1 Regelungszweck
Rz. 1
Die Vorschrift regelt für die von dem Gerichtsvollzieher nach § 814ff. ZPO durchgeführte Zwangsversteigerung, dass diese einzustellen ist, sobald der Erlös zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung ausreicht (BGH, NJW 2007, 1276 = BGHZ 170, 243 = NSW ZPO § 818 (BGH-intern) = NSW ZPO § 825 (BGH-intern) = WM 2007, 364 = DGVZ 2007, 23 = BGHReport 2007, 316 = MDR 2007, 682 = InVo 2007, 241 = Rpfleger 2007, 213 = KKZ 2008, 112 = ZIP 2007, 355 = FamRZ 2007, 391 = JuS 2007, 688 = FoVo 2008, 140). Die Vorschrift ist eine Ausprägung des auch im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens Geltung beanspruchenden verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sowie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. dazu BVerfG, BVerfGE 52, 214, 219 = JMBl NW 1980, 22 = EuGRZ 1979, 554 = NJW 1979, 2607 = WuM 1980, 27 = MDR 1980, 116 = DGVZ 1980, 8 = ZMR 1980, 12 = Rpfleger 1979, 450; BVerfGE 49, 220, 225, BVerfGE 46, 325, 334 f.; BGH, NJW 2007, 1276 = BGHZ 170, 243 = NSW ZPO § 818 (BGH-intern) = NSW ZPO § 825 (BGH-intern) = WM 2007, 364 = DGVZ 2007, 23 = BGHReport 2007, 316 = MDR 2007, 682 = InVo 2007, 241 = Rpfleger 2007, 213 = KKZ 2008, 112 = ZIP 2007, 355 = FamRZ 2007, 391 = JuS 2007, 688 = FoVo 2008, 140). Ähnlich wie bei den von ihrer Zielrichtung her vergleichbaren Regelungen in § 1230 Satz 2 BGB und § 300 Abs. 1 AO soll mit dieser Vorschrift gewährleistet werden, dass der von einer Pfändung betroffene Schuldner vor einer übermäßigen Verwertung seines Eigentums bewahrt bleibt. Es wird somit sichergestellt, dass die gepfändeten, aber zur Befriedigung der titulierten Forderung einschließlich der Kosten nicht mehr benötigten Pfandgegenstände dem Schuldner erhalten bleiben.
2 Anwendungsbereich
Rz. 2
Die Norm setzt die Pfändung der Mehrheit von beweglichen Sachen voraus und verpflichtet den Gerichtsvollzieher, die Zwangsversteigerung einzustellen, sobald der Erlös eines Teils der verwerteten Sachen ausreicht, um die Hauptforderung des Gläubiger nebst dessen Kostenerstattungsansprüchen, sowie die notwendigen (§§ 91, 788 ZPO) Kosten der Zwangsvollstreckung abzudecken. Zu diesem Zweck hat der Gerichtsvollzieher die erzielten Erlöse von Zeit zu Zeit zu addieren (§ 95 Abs. 13 Satz 2 GVGA). Der Erlös darf erst dann an den Gläubiger abgeführt werden, wenn die Übergabe (§ 817 Abs. 2 ZPO) der verkauften Sache stattgefunden hat. Zur Verwertung einer gepfändeten Internet-second-level-domain vgl. AG Bad Berleburg, Rpfleger 2001, 560 = CR 2003, 224 (der Rechtsübergang tritt nicht mit dem Zuschlag, sondern mit der Erklärung des Gerichtsvollziehers i. S. d. § 818 ZPO ein).
Rz. 3
Ausnahmen bestehen
- Bei einer Mehrheit von Gläubigern z. B. bei Anschlusspfändung (§§ 826, 827 ZPO); die Versteigerung wird dann fortgesetzt, wenn die Frist des § 816 Abs. 1 ZPO abgelaufen ist, andernfalls ist ein neuer Versteigerungstermin zu bestimmen,
- Bei Anspruch eines Dritten im Falle einer vorzugsweise Befriedigung (§ 805 ZPO), wenn entweder ein rechtskräftiges Urteil oder eine einstweilige Anordnung (§ 805 Abs. 4 ZPO) vorliegt (Zöller/Herget. § 818 Rn. 1); Gleiches gilt bei Einwilligung aller Beteiligten, wenn die Voraussetzungen des § 805 ZPO nicht vorliegen (str. MünchKomm/ZPO-Gruber, § 818 Rn. 3 m. w. N.).
3 Wirkungen der Einstellung/Rechtsbehelfe
Rz. 4
Verstöße gegen die Vorschrift berühren nicht die Wirksamkeit der Übertragung der Gegenstände auf den Erwerber, lösen jedoch ggf. Amtshaftungsansprüche aus. Nach der Einstellung sind die übrigen Sachen an den (ehemaligen) Schuldner als Eigentümer zurückzugeben.
Rz. 5
Ohne Zustimmung des Gläubigers kann der Gerichtsvollzieher die Pfändung nicht aufheben. Gibt der Gläubiger die gepfändeten Sachen nicht frei, muss der Schuldner die Aufhebung der Pfändung mit der Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO verfolgen, indem er den "abgeschriebenen" Titel (§ 757 ZPO) präsentiert. Im Übrigen steht auch dem Gläubiger und betroffenen Dritten der Rechtsbehelf der Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) zu, wenn sie der Auffassung sind, die Versteigerung sei zu früh und damit zu Unrecht eingestellt worden.