Rz. 101
Der Drittschuldner kann nach wirksamer Pfändung der Forderung nicht mehr mit befreiender Wirkung an seinen Gläubiger, den Vollstreckungsschuldner, leisten. Die rechtswirksame Überweisung der Forderung begründet vielmehr nach § 836 Abs. 1 ZPO die alleinige Einziehungsbefugnis des Vollstreckungsgläubigers (BGHZ 100, 36 = WM 1987, 434 = DB 1987, 778 = NJW 1987, 1703 = MDR 1987, 494 = JuS 1987, 911).
Rz. 102
Der Drittschuldner hat das Arrestatorium zu beachten (§ 829 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. Rz. 58 f.), d. h. er darf nicht mehr an den Schuldner leisten. Leistet er dennoch, wird er dem Gläubiger ggü. nur dann befreit, wenn die Pfändung ihm zu diesem Zeitpunkt unbekannt war (§§ 1275, 407 BGB analog; vgl. RGZ 87, 412; BGHZ 86, 337 = WM 1983, 217 = Rpfleger 1983, 118 = ZIP 1983, 362 = NJW 1983, 886 = MDR 1983, 486 = JurBüro 1983, 543; BGHZ 58, 25 = WM 1972, 163 = NJW 1972, 428 = Rpfleger 1972, 90 = MDR 1972, 319 = WM 1972, 163; KG Berlin WM 2013, 1407). § 407 Abs. 2 BGB gilt nur, wenn nach erfolgter Pfändung die Forderung im Streit zw. Schuldner und Drittschuldner rechtshängig wird. Ist die Rechtshängigkeit schon vor der Pfändung eingetreten, so wirkt ein in diesem Streit ergehendes Urteil gem. § 325 Abs. 1 ZPO zwar auch für und gegen den Gläubiger, der die streitige Forderung während des Rechtsstreits gepfändet hat. Denn die Rechtshängigkeit schließt das Recht einer Partei nicht aus, den geltend gemachten Anspruch abzutreten oder sonst auf einen anderen zu übertragen, ohne dass dies auf einen anhängigen Prozess Einfluss hat (BGH, WM 1982, 1313 = ZIP 1982, 1461 = VersR 1983, 34 = BauR 1983, 384 = ZfBR 1997, 304). Dasselbe gilt auch für einen staatlichen Übertragungsakt im Wege der Pfändung. Ein in einem solchen Prozess zw. den Parteien ergangenes Urteil gilt auch ggü. deren Rechtsnachfolgern, wie z. B. Pfändungsgläubigern. Auch sie müssen das Ergebnis des Streits um die Forderung gegen sich gelten lassen.
Rz. 103
Ein Verstoß gegen das Veräußerungsverbot (vgl. §§ 136, 135 BGB) hat zur Folge, dass der Pfändungsgläubiger so gestellt werden muss, wie er stehen würde, wenn eine verbotswidrige Zahlung an den Schuldner nicht bewirkt worden wäre, wobei allerdings der Drittschuldner zulässige Einwendungen gegen die gepfändete Forderung durch eine verbotswidrige Zahlung an den Schuldner nicht verliert (BGHZ 86, 337 = WM 1983, 217 = Rpfleger 1983, 118 = ZIP 1983, 362 = NJW 1983, 886 = MDR 1983, 486 = JurBüro 1983, 543; BGHZ 58, 25 = WM 1972, 163 = NJW 1972, 428 = Rpfleger 1972, 90 = MDR 1972, 319 = WM 1972, 163). Hat der Drittschuldner verbotswidrig an den keine Empfangszuständigkeit mehr besitzenden Schuldner bezahlt, ohne analog § 407 BGB von seiner Verpflichtung frei geworden zu sein, so hat er ggü. dem Pfändungsgläubiger nicht erfüllt (§ 362 BGB). So kann der Drittschuldner nicht einfach an den Schuldner aufgrund von dessen Obsiegen in einem Prozess zahlen, wenn ihm die Pfändung und Überweisung der Forderung an den Pfändungsgläubiger bekannt ist. Hat er einen entspr. Vortrag im Prozess unterlassen, sodass deshalb ein materiell unrichtiges Urteil auf Leistung an den Schuldner ergangen ist, so kann er im Hinblick auf § 767 Abs. 2 ZPO eine Vollstreckungsgegenklage gegen den Schuldner nicht mehr erheben. Dann bleibt ihm nur der Weg der Hinterlegung zugunsten des Schuldners und des Pfändungsgläubigers (§ 372 BGB, wobei zur Erfüllung ein Verzicht auf das Recht der Rücknahme erforderlich ist, § 378 BGB), weil der Pfändungsgläubiger eine Leistung an den Schuldner nicht gegen sich gelten lassen muss (BGHZ 86, 337 = WM 1983, 217 = Rpfleger 1983, 118 = ZIP 1983, 362 = NJW 1983, 886 = MDR 1983, 486 = JurBüro 1983, 543; RGZ 84, 286).
Rz. 104
Im Übrigen wird die Rechtsstellung des Drittschuldners nicht beeinträchtigt. Einwendungen und Einreden können dem Gläubiger entgegengehalten werden. Der Drittschuldner hat überdies die nicht einklagbare (BGH, NJW 1984, 1901 = BGHZ 91, 126 = WM 1984, 702 = EBE/BGH 1984, 193-195 = ZIP 1984, 751 = JZ 1984, 673 = Rpfleger 1984, 324 = MDR 1984, 752 = JurBüro 1984, 1351 = DGVZ 1984, 137 = JuS 1984, 895 = JR 1984, 466) Obliegenheit, auf Verlangen des Gläubigers gem. § 840 ZPO die Drittschuldnererklärung abzugeben. Durch diese Auskunft soll der Gläubiger in die Lage versetzt werden, sein weiteres Vorgehen zur Durchsetzung der Forderung sinnvoll zu planen (vgl. auch § 840 Rz. 1a.
Die schuldhafte Verletzung dieser Obliegenheit zieht den Schadensersatzanspruch des § 840 Abs. 2 ZPO nach sich. Erklärt der Drittschuldner in der Drittschuldnererklärung, dass die Forderung bestehe, liegt darin kein konstitutives oder deklaratorisches Schuldanerkenntnis, sondern lediglich eine Wissenserklärung (vgl. BGHZ 69, 328 = WM 1977, 1298 = BB 1977, 1628 = DB 1977, 2321 = Rpfleger 1978, 13 = NJW 1978, 44 = JZ 1978, 32 = MDR 1978, 222 = JR 1978, 160 = Information StW 1978, 214 = JuS 1978, 421; vgl. § 840 Rz 19), die allerdings zu einer Beweislastumkehr dergestalt führt, dass nunmehr der Drittschuldner das Nichtbestehen der...