2.1 Renten wegen Verletzung des Körpers oder der Gesundheit (Nr. 1)
Rz. 5
Die Regelung stellt sicher, dass Rentenansprüche dem Schuldner verbleiben, um seine Existenz zu sichern (BGH, WM 2010, 163 = NJW 2010, 374 = VersR 2010, 237 = RuS 2010, 71 = MDR 2010, 267 = ZfSch 2010, 162). Hierbei handelt es sich um wiederkehrende Geldleistungen, die bei Invalidität gezahlt werden.
Rz. 6
Die Norm erfasst nicht nur bereits fällige, sondern auch künftige Ansprüche (BGH, NJW 2010, 374 = WM 2010, 163 = MDR 2010, 267 = Versicherung und Recht kompakt 2010, 35 = VuR 2010, 238 = RuS 2010, 71; OLG Hamm ZInsO 2006, 878). Erfasst werden nur "Renten, die wg. einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten sind", z. B. aus §§ 618, 843 BGB, § 62 Abs. 3 HGB, § 8 HaftpflG, § 13 StVG, § 38 LuftVG, § 30 Abs. 2 AtomG.
Dazu gehören ebenso Unfall- und Invaliditätsrenten, die auf vertraglicher Grundlage gewährt werden (BGHZ 70, 206 = BB 1978, 427 = NJW 1978, 950 = Rpfleger 1978, 131 = EBE/BGH 1978, 114 = DB 1978, 788 = VersR 1978, 447 = RuS 1978, 117 = DRsp IV(424) 104 = MDR 1978, 839 = WM 1978, 356); dies gilt auch für die Berufsunfähigkeitszusatzrente (ThürOLG Jena, InVo 2001, 298; OLG Karlsruhe, InVo 2002, 238; AG Köln, JurBüro 2002, 326; vgl. auch Rz 8). Nicht anzuwenden ist die Regelung bei einem Unfallruhegehalt eines Beamten (OVG Saarland, NJW 2006, 2873). Dieses knüpft zwar an einen Dienstunfall an und bewirkt häufig, wenn auch nicht stets, eine Aufstockung des "normalen" Ruhegehalts (§ 36 Abs. 3 BeamtVG). Dennoch wird das Unfallruhegehalt nicht "wg. einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit" gezahlt, da es nicht dem Schadensausgleich bzw. dem Ersatz unfallbedingter Mehraufwendungen dient, sondern weil es insgesamt eine Leistung mit Alimentationscharakter darstellt.
Rz. 7
Auch eine aufgrund einer Stiftungsvereinbarung gezahlte Invalidenpension ist unpfändbar, wenn ihr Erlangen durch ein Arbeitsverhältnis bedingt ist (LG Mainz, ZVI 2003, 174). Der Anspruch auf die Rente aus einer Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) fällt gleichfalls unter die Bestimmung der Nr. 1 (LG Köln, ZInsO 2013, 1428; LG Köln, VersR 2013, 1389 = NZI 2014, 29; LG Dortmund, RuS 2012, 248; OLG Karlsruhe, InVo 2002, 238; OLG Oldenburg, VersR 1994, 846; OLG München, VersR 1997, 1520; OLG Köln, VersR 1998, 222; OLG Jena, VersR 2000, 1005; a. A. Stöber Rn. 892), auch wenn der Betrag als Rückstand in einer Summe gezahlt wird (BGH, NJW 1988, 819 = ZfSch 1988, 107 = NJW-RR 1988, 470 = BGHWarn 1987, Nr 281 = MDR 1988, 125), ebenso Ansprüche aus einer privaten Berufsunfähigkeitsrente (BGH, DGVZ 2018, 205 = Rpfleger 2018, 626 = ZVI 2018, 484 = Vollstreckung effektiv 2018, 169 = FA 2018, 306).
Der BGH hat die Regelung auch auf vertragliche Unfallrenten angewendet (BGH, VersR 1978, 447 = BB 1978, 427 = NJW 1978, 950 = Rpfleger 1978, 131 = MDR 1978, 839 = WM 1978, 356). Er hat solche Unfallrenten, die wegen einer Gesundheits- oder Körperverletzung von einem schädigenden Dritten geschuldet werden, und Unfallrenten, die aufgrund vertraglicher Vorsorge des Betroffenen von einer Versicherung zu zahlen sind, gleichgestellt. Dies gilt gleichermaßen für vertragliche Rentenansprüche wegen Berufsunfähigkeit gegen Versicherungsgesellschaften (KG, ZfSch 2004, 330).
Diese unterliegen deshalb ebenfalls dem Pfändungsschutz nach Nr. 1. Denn auch diese Rente soll die materiellen Lebensbedingungen des Versicherten, die durch die Gesundheitsbeeinträchtigung gefährdet ist, sichern.
Rz. 8
Unpfändbarkeit beimAnspruch aus einer mit einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung abgeschlossenen Lebensversicherung (OLG Frankfurt, RuS 2008, 386)gilt insbes. dann, wenn die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung nicht selbstständig abgeschlossen, sondern nur als unselbstständiger Annex zum Lebensversicherungsvertrag mit vereinbart ist. Dann unterliegen auch die Ansprüche aus der Lebensversicherung dem gesetzlichen Abtretungs- bzw. Pfändungsverbot nach §§ 850b ZPO, 400 BGB (OLG Hamm, ZInsO 2006, 878; Abgrenzung, OLG Jena, RuS 2001, 477; KG, VersR 2003, 490 und OLG München, VersR 1997, 1520). Allerdings ist diese Frage in der Rechtsprechung umstritten.
Das OLG Jena (VersR 2000, 1005) hat schon die alleinige Abtretung der Rechte aus einem Lebensversicherungsvertrag, der mit einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung verbunden ist, als unwirksam erachtet. Beide Versicherungen bildeten eine Einheit, so dass die Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung auch diejenigen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung erfasse. Da diese aber nach § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO unpfändbar und daher nicht abtretbar seien, führe dies nach § 139 BGB zur Unwirksamkeit der Abtretung auch bzgl. der Lebensversicherung.
Dagegen hat das OLG Köln (VersR 1998, 222) selbst für den Fall, dass sowohl Ansprüche aus der Lebens- wie auch aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung abgetreten werden, eine Unwirksamkeit der Abtretung von Ansprüchen aus der Lebensversicherung verneint. § 139 BGB greife nicht ein, wenn nichts dafür spreche, dass beide Abtre...