9.9.1 Allgemeines
Rz. 161
Rz. 161a
Nach BGH (Vollstreckung effektiv 2005, 78 = NJW 2005, 681 = WM 2005, 288 = WuM 2005, 138 = NZM 2005, 192 = FamRZ 2005, 436 = Rpfleger 2005, 206 = JurBüro 2005, 210 = KKZ 2005, 254 = MDR 2005, 650) waren Einkünfte aus Vermietung/Verpachtung außerhalb des von § 851b ZPO umfassten Bereichs grundsätzlich uneingeschränkt pfändbar. Die Notwendigkeit, zur Sicherung des Lebensunterhalts Sozialhilfe in Anspruch nehmen zu müssen, begründete als solche keine sittenwidrige Härte. Diese Auffassung ist seit der Entscheidung des BGH vom 26.6.2014 (BGH, DB 2014, 1737 = WM 2014, 1485 = ZIP 2014, 1542; vgl. auch § 850i Rz. 8) überholt. Als Nebenrecht erfasst die Pfändung auch das gesetzliche Vermieter- und Verpächterpfandrecht (§§ 559 ff., 581 BGB; OLG Nürnberg, JurBüro 2001, 606 = KKZ 2002, 194 = keine isolierte Pfändung des Pfändungspfandrechts; Zöller/Herget, § 829 Rn. 20 m. w. N.).
9.9.1.1 Pfändungsmuster
Rz. 161b
9.9.2 Mietgemeinschaften
Rz. 161c
Sind mehrere Personen Mieter, kann die Rückgabe der Mietsicherheit nur von allen gemeinsam gefordert werden. Dies gilt auch, wenn die Sicherheit von einem Mieter gegeben worden ist. Eine solche Zahlung stellt nämlich eine Leistung aller Mieter zur Erfüllung der Sicherheitsabrede dar (KG, MK 2012, 73). Problemlos ist die Pfändung bzw. die Rückzahlung, wenn der Gläubiger aufgrund eines einheitlichen Titels gegen alle Schuldner als Mieter vollstreckt. Ist aber von mehreren forderungsberechtigten Mietern nur einer Vollstreckungsschuldner, muss der Gläubiger auf die Rechte seines Schuldners gegen die Gemeinschaft zugreifen (Stöber, Rn. 64; Mock, Praxis der Forderungsvollstreckung, 1. Auflage, § 8 Rn. 338 f.). Drittschuldner sind die anderen nicht schuldnerischen Mieter.
9.9.2.1 Pfändungsmuster
Rz. 161d
9.9.3 Konkurrenz von Mobiliar- Immobiliarvollstreckung/Insolvenz
Rz. 162
In der Praxis greifen Gläubiger sowohl im Rahmen der Mobiliar- als auch im Rahmen der Immobiliarvollstreckung auf Miet- und Pachteinnahmen zu. Hinzu kommt, dass parallel auch ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Bei dieser Konkurrenz ist Folgendes zu beachten:
9.9.3.1 Pfändungen im Rahmen der Mobiliarvollstreckung durch Einzelgläubiger
Rz. 163
Gläubiger G. 1 pfändet wegen 2.000 EUR die Mieteinnahmen des Schuldners S. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wird dem Mieter M. als Drittschuldner am 15.8. zugestellt.
Beispiel 1
Gläubiger G. 2 – eine Bank – pfändet wegen einer Forderung von 4.000 EUR anschließend. Dessen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wird am 23.8. dem M. zugestellt.
Lösung: Die Pfändung des G. 1 geht der des G. 2 vor, da er das bessere Pfandrecht hat (Prioritätsprinzip).
Beispiel 2
Gläubiger G. 2 lässt sich wegen einer Forderung von 4.000 EUR auf dem Grundstück des S. eine Zwangssicherungshypothek eintragen und pfändet anschließend wegen seines dinglichen Anspruchs ebenfalls die Mieteinnahmen. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wird am 23.8. dem M. zugestellt.
Lösung: G. 1 geht dem G. 2 weiterhin im Rang vor, obwohl dieser wegen seines dinglichen Anspruchs aus der Zwangssicherungshypothek die Vollstreckung betreibt. Grund: Die Befriedigung des G. 2 findet vorrangig nur aus einem besonderen dinglichen Titel dann statt, wenn dieser Titel auf Duldung der Vollstreckung in das belastete Grundstück aus der Hypothek lautet. Einen solchen Titel hat G 2 aber durch die Eintragung der Zwangssicherungshypothek gerade nicht erwirkt (BGH, Vollstreckung effektiv 2008, 104).
Beispiel 3
Gläubiger G. 2 – eine Bank – pfändet aus ihrer im Grundbuch des S. eingetragenen
Grundschuld/Hypothek wegen einer Forderung von 20.000 EUR. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wird am 23.8. dem M. zugestellt.
Lösung: Die Pfändung des G. 2 geht derjenigen des G. 1 vor, wenn dieser aus seinem dinglichen Anspruch die Pfändung betreibt (BGH, Vollstreckung effektiv 2008, 104). Dies ist vorliegend der Fall. Grundlage der Pfändung muss der dingliche Anspruch sein. Bei einer Vollstreckung aufgrund einer Unterwerfungserklärung in einer notariellen Urkunde gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO wegen einer dinglichen Forderung ist diese Voraussetzung erfüllt. Es handelt sich daher bei der Unterwerfungserklärung um einen Duldungstitel i. S. d. § 800 ZPO. Folge: G.2 verdrängt den G. 1 von seinem Pfandrecht. G. 2 stehen die Mieteinnahmen aufgrund der Pfändung ab dem 1.10. zu (§ 1124 BGB).
9.9.3.2 Pfändungen im Rahmen der Immobiliarvollstreckung
Rz. 164
Als Möglichkeiten der Immobiliarvollstreckung kommen neben der Eintragung einer Sicherungshypothek sowohl die Zwangsversteigerung als auch die Zwangsverwaltung in Betracht. Mit Anordnung der Zwangsverwaltung bzw. -versteigerung wird bei dem Grundbuchamt ein Zwangsverwaltungs- bzw. Zwangsversteigerungsvermerk eingetragen (sog. Beschlagnahme, §§ 20, 21 ZVG). Die Beschlagnahme im Rahmen der Zwangsversteigerung umfasst nicht Miet- und Pachtforderungen. Folge: Solange nur die Zwangsversteigerung durch einen (Grundpfandrechts-) Gläubiger beantragt wurde, wird das bessere Pfandrecht bei bereits zuvor gepfändeten Miet- und Pachteinnahmen durch einen anderen Gläubiger nicht beeinträchtigt.
Rz. 165
Nach §§ 148, 21 Abs. 2 ZVG, § 1123 Abs. 1 BGB erstreckt sich nur die Zwangsverwaltung auch auf die Miet- und Pachtzinsfor...