1 Normzweck
Rz. 1
Die Norm dient der Verfahrensvereinfachung dadurch, dass eine erleichterte Form der Beschlagnahme bewirkt wird, wenn entweder derselbe Gläubiger wegen eines anderen vollstreckbaren Anspruchs oder ein anderer Gläubiger nach bereits erfolgter, wirksamer Pfändung erneut in denselben Gegenstand durch den Gerichtsvollzieher vollstreckt. Die Formalitäten der Erstpfändung (§ 808 ZPO) entfallen dann (Zöller/Herget, § 826 Rn. 1).
2 Voraussetzungen
Rz. 2
Voraussetzungen der Anschlusspfändung sind:
- Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung,
- Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers als Vollstreckungsorgan,
- Gewahrsam des Schuldners an der Sache,
- Herausgabebereitschaft eines Dritten gem. § 809 ZPO (OLG Düsseldorf, OLGZ 73, 50; Gerlach, ZZP 1989, 1976), auch wenn der Dritte nicht mehr im Besitz der Sache ist (Knoche, ZZP 114, 2001, 399),
- Pfändbarkeit der Sache gem. §§ 811, 812 ZPO,
- wirksame Erstpfändung, d. h. das Bestehen einer staatlichen Verstrickung (§ 116 Abs. 3 Satz 1 GVGA; a. A. Thomas/Putzo/Seiler, § 826 Rn. 2; Stein/Jonas/Münzberg, § 826 Rn. 8; a. A. MünchKomm/ZPO-Gruber, § 826 Rn. 4; Musielak/Becker, § 826 Rn. 2). Anfechtbarkeit der Erstpfändung schließt Anschlusspfändung nicht aus und berührt auch ihre Wirksamkeit nicht, wenn noch Aufhebung der Erstpfändung erfolgt (Zöller/Herget, § 826 Rn. 3). Die Anschlusspfändung ist auch in das Surrogat (Erlös) nach bereits erfolgter Ablieferung der Sache zulässig (LG Berlin, DGVZ 1983, 93). Die Anschlusspfändung hat zu unterbleiben, wenn die Rechtsgültigkeit oder das Fortbestehen der vorangegangenen Pfändung zweifelhaft ist oder die Wirksamkeit einer durch bloße Erklärung bewirkten Anschlusspfändung aus sonstigen Gründen fraglich erscheint. Die Unwirksamkeit einer vorausgegangenen Pfändung und die damit grds. verbundene Herausgabepflicht der gepfändeten Sachen durch den Gerichtsvollzieher gem. § 171 GVGA hindert allerdings eine erneute ordnungsgemäße Pfändung nicht. Der Gerichtsvollzieher kann daher auch Sachen in seinem Gewahrsam pfänden, hinsichtlich derer eine vorausgegangene Pfändung aufgehoben wurde, da sie in Abwesenheit des Schuldners ohne richterliche Durchsuchungsanordnung vorgenommen wurde und Gefahr im Verzug nicht vorlag (AG Cham, DGVZ 1995, 186). Sind überdies die vom Gerichtsvollzieher bereits gepfändeten Sachen nicht mehr bei dem Schuldner vorhanden, sondern sind sie vom Erst-Gerichtsvollzieher bereits in die Pfandkammer gebracht worden, kann eine Anschlusspfändung vor der verschlossenen Tür des Schuldners nicht erfolgen. Eine telefonische Anschlusspfändung findet nicht statt (AG Elmshorn, DGVZ 1992, 46).
- Identität des Schuldners: Dies ergibt sich aus § 116 Abs. 1 Satz 1 GVGA. Hiernach muss die Pfändung bereits gepfändeter Sachen in derselben Form wie eine Erstpfändung erfolgen, wenn sie sich gegen einen anderen Schuldner als den der Erstpfändung richtet (sog. Doppelpfändung). Der Gerichtsvollzieher vermerkt in diesem Fall in den Akten beide Pfändungen, dass und wann er die Sache auch gegen den anderen Schuldner gepfändet hat.
3 Durchführung
Rz. 3
Um die Anschlusspfändung zu bewirken, "genügt" die Erklärung des Gerichtsvollziehers, dass er die schon gepfändeten Sachen für seinen Auftraggeber gleichfalls pfändet. Hieraus folgt, dass auch eine Erstpfändung gem. § 808 ZPO möglich ist. Die Erklärung ist unter genauer Zeitangabe in das Pfändungsprotokoll (§ 762 ZPO) aufzunehmen. War die Erstpfändung von einem anderen Gerichtsvollzieher bewirkt, so ist diesem eine Abschrift des Pfändungsprotokolls zuzustellen. Die Anschlusspfändung ist dann mit der sie vollziehenden Erklärung bewirkt. Hat derselbe Gerichtsvollzieher die erste Pfändung und die Anschlussprüfung bewirkt, so muss er sicherstellen, dass bei der weiteren Bearbeitung, insbes. bei der Versteigerung, keine der Pfändungen übersehen werden kann. So muss der Gerichtsvollzieher besonders darauf achten, dass Pfändungspfandrechte ruhender Vollstreckungen nicht gefährdet werden. Er vergewissert sich deshalb, dass die erste Pfändung eine wirksame Verstrickung herbeigeführt hat und dass diese noch besteht. Hierzu muss der Gerichtsvollzieher das Protokoll der Erstpfändung einsehen. Die Pfändung ist ohne Rücksicht darauf vorzunehmen, ob sich nach Befriedigung der Gläubigeransprüche der Erstpfändung und der Kosten der ersten Vollstreckung noch ein Überschuss erwarten lässt. Dies gilt jedoch nur, wenn die Befriedigung des Gläubigers aus anderen Pfandstücken nicht erlangt werden kann, sie vom Gläubiger ausdrücklich verlangt wird oder die Befriedigung – aus besonderen Gründen – zweckentsprechend erscheint als die Pfändung anderer, noch nicht gepfändeter Sachen (§ 116 Abs. 4 GVGA). Liegen Vorpfändungen in einer Höhe vor, die den Wert der gepfändeten Sache nahezu erreichen und ist mit erheblichen Verwahrkosten zu rechnen, so ist der Gerichtsvollzieher, der eine Anschlusspfändung ausbringen will, verpflichtet, dem Gläubiger möglichst noch vor der Ausführung der Anschlusspfändung, spätestens jedoch mit der Übersendung des Pfändungsprotokolls mitzuteilen, in welch...