines Schuldners unbekannt, darf eine Versteigerung der bei ihm gepfändeten Gegenstände ohne seine grundsätzlich vorgeschriebene Benachrichtigung durchgeführt werden (LG Essen, MDR 1973, 414). Hinsichtlich des Inhalts der Bekanntmachung vgl. § 93 Nr. 2 GVGA.
Rz. 6
Im Einzelnen gilt (§ 93 Abs. 3 GVGA):
- Werden Gegenstände von geringerem Wert versteigert (z. B. gebrauchte Haushaltungsgegenstände, Kleidungsstücke und dergleichen), so kann eine öffentliche Bek...