1 Grundsatz – Zweck
Rz. 1
Die Vorschrift regelt zum einen die Zuständigkeit für das weitere Vollstreckungsverfahren bis zur Verwertung in dem Fall, dass eine Sache von verschiedenen Gerichtsvollziehern gepfändet worden ist (Abs. 1); im Interesse der Effektivität des Verfahrens wird eine einheitliche Zuständigkeit geschaffen. Im Übrigen ist das weitere Verfahren zur Verteilung des Erlöses bei mehrfacher Pfändung für den Fall geregelt, dass er zur Deckung der Forderungen der Vollstreckungsgläubiger nicht ausreicht (Abs. 2 und 3). Die Vorschrift regelt daher das Verhältnis der Gläubiger untereinander. Die Vorschrift findet Anwendung in allen Fällen der Pfändung beweglicher Sachen im Rahmen der Geldvollstreckung nach der Zivilprozessordnung, aber auch nach der Verwaltungsvollstreckung (MünchKomm/ZPO-Gruber, § 827 Rn. 2).
2 Voraussetzungen der Zuständigkeitsregelung (Absatz 1)
Rz. 2
Der Auftrag des Gläubigers, für den eine Anschlusspfändung bewirkt ist, geht kraft Gesetzes auf den Gerichtsvollzieher über, der die erste Pfändung durchgeführt hat (Abs. 1; § 116 Abs. 5 Satz 1 GVGA). Daher ist dem Gerichtsvollzieher, der die erste Pfändung durchgeführt hat, von den anderen Gerichtsvollziehern der jeweilige Schuldtitel nebst den sonstigen für die Vollstreckung erforderlichen Urkunden auszuhändigen, sofern nicht das Vollstreckungsgericht (Rechtspfleger; § 20 Nr. 17 RPflG, § 764 Abs. 2 ZPO) auf Antrag eines anderen Gläubigers bzw. Schuldners aus besonderen Gründen die Verrichtungen dieses Gerichtsvollziehers einem anderen Gerichtsvollzieher überträgt (vgl. § 116 Abs. 5 Satz 2 GVGA). Die örtliche Zuständigkeit (§ 764 Abs. 3 ZPO) bestimmt sich nach den Verhältnissen der ersten Pfändung (Zöller/Herget, § 827 Rn. 3). Zum Verfahren vgl. § 825 ZPO Rz. 4 ff. Dem Auftraggeber und dem Schuldner ist hiervon Kenntnis zu geben. Der Gerichtsvollzieher, dem die Fortsetzung der Vollstreckung obliegt, hat sich als von allen Gläubigern beauftragt zu betrachten. Die Stundung seitens eines der Gläubiger oder die Einstellung des Verfahrens ggü. einem der Gläubiger hat auf die Fortsetzung der Vollstreckung für die anderen Gläubiger keinen Einfluss.
Rz. 3
Die Durchsuchung von Räumen des Schuldners durch den Gerichtsvollzieher zur Erledigung mehrerer Pfändungsaufträge gem. Abs. 3 verstößt allerdings gegen Art. 13 Abs. 1 GG, wenn für einen Teil der Gläubiger keine Durchsuchungsanordnung vorliegt, der Gerichtsvollzieher sich aber wegen der Vollstreckung für die übrigen Gläubiger länger in den Räumen des Schuldners aufhalten muss (BVerfG, NJW 1987, 2499 = BVerfGE 76, 83 = WM 1987, 1021 = JZ 1987, 834 = BB 1987, 1766 = DGVZ 1987, 155 = DB 1987, 1989 = DVBl 1987, 1065 = Grundeigentum 1987, 1101 = Rbeistand 1987, 118 = MDR 1987, 903; a. A. LG Hamburg, DGVZ 1982, 45).
Rz. 4
Bei gleichzeitiger Pfändung für mehrere Gläubiger hat der Gerichtsvollzieher auch zu prüfen, ob nicht ein einzelner Gläubiger hinsichtlich seines Kostenanteils gem. § 803 Abs. 2 ZPO benachteiligt wird. Ergibt die Prüfung, dass die Pfändung für diesen Gläubiger offensichtlich zu einer Benachteiligung in den Vollstreckungskosten führt, muss der Gerichtsvollzieher in einem solchen Fall von einer Pfändung auch für diesen Gläubiger absehen (LG Berlin, DGVZ 1983, 41).
3 Erlösverteilung (Absatz 2 und 3)
Rz. 5
Die Versteigerung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt für alle beteiligten Gläubiger (§§ 827 Abs. 1 Satz 2 ZPO, § 116 Abs. 6 Satz 1 GVGA). Reicht der Erlös zur Deckung sämtlicher Forderungen nicht aus, so ist er nach der Reihenfolge der Pfändungen zu verteilen (§ 116 Abs. 6 Satz 2 GVGA). Dabei sind – vorbehaltlich des § 15 Abs. 3 Satz 3 bis 4 GvKostG – zunächst die Kosten des § 15 GvKostG aus dem Erlös zu entnehmen. Der Resterlös wird sodann nach § 117 Abs. 4 Satz 2 GVGA quotal verteilt (vgl. § 118 Abs. 3 GVGA). Verlangt ein Gläubiger ohne Zustimmung der übrigen Gläubiger eine andere Art der Verteilung, so ist durch den Gerichtsvollzieher eine Hinterlegung vorzunehmen (§ 827 Abs. 2 ZPO, § 117 Abs. 5 Satz 3 GVGA). Die Hinterlegung hat der Gerichtsvollzieher dem Vollstreckungsgericht anzuzeigen. Welches Vollstreckungsgericht zuständig ist (§ 764 Abs. 2 ZPO), bestimmt sich nach dem Gerichtsvollzieher, auf den die Anträge gem. Abs. 1 übergegangen sind. Der Anzeige sind die auf das Verfahren sich beziehenden Dokumente beizufügen, d. h. Schuldtitel und sonstige Zwangsvollstreckungsunterlagen nebst Annahmeverfügung und Hinterlegungsschein des Hinterlegungsgerichts.
Rz. 6
Die Pfändungsgläubiger haben ihre Rechte bei Hinterlegung vorrangig im Verteilungsverfahren nach den §§ 872ff. ZPO wahrzunehmen, wobei einem Vollstreckungsgläubiger nach ungerechtfertigter Zwangsvollstreckung eines anderen Gläubiger bereicherungsrechtliche Ansprüche nach den §§ 812ff. BGB verbleiben (OLG Oldenburg, OLGZ 1992, 488 = NdsRpfl 1992, 175).
Rz. 7
Bei Teilzahlungsvereinbarung ist zu beachten, dass der Gerichtsvollzieher Tilgungsbeträge für jeden Gläubiger gesondert bestimmen muss. Jeder der genannten Gläubiger ist Erstgläubiger. Gläubiger, die erst nach diesem Zeitpunkt Vollstreckungsaufträge erteilen, sind nachrangig zu beha...