1 Grundsatz – Zweck
Rz. 1
Die Vorschrift befasst sich ausschließlich mit indossablen Papieren, die über Forderungen ausgestellt sind (Schuschke/Walker, § 831 Rn. 1; zum Begriff vgl. auch § 821 Rz. 3; Kunst, InVo 2004, 3 m. w. N.). Dabei folgt dem Recht aus dem Papier das Recht am Papier. Es wird mithin eine Vorgehensweise vorgeschrieben, die an den Besitz des Papiers knüpft.
Rz. 2
Zu unterscheiden von diesen indossablen Papieren sind die Wertpapiere (Inhaber- und Namenspapiere z. B. die Namensaktie, § 67, § 68 Abs. 1 AktG), die durch Indossament oder auch durch Abtretung und Übergabe der Papiere übertragen werden. Diese Wertpapiere werden wie Inhaber- und Rektapapiere behandelt. Die Zwangsvollstreckung gegen sie richtet sich nach den §§ 808, 821 ZPO.
2 Anwendungsbereich
Rz. 3
Unter die Norm fallen nach dem Wortlaut vor allem der Wechsel (Art. 11 WG) sowie "andere Papiere" wie z. B. der Scheck, Inhaberscheck (Kerres, DGVZ 1992, 106; Prost, NJW 1958, 1618; a. A. Kunst, InVo 2004, 3), kaufmännische Orderpapiere, soweit sie an Order lauten (§ 363 HGB; zum Begriff vgl. § 821 Rz. 3), Konnossemente der Verfrachter (BGH, MDR 1980, 1016 = WM 1980, 870 = DB 1980, 1937 = RIW 1981, 267 = BGHWarn 1982, Nr. 140), der Orderscheck (Art. 14 ScheckG) sowie Blanko-Orderpapiere. Ebenso wird die Regelung auf Rektapapiere analog angewandt (Kunst, InVo 2004, 3; zum Begriff vgl. § 821 Rz. 3), gleichfalls ein auf eigene Order lautender, vom Bezogenen angenommener Wechsel, auf dem Name und Unterschrift des Ausstellers fehlen (LG Darmstadt, DGVZ 1990, 157). Voraussetzung ist, dass das Wertpapier den Schuldner als Inhaber legitimiert, wie beim Wechsel den ersten Nehmer oder den durch eine ununterbrochene Indossamentenkette ausgewiesenen Besitzer (Art. 16 Abs. 1 WG; Becker, JuS 2005, 233 m. w. N.). Namensaktien (§ 67 AktG) werden hingegen von der Norm nicht erfasst. Sie können zwar durch Indossament übertragen werden (§ 68 Abs. 1 Satz 1 AktG), sie verbriefen allerdings keine Forderung, sondern Mitgliedschaftsrechte. Die Regelung ist nicht mehr anwendbar auf die Postspareinlage. Diese ist gem. den §§ 829 ff. ZPO zu pfänden (§ 23 Abs. 4 PostG ist mit Wirkung zum 1.1.1998 außer Kraft getreten; vgl. BGBl I, 1997, 2325).
3 Pfändung der Forderungen aus Wechseln
Rz. 4
Aus der Rechtsnatur des Wechsels ergibt sich dann, dass die Forderung aus einem Wechsel durch den Zugriff auf das Papier zu pfänden ist. Ein Pfändungsbeschluss ist nicht notwendig. Steht – wie bei der Pfändung im Regelfall – die Zahlungsfähigkeit des Drittschuldners (Wechselverpflichteten) nicht unzweifelhaft fest, sind Forderungen aus Wechseln (und ähnlichen Papieren) Forderungen von ungewissem Wert (so § 123 Abs. 2 Satz 1 GVGA). Der Gerichtsvollzieher, der von dem Gläubiger einen Pfändungsauftrag hat, soll sie daher nur dann pfänden, wenn der Gläubiger dies ausdrücklich beantragt hat oder wenn er ausreichende sonstige Pfandstücke beim Schuldner nicht vorfindet oder die vorgefundenen zur Befriedigung des Gläubigers nicht ausreichen (§ 123 Abs. 2 Satz 2 GVGA).
Rz. 5
Die Pfändung selbst wird dadurch bewirkt, dass der Gerichtsvollzieher den Wechsel, dessen legitimierter Inhaber der Schuldner ist, bei Gewahrsam des Schuldners (auch des Gläubigers oder eines zur Herausgabe bereiten Dritten, § 809 ZPO) in Besitz, also wegnimmt (Zöller/Herget, § 831 Rn. 2). Es wird jedoch nicht die Urkunde gepfändet, sondern in erster Linie auf die Forderung zugegriffen, auch wenn dies in einer Form vollzogen wird, die sonst für die Sachpfändung vorgesehen ist.
Rz. 6
Befindet sich der Wechsel im Besitz eines nicht zur Herausgabe bereiten Dritten, ist der Herausgabeanspruch des Schuldners gegen diesen zu pfänden (§§ 846, 847 ZPO). Mit der Herausgabe des Wechsels an den Gerichtsvollzieher verwandelt sich das Pfandrecht an dem Herausgabeanspruch in ein solches an der Wechselforderung.
Rz. 7
Der Gerichtsvollzieher verwahrt den weggenommenen Wechsel (sonstige Urkunde) so lange, bis das Gericht ihn einfordert oder ihm ein Beschluss des Gerichts vorgelegt wird, mit dem die Überweisung der Forderung an den Gläubiger ausgesprochen oder eine andere Art der Verwertung der Forderung angeordnet wird (MünchKomm/ZPO-Schmid, § 831 Rn. 8). Werden gepfändete Wechsel zahlbar, bevor eine gerichtliche Entscheidung über ihre Verwertung ergangen ist, so sorgt der Gerichtsvollzieher in Vertretung des Gläubigers für die rechtzeitige Vorlegung, im Bedarfsfall auch für die Protesterhebung. Wird der Wechsel dann bezahlt, so hinterlegt er den gezahlten Betrag unter Benachrichtigung von Gläubiger und Schuldner (§ 175 Abs. 5 GVGA).
4 Pfandverwertung
Rz. 8
Die Verwertung der nach dieser Vorschrift gepfändeten Wechselforderungen hat nach den Regeln der §§ 835 ff. ZPO zu erfolgen. Durch die Art der Verwertung unterscheidet sich die Wechselforderungspfändung von der Pfändung von Wertpapieren, die vom Gerichtsvollzieher nicht nur gepfändet, sondern auch verwertet werden (§§ 808 Abs. 2, 821 ZPO). Gepfändete Wechselforderungen werden dem Gläubiger nach seiner Wahl zur Einziehung oder an Zahlungs statt zum Nennwert überwiesen (§ 835 ZPO). Ein ...