1 Grundsatz – Zweck
Rz. 1
Die Bestimmungen der §§ 846 bis 849 ZPO treffen Sonderregelungen für die Vollstreckung in Ansprüche auf Herausgabe individuell bestimmter oder die Leistung der Gattung nach bestimmter körperlicher Sachen wegen einer Geldforderung. Zweck der Vorschriften ist es, dem Gläubiger einen Zugriff auf die körperlichen Sachen, auf die der Schuldner einen Anspruch hat, zu verschaffen. Befindet sich nämlich ein Gegenstand aus dem Vermögen des Schuldners im Besitz eines Dritten, kann der Gläubiger auf diesen im Wege der Zwangsvollstreckung nur zugreifen, wenn der Dritte zur Herausgabe bereit ist (§ 809 ZPO). Hat der Schuldner einen Anspruch auf Übereignung eines Gegenstands, der noch nicht zu seinem Vermögen gehört, so kann der Gläubiger, solange der Schuldner diesen Anspruch nicht realisiert hat, nicht in den Gegenstand vollstrecken (MünchKomm/ZPO-Smid, § 846 Rn. 1). Dem Schuldner steht somit die Möglichkeit offen, dem Gläubiger Vermögenswerte dadurch vorzuenthalten, dass er seine Ansprüche gegen den Drittschuldner nicht geltend macht. Die Tatsache, dass die Herausgabeansprüche nach den §§ 829 ff. ZPO pfändbar sind, hilft dem Gläubiger nicht weiter, weil er sich aus diesen Ansprüchen – die auf Herausgabe eines Gegenstands gerichtet sind – wegen seiner Geldforderung nicht – endgültig – befriedigen kann. Dazu bedarf es des unmittelbaren Zugriffs auf die Gegenstände und ihre Verwertung. Hier setzt die Vorschrift an und bestimmt, dass – was zunächst selbstverständlich ist – die Pfändung der Herausgabeansprüche nach den §§ 829 bis 845 ZPO zu erfolgen hat und die §§ 847 bis 849 ZPO ergänzende Regelungen treffen.
2 Anwendungsbereich
Rz. 2
Die Norm erstreckt sich zum einen auf Herausgabeansprüche des Schuldners gegen einen nicht zur Herausgabe dieser Sache bereiten Dritten. Solche Herausgabeansprüche sind unmittelbare Besitzverschaffungsansprüche, wie z. B. aus §§ 985, 1007, 2018, 556, 581, 604, 645, 667, 681 BGB. Zum anderen werden aber auch Leistungsansprüche, d. h. alle gesetzlichen bzw. vertraglichen Übereignungsansprüche aus Besitz und/oder Eigentum wie z. B. Bereicherungs- bzw. Rückgewährsansprüche erfasst wie z. B. der schuldrechtliche Anspruch auf Übertragung des Eigentums (OLG München, Rpfleger 2010, 365 = NotBZ 2010, 469 = ZfIR 2010, 334 = BauR 2010, 1116). Der Anspruch auf ein Tun oder Unterlassen fällt nicht unter die Bestimmung (Zöller/Herget, § 846 Rn. 1). Da die anschließende Sachverwertung nur vorbereitet wird, muss die zu pfändende Sache ihrerseits Gegenstand der weiteren Zwangsvollstreckung wegen der Geldforderung des Gläubigers sein (Musielak/Voit/Becker, § 846 Rn. 1). Bloße Beweisurkunden ohne eigenen Vermögenswert gehören deshalb nicht hierher.
Rz. 3
Körperliche Sachen im Sinne der Vorschrift sind bewegliche Sachen (einschließlich der Wertpapiere, § 808 Abs. 2 ZPO) und unbewegliche Sachen. Herausgabe bedeutet die Verschaffung unmittelbaren Besitzes.
Rz. 4
Der zugrunde liegende Titel muss auf eine Geldforderung gerichtet sein. Lautet dagegen der Titel gegen den Schuldner schon auf Herausgabe, befindet sich die herauszugebende Sache aber im Gewahrsam eines Dritten, so erfolgt die Zwangsvollstreckung nach § 886 ZPO, nicht nach den §§ 846 ff. ZPO.
Rz. 5
Die Bezeichnung des Rechtsgrundes in allgemeinen Umrissen reicht für die Pfändung des Anspruchs auf Herausgabe körperlicher Sachen nur aus, wenn dadurch auch die herauszugebenden Sachen zweifelsfrei identifizierbar sind (LG Münster, InVo 2001, 31); anderenfalls sind auch die herauszugebenden Sachen so genau zu bezeichnen, dass ihre Identität feststeht.
Rz. 6
Die Pfändung des Anspruchs des Schuldners auf Rückgabe körperlicher Sachen ist unwirksam, wenn der Pfändungsbeschluss diese Sachen nicht konkret bezeichnet (BGH, InVo 2000, 392 = EBE/BGH 2000, 282 = WM 2000, 1861 = NJW 2000, 3218 = Rpfleger 2000, 505 = MDR 2000, 1273 = KTS 2001, 629 = WuB VI E § 846 ZPO 1.01 = BGHR ZPO § 829 Abs 1 Strafverfahren 1 = BGHR ZPO § 846 Anspruchsbezeichnung 1 = LM ZPO § 829 Nr 42 (5/2001) = KKZ 2001, 190). Die Bezeichnung im Pfändungsbeschluss "Forderung auf Herausgabe der beschlagnahmten Computerteile bzw. des Computerzubehörs" unter Angabe des staatsanwaltlichen Aktenzeichens, zu dem die Beschlagnahme stattgefunden hat, kann diesen Erfordernissen genügen (KG, 14.5.1985, 1 W 814/85 – Juris). Ebenso braucht ein Gläubiger, der Ansprüche des Schuldners auf Rückgewähr der im Rahmen von Kreditvereinbarungen zur Sicherheit übertragenen Forderungen oder beweglichen Sachen pfänden lässt, die Sicherheiten nicht näher zu bezeichnen (LG Berlin, MDR 1977, 59).
3 Kosten – Gebühren
Rz. 6a
Vgl. § 829 Rz. 226 ff.
4 Muster – Pfändungsantrag bei Pfändung des Herausgabeanspruchs
Rz. 7