Rz. 6
Hier gelten wegen des sachenrechtlichen Publizitätsgrundsatzes die zusätzlichen Anforderungen des § 830 ZPO. Die wirksame Pfändung erfolgt durch Erlass eines Pfändungsbeschlusses und Briefübergabe an den Gläubiger (Abs. 1 Satz 1; OLG München MittBayNot 1979, 37; OLG München, Rpfleger 2015, 199). Die wirksame Pfändung erfordert somit stets die Briefübergabe an den Gläubiger. Dass der Brief beim Grundbuchamt verwahrt wird und die (Hilfs-) Pfändung und Überweisung des Herausgabeanspruchs stattgefunden hat, ändert daran nichts (OLG München, Beschluss v. 20.6.2011, 34 Wx 259/11 – Juris).
Rz. 7
Eine Zustellung an den Schuldner ist grundsätzlich nicht erforderlich. Eine Ausnahme besteht, wenn sich der Brief bereits vor der Pfändung in unmittelbarem Gläubigerbesitz befindet. Die Pfändung wird in diesem Fall allein mit Aushändigung des Pfändungsbeschlusses an den Gläubiger bewirkt. Wird der Pfändungsbeschluss vor der Übergabe des Briefes oder der Eintragung der Pfändung dem Drittschuldner zugestellt, so gilt die Pfändung diesem ggü. mit der Zustellung als bewirkt (Abs. 2). Insofern wird verhindert, dass der Drittschuldner vor ordnungsgemäß vollzogener Pfändung noch wirksam ggü. dem Gläubiger an den Schuldner zahlt oder sonst mit diesem zum Nachteil des Gläubigers verfügt, obwohl das Zahlungsverbot bereits zugestellt worden ist. Die Fiktion dieser Regelung greift allerdings nur dann, wenn die Briefübergabe später tatsächlich nachfolgt (BGH, BGHZ 127, 146 = WM 1994, 2033 = ZIP 1994, 1720 = NJW 1994, 3225 = DNotZ 1995, 139 = Rpfleger 1995, 119 = KTS 1995, 86 = ZZP 108, 250 = KKZ 1995, 140 = DB 1994, 2445 = EWiR 1994, 1251 = JuS 1995, 168 = VuR 1995, 118; vgl. auch Rn. 3 Ausführungen zur Buchhypothek). Hinsichtlich der Briefübergabe ist zu unterscheiden:
Rz. 8
- Gibt der Schuldner den Brief freiwillig an den Gläubiger oder den Gerichtsvollzieher heraus, wird damit die Pfändung wirksam (OLG Düsseldorf, Rpfleger 1969, 65).
- Erfolgt die Herausgabe nicht freiwillig, kann der Gläubiger den Gerichtsvollzieher aufgrund der Ausfertigung des Pfändungsbeschlusses mit dessen Wegnahme beauftragen (Abs. 1 Satz 2 i. V. m. §§ 836 Abs. 3, 883 ZPO; Leißing, Vollstreckung effektiv 2000, 6; BGH, NJW 1979, 2046 = MDR 1979, 922 = Rpfleger 1979, 299 = JuS 1980, 154 = WM 1979, 730). Einer Vollstreckungsklausel des Pfändungsbeschlusses bedarf es hierbei nicht. Es empfiehlt sich daher, im Pfändungsantrag eine Weg- bzw. Herausgabeanordnung hinsichtlich des Briefs mit aufzunehmen (zur Urkundenherausgabe bei der Forderungsvollstreckung vgl. auch BGH, Vollstreckung effektiv 2006, 147 = FamRZ 2006, 1272 = WM 2006, 1684 = DGVZ 2006, 134 = BGHReport 2006, 1325 = ZVI 2006, 391 = JurBüro 2006, 547 = NJW-RR 2006, 1576 = MDR 2007, 50 = KKZ 2009, 183). Findet der Gerichtsvollzieher die Urkunde nicht vor, muss der Schuldner ggü. dem Gerichtsvollzieher an Eides statt versichern, dass er den Brief nicht hat und auch nichts über dessen Verbleib weiß (§ 883 Abs. 2 ZPO). In diesem Fall kann der Brief für kraftlos (§ 1003 ZPO, § 1162 BGB) erklärt und sodann ein neuer Brief nach Erlass eines Ausschlussurteils (§ 1017 ZPO) vom Grundbuchamt ausgestellt werden (zum Verfahren vgl. ausführlich Mock, Vollstreckung effektiv 2008, 191, 205). Dies bedingt nach einer umstrittenen Ansicht allerdings zuvor ebenfalls die Pfändung des Anspruchs auf Kraftloserklärung sowie auf Ausstellung eines neuen Briefs, was sicherheitshalber im Pfändungsbeschluss mit aufgenommen werden sollte (MünchKomm/ZPO-Smid, 4. Aufl., § 830, Rn. 19; Keidel/Zimmermann, FamFG, 17. Aufl., § 448, Rn. 2; Stein/Jonas/Brehm Rn. 21; vgl. zur Pfändbarkeit des Antragsrechts auch: OLG Frankfurt NJW 1962, 640 ff.vgl. Mock, Vollstreckung effektiv 2008, 191). Die Gegenansicht vertritt die Aufassung, dass dieses Recht von der Pfändung des Grundpfandrechtes erfasst ist (OLG München, BeckRS 2011, 08536; Zöller/Stöber, , § 830, Rn. 5 a. E.; vgl. auch: BGH, NJW-RR 2012, 782 = WM 2012, 704 = MDR 2012, 672 = FGPrax 2012, 94 = Rpfleger 2012, 379 = KKZ 2014, 107 zum Übergang des Antragsrecht auf Neuerteilung eines Grundschuldbriefes mit Pfändung). Grundsätzlich von der Pfändung erfasst sind sog. mitgepfändete Nebenrechte einer Forderung, während selbstständige Sicherungsrechte einer eigenständigen Pfändung bedürfen (OLG Hamm, FGPrax 2014, 87; Zöller/Stöber, § 829, Rn. 20). Das Antragsrecht im Sinne des § 467 Abs. 2 FamFG steht demjenigen zu, der das Recht aus der Urkunde geltend machen kann. Das ist bei einem Grundpfandrecht der Inhaber des dinglichen Rechts und ggf. der Eigentümer oder der persönliche Schuldner nach Rechtsübergang, §§ 1163, 1164 BGB (Keidel/Giers, FamFG, 17. Aufl., § 467, Rn. 2). Da aufgrund dessen eine untrennbare Verknüpfung zwischen der Inhaberschaft an der Forderung und dem Antragsrecht besteht, ist selbiges als mitgepfändet anzusehen. Hierfür spricht auch, dass durch den Pfändungsbeschluss insoweit lediglich die Befugnis eingeräumt wird, die gesetzlich vorgesehenen Ersatzmaßnahmen zu ergreifen, um die fü...