Rz. 93
Wird eine Geldforderung gepfändet, hat das Gericht gemäß § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung zu enthalten (Inhibitorium; Verstoß führt zur relativen Unwirksamkeit; §§ 135, 136 BGB; vgl. Rz. 58 f.). Die Pfändung bewirkt eine Beschlagnahme (Verstrickung) und begründet für den Gläubiger ein Pfandrecht. Die Beschlagnahme entzieht die Forderung der Verfügungsbefugnis des Schuldners. Der Schuldner bleibt auch nach der Pfändung der Gläubiger der gepfändeten Forderung. Eine für den Gläubiger gepfändete und ihm überwiesene Forderung verbleibt im Vermögen des (Pfändungs-) Schuldners. Die Überweisung bewirkt lediglich, dass er die Forderung nicht mehr für sich einziehen, also nicht Leistung an sich verlangen kann (BGH, Rpfleger 2001, 435 = WM 2001, 1075 = NJW 2001, 2178 = ZIP 2001, 1217 = MDR 2001, 1075 = KTS 2001, 463 = JZ 2002, 44 = KKZ 2002, 41 = JR 2002, 234 = BB 2001, 1328 = DB 2001, 2143 = JurBüro 2001, 557 = JA 2001, 830). Dies ist jedoch einschränkend dahin auszulegen, dass der Pfändungsschuldner keine das Pfändungspfandrecht beeinträchtigenden Verfügungen treffen kann (BGH, Urteil v. 12.7.1968, V ZR 29/66, NJW 1968, 2059; BGH, BGHZ 215, 139 = NJW 2017, 2768). Insofern darf er z. B. nach Pfändung der im Versicherungsvertrag verkörperten Rechte das Rentenwahlrecht nicht mehr zum Nachteil des Gläubigers ausüben (BFH, JurBüro 2008, 44). Ebenso sind durch die Pfändung dem Schuldner Verfügungen zum Nachteil des Gläubigers verboten, u. a. auch eine Übertragung der Forderung durch Abtretung (OLG Stuttgart NJW 2013, 2125 = FamRZ 2013, 1658).
Rz. 94
Leistet der Drittschuldner verbotswidrig an den Schuldner, tritt im Verhältnis zum Gläubiger keine Erfüllungswirkung ein (§ 135 Abs. 1, § 136 BGB). Ein gutgläubiger lastenfreier Erwerb (§ 135 Abs. 2 BGB) scheidet aus, weil das Gesetz bei Forderungen keinen Gutglaubensschutz des Erwerbers vorsieht.
Rz. 95
Dritten gegenüber ist eine Verfügung des Schuldners (Einziehung der Forderung beim Drittschuldner) wirksam (Zöller/Herget, § 829 Rn. 18). Insofern gilt, dass wenn die Erbteilsvollstreckung über einen Erbteil angeordnet ist, der Erbteilsvollstrecker bei der Pfändung eines anderen Erbteils gemeinsam mit den übrigen vollstreckungsfreien Miterben Drittschuldner ist. Soll ein Nachlassgegenstand veräußert werden, hat er ebenso wie die übrigen vollstreckungsfreien Miterben vorher die Zustimmung des Pfändungspfandgläubigers einzuholen und diesen zum Veräußerungsvorgang hinzuziehen. Veräußert er einen gepfändeten Nachlassgegenstand (hier: Grundstück) ohne Beteiligung des Pfändungspfandgläubigers mit der Folge, dass der Erwerber gutgläubig Eigentum erwirbt und das Pfändungspfandrecht untergeht, so haftet er dem Pfändungspfandgläubiger für den hierdurch entstandenen Schaden. Lagen dem Pfändungspfandrecht Kindesunterhaltsansprüche zugrunde, so ist der Pfändungspfandgläubiger auch befugt, den durch den Ausfall des Pfändungspfandrechts entstandenen Schaden nicht nur hinsichtlich der originären Unterhaltsansprüche sondern auch hinsichtlich (vom Sozialleistungsträger – hier: Unterhaltsvorschusskasse) rückübertragener Unterhaltsansprüche geltend zu machen (OLG Koblenz, Urteil v. 21.7.2005, 2 U 1000/04 – Juris).
Rz. 96
Rechtshandlungen des Schuldners, die also weder den Bestand des Pfandrechts noch den der gepfändeten Forderung beeinträchtigen, sind dem Schuldner infolge der bei ihm verbliebenen Berechtigung gestattet. Dazu gehören auch Vollstreckungsmaßnahmen, die lediglich der Sicherung der Forderung dienen, wie die Arrest – und Sicherungsvollstreckung, §§ 930, 720 a ZPO (LG Berlin, MDR 1989, 76; OLG Oldenburg, JurBüro 1998, 103 = OLGR Oldenburg, 1997, 278 = MDR 1998, 61). Danach ist eine Pfändung in das bewegliche Vermögen zulässig. Das Recht des Schuldners, nach Pfändung seiner Ansprüche auf Aufteilung eines Verwertungserlöses sowie Auszahlung des anteiligen Erlöses das ihm als Miteigentümer zustehende Recht, die Teilungsversteigerung nach §§ 180 ff. ZVG zu beantragen, besteht daher weiterhin (OLG Hamm, Rpfleger 1958, 269; OLG Jena, Rpfleger 2001, 445f; OLG Hamm, NJOZ 2002, 928; LG Wuppertal, NJW 1961, 785; MünchKomm/BGB-Schmidt, 7. Aufl., § 749 Rn. 24; Storz/Kiderlen, Praxis der Teilungsversteigerung, 6. Aufl., S. 118; Böttcher, Rpfleger 1993, 389, 391; Becker, ZfIR 2016, 521, 526; a. A. OLG Hamburg, MDR 1958, 45, 46; LG Frankenthal, Rpfleger 1985, 500; Stöber, ZVG, § 180 Anm. 11.10 k; Ripfel, NJW 1958, 692; Stöber, Rpfleger 1963, 337, BGH, NJW 2017, 2768; BGHZ 215, 139).
Ebenso kann in diesem Rahmen die Abgabe der Vermögensauskunft nach §§ 802c, 807 ZPO verlangt werden. Ebenso darf er aus eigenem Recht auf Leistung an den Pfändungsgläubiger klagen. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Klage folgt schon aus dem Interesse des Schuldners, von der dem Pfändungsgläubiger ggü. bestehenden Verbindlichkeit befreit zu werden. Da sich die Prozessführungsbefugnis schon daraus ergibt, dass ihm die Forderung (noch) gehört...