Rz. 4
Das vereinfachte Antragsverfahren ist – zum Schutz des Vollstreckungsschuldners – auf bestimmte Fälle beschränkt. Hierzu müssen folgende Voraussetzungen kumulativ vorliegen:
- die sich aus dem Vollstreckungsbescheid ergebende fällige Geldforderung darf nicht mehr als 5.000 EUR betragen; Kosten der Zwangsvollstreckung und Nebenforderungen sind bei der Berechnung der Forderungshöhe nur zu berücksichtigen, wenn sie allein Gegenstand des Vollstreckungsauftrags sind; für andere Arten von Vollstreckungstiteln, die ebenfalls Forderungen unterhalb der Wertgrenze von 5.000 EUR betreffen, ist dem Antrag nach § 829a ZPO weiterhin eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels in Papierform beizufügen.
- die Vorlage anderer Urkunden als der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides darf nicht vorgeschrieben sein; Hierzu zählt nicht der Nachweis der erfolgten Zustellung des Vollstreckungsbescheides; dieser kann auch in Form eines elektronischen Dokuments geführt werden (Abs 1 Satz 1 Nr. 3; geändert durch Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten; BGBl. 2013, 3786). Hierunter fallen daher die Fälle, in denen eine Rechtsnachfolge entweder auf Gläubiger- oder Schuldnerseite vorliegt
- der Gläubiger muss bei Antragstellung eine Abschrift des Vollstreckungsbescheides nebst Zustellungsbescheinigung als elektronisches Dokument beifügen;
- der Gläubiger hat bei Antragstellung d. h. ebenfalls in elektronischer Form zu versichern, dass ihm eine Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides und eine Zustellungsbescheinigung vorliegen und die Forderung in Höhe des Vollstreckungsauftrags noch besteht. Dies könnte zur Folge haben, dass der Gläubiger nicht zeitgleich in andere Vermögenswerte des Schuldners vollstrecken kann, da er andernfalls eine falsche Versicherung gegenüber dem Vollstreckungsgericht abgegeben hat. Um dieser Folge zu entgehen, bietet es sich an ggf. eine oder ggf. mehrere vollstreckbare Ausfertigungen des Vollstreckungsbescheids nach § 733 ZPO zu beantragen (vgl. ausführlich Mock, Vollstreckung effektiv 2000, 18). Es kann allerdings auch sein, dass gemeint ist, dass der Gläubiger lediglich versichern muss, dass er überhaupt eine vollstreckbare Ausfertigung erlangt hat, nicht aber, dass es sie konkret in Händen hält. Die Gesetzesbegründung gibt insoweit nichts her. Allenfalls der Wortlaut "vorliegen" könnte für die vorgenannte These sprechen. Gewollt ist aber wohl nur der Schutz des Schuldners, dass der Antrag nicht ohne Titel gestellt wird, da elektronische Dokumente leicht gefälscht werden können.
Rz. 5
Das vereinfachte Verfahren gilt auch für die Mitvollstreckung der notwendigen Zwangsvollstreckungskosten gem. § 788 Abs. 1 Satz 1 ZPO (BR-Drucks. 326/12). Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Gläubiger das Entstehen, die Höhe und die Notwendigkeit der Kosten glaubhaft macht (§§ 788 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Gerichte verlangen in diesem Zusammenhang zur Glaubhaftmachung regelmäßig neben einer geordneten Aufstellung der Kosten die Vorlage von Belegen. Die Regelung verlangt daher ebenfalls die Vorlage einer nachprüfbaren Aufstellung der bisher entstandenen Kosten der Zwangsvollstreckung und entsprechender Belege in elektronischer Form, auf deren Grundlage das Vollstreckungsgericht die ihm obliegende Prüfung gemäß § 788 Abs. 1 Satz 1 ZPO vornehmen kann, ob die verlangten Kosten dem Grunde nach Kosten der Zwangsvollstreckung des mit dem Hauptsachetitel ausgewiesenen Anspruchs sind, ob sie in der verlangten Höhe entstanden sind und ob sie notwendig waren (§ 91 ZPO).
Rz. 6
Hat das Gericht an dem Vorliegen einer Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides oder der übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen Zweifel, teilt es dies dem Gläubiger mit und führt die Zwangsvollstreckung erst durch, nachdem der Gläubiger die Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides übermittelt oder die übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen nachgewiesen hat (Abs. 2 ZPO). Diese Regelung dient der weiteren Sicherung des Schuldners vor ungerechtfertigter Vollstreckung (BT-Drucks. 16/10069 S. 35).
Die Zweifel müssen allerdings subjektiven Charakter haben, die zusätzlich, trotz der Versicherung des Antragstellers anhand tatsächlicher Anhaltspunkte, objektiv nachvollziehbar begründet sein müssen (AG Kassel, 28.7.17, 630 M 546/17 m. w. N.; AG Wismar, 21.12.18, 14 M 929/18). Eine pauschale Anforderung des Vollstreckungstitels ohne Zweifel verbietet sich und widerspricht dem gesetzgeberischen Zweck, ein vereinfachtes Verfahren einzuführen. Daher muss das jeweilige Vollstreckungsorgan seine konkreten Zweifel auch tatsächlich benennen.