Rz. 7
In Abs. 1 sieht die Vorschrift alternative Möglichkeiten der anderweitigen Verwertung der gepfändeten Sache durch den Gerichtsvollzieher vor. Die Versteigerung kann abweichend von den nicht zwingenden Bestimmungen der §§ 816 ZPO (Frist), 817 ZPO (Beschränkung des Personenkreises; Stundung der Erlöszahlung, ggf. i. V. m. Eigentumsvorbehalt) erfolgen. Nicht abdingbar sind außer der Mindestgebotsregelung (§ 817a ZPO) auch die Vorschriften über den Zuschlag an den Meistbietenden und die Haftung des Bietenden (§ 817 Abs. 1 und 3 ZPO) sowie die über die öffentlich-rechtliche Wirkung der Ablieferung (§ 817 Abs. 2 ZPO; vgl. auch i.E. Musielak/Becker, § 825 Rn. 3).
Rz. 8
Die Alternative des freihändigen Verkaufs erfolgt im Einzelfall auf Antrag des Gläubigers oder des Schuldners (§ 97 Nr. 3 GVGA; zum Verfahren vgl. §§ 98, 99 GVGA). Sie ist insbes. in Ansehung des Umstandes zu wählen, dass bei freihändiger Veräußerung an den Gläubiger oder an einen Dritten ein höherer Erlös zu erwarten ist als bei einer Versteigerung (vgl. § 98 Abs. 1 Satz 3 GVGA). Der Gerichtsvollzieher wird insoweit als Amtsperson öffentlich-rechtlich tätig (MünchKomm/ZPO-Gruber, § 825 Rn. 8). Die Norm findet auch im Rahmen einer Arrestverwertung bei Gefahr einer beträchtlichen Wertverringerung nach § 930 Abs. 2 ZPO Anwendung, wenn eine Versteigerung und damit Verwertung der arrestierten Sache durch den Gerichtsvollzieher gem. den §§ 814ff. ZPO möglich ist. Ein im Wege des Arrests gepfändetes ausländisches Seeschiff, das nach § 930 ff. ZPO gepfändet wurde, kann deshalb auch im freihändigen Verkauf verwertet werden (OLGR Schleswig, 1997, 182 = InVo 1997, 250).
Rz. 9
Die Übereignung eines gepfändeten Gegenstands an eine bestimmte Person (Gläubiger, Schuldner, Dritter) stellt gegenüber der Verwertung durch Versteigerung die Ausnahme dar. Sie darf nur angeordnet werden, wenn die Versteigerung nicht zum Erfolg führt oder wenn sie einem Ergebnis entspricht, das durch freihändige Veräußerung (LG Bochum, DGVZ 1977, 89) bzw. Versteigerung nicht zu erzielen ist (LG Freiburg, DGVZ 1982, 186) Dies gilt auch, wenn der gepfändete Gegenstand unter Eigentumsvorbehalt vom Schuldner erworben wurde. Auch in diesem Fall sind vom Vollstreckungsgericht die Voraussetzungen der Regelung zu beachten (LG Nürnberg, Beschluss v. 24.2.1987 – 13 T 1307/87 – Juris). Sie gilt nicht bei ungetrennten wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks (BGH, BGHZ 104, 298 = NJW-RR 1988, 1480 = DB 1988, 1993 = ZIP 1988, 1283 = MDR 1988, 946 = BB 1988, 1778 = JuS 1989, 58). Denn nach § 93 BGB können wesentliche Bestandteile einer Sache nicht Gegenstand besonderer Rechte sein. Die Pfändung kann aus den Gründen des § 803 Abs. 2 ZPO nicht mehr abgelehnt werden, wenn der Gläubiger zusichert, die Sache im Fall der Zuweisung gem. § 825 ZPO zu einem deutlich über den Vollstreckungskosten liegenden Betrag zu übernehmen oder wenn der Gläubiger für den Fall der Versteigerung ein Gebot zusichert, das die zu erwartenden Kosten der Zwangsvollstreckung deutlich übersteigt (AG Neumünster, JurBüro 2003, 549; LG Köln, JurBüro 1988, 1088 = DGVZ 1988, 60; LG Bochum, DGVZ 1983, 12; AG Walsrode, DGVZ 1985, 157; a. A. LG Berlin, JurBüro 1982, 460).
Rz. 10
Voraussetzung für die Übereignung einer Pfandsache an den Gläubiger ist neben einem Antrag die Nennung des Erwerbspreises durch den Gläubiger. Eine Zuweisung ist dann nur zu dem von dem Gläubiger gebotenen Preis zulässig (LG Koblenz, MDR 1981, 236). Wenn der Übernahmepreis unzureichend ist, ist der Übereignungsantrag abzulehnen (LG Essen, DGVZ 1996, 120; a. A. LG Nürnberg-Fürth, Beschluss v. 24.2.1987, 13 T 1307/87 – Juris, wonach lediglich ein höherer Preis erzielt werden muss).
Rz. 11
Es ist nicht Aufgabe des Gerichtsvollziehers, zur Durchführung der Übereignung an den Gläubiger eine geeignete Person oder ein Unternehmen ausfindig zu machen und zu beauftragen, den Gegenstand für den Gläubiger am Wegnahmeort im Empfang zu nehmen und die Versendung an den von dem Gläubiger bestimmten Ort vorzunehmen. Vielmehr genügt es, wenn er den Gläubiger bzw. dessen Verfahrensbevollmächtigten auffordert, ihm eine Person zu benennen, der er zwecks Übereignung den Gegenstand übergeben kann (LG Nürnberg, DGVZ 1992, 136).
Rz. 12
Mit der Aushändigung des Pfandstücks – gegen Barzahlung (§ 817 Abs. 2 ZPO; § 98 Abs. 3 GVGA) oder Verrechnung (§ 817 Abs. 4 ZPO) – an den Gläubiger durch den Gerichtsvollzieher geht das Eigentum auf den Gläubiger über. Die Zwangsvollstreckung ist damit endgültig beendet (OLG Celle, NJW 1961, 1730).
Rz. 13
Mit einer Verwertung an einem anderem Ort ist die Verwertung an einem Ort außerhalb des Vollstreckungsbezirks (vgl. § 816 Abs. 2 ZPO; § 92 Abs. 2 GVGA) gemeint, es sei denn, Gläubiger und Schuldner haben sich hierüber bereits geeinigt. Praktisch bedeutsam ist dies, wenn sich hierdurch z. B. eine größere Resonanz von Bietern ergibt (z. B. Versteigerung von Gemälden in Großstadt anstelle auf dem Land) oder ggf. Kosten verringert werden können.